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Mehrheit für mehr KlimaschutzDoch wer soll das bezahlen?

Einer Umfrage zufolge will die Mehrheit der Deutschen eine bessere Klimapolitik. Zahlen wollen die Befragten dafür jedoch nicht.

Akzeptanz beim Klimaschutz: Wenn es um das eigene Geld geht, werden vielen Verbrauchern die Füße nass Foto: Jochen Tack/imago

Berlin rtr | Eine Mehrheit der Deutschen spricht sich für schärfere Klimaschutzmaßnahmen aus. 57,5 Prozent der Männer und Frauen über 18 Jahren sind dafür, wie aus einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervorgeht. Diese lag der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vor.

Allerdings: Bei den Maßnahmen sind die Befragten deutlich zögerlicher. Nur 29,9 Prozent stimmen zu, dass die Kosten der Erderhitzung bei Produkten, Gütern und Diensten in den Preis einfließen sollten.

„Nicht nur Verbote führen zu Widerstand“, sagte IW-Forscher Matthias Diermeier dazu. „Auch Klimapolitik über höhere Preise birgt hohe Akzeptanzrisiken.“ Hier zeigte sich eine starke Ablehnung gegenüber Zumutungen in der Bevölkerung. „Obwohl man sich vom Staat Klimaschutz wünscht, soll dieser möglichst am eigenen Geldbeutel vorbeigehen“, sagte Diermeier.

Die höchste Akzeptanz gibt es bei Flugreisen: Hier finden 61,7 Prozent höhere Preise in Ordnung. Bei Benzin und Diesel sind jedoch nur 32,5 Prozent mit Mehrkosten einverstanden. „Die größte Ablehnung erfahren Preissteigerungen bei den Heizkosten“, so das IW. Nur 18,2 Prozent sind dafür. Selbst bei Sympathisanten der Grünen gibt es demnach keine Mehrheit dafür (35,2 Prozent).

2027 tritt der europäische CO2-Handel auch für Heizen und Verkehr in Kraft. Werden bis dahin die Regeln nicht geändert, könnten Heizgaspreise um ein Drittel steigen, der Preis von Benzin um 38 Cent pro Liter.

Niedrigverdiener sollen entlastet werden

„Je höher die direkte Betroffenheit im Alltag wie beim Autofahren oder Heizen, desto geringer ist die Akzeptanz, mehr dafür zu zahlen“, fasste IW-Forscherin Adriana Neligan zusammen. Der CO2-Preis ermögliche klimafreundlicheres Konsum- und Investitionsverhalten ohne Verbote. „Deswegen ist es wichtig, dass die neue Bundesregierung dieses marktwirtschaftliche Steuerungsinstrument gezielt nutzt, aber auch transparent darüber informiert und zielgenaue Kompensationsmechanismen einführt“, sagte Neligan.

Zur Kostendämpfung werden in der politischen Diskussion derzeit ein an die Bürger ausgezahltes Klimageld – das sich aus zusätzlichen Einnahmen aus dem steigenden CO2-Preis speist – und eine Strompreissenkung gegeneinander abgewogen.

Während das Klimageld eine direkte Kompensation für höhere CO2-Preise darstellt, federn Strompreissenkungen indirekt ab. „Ein Klimageld könnte die Akzeptanz der CO2-Bepreisung steigern – in der Bevölkerung bestehen jedoch große Unklarheiten über den Mechanismus“, so das Institut.

Strompreisentlastungen würden einen zusätzlichen Klimaschutzeffekt haben, da die Elektrifizierung günstiger werde – etwa Wärmepumpen und E-Autos, erklärte das IW. Zentral für die kommende Bundesregierung werde sein, über einen CO2-Preis zu steuern und transparent zu informieren. Dabei müssten überproportionale Belastungen gerade für Niedrigverdiener möglichst zielgerichtet abgefedert werden.

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20 Kommentare

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  • Das Problem mit dem CO2-Preis für Verkehr und Heizen ist, dass die mit Abstand wichtigste Entscheidung hierbei der letzte Auto- und der letzte Heizungskauf sind. Beide Produkte können 15, 20 Jahre halten, wobei klimafreundliche Varianten erst seit 5-10 Jahren im Mainstream angekommen sind. Es werden die ersten Jahre des CO2-Preises Leute dafür quasi "bestraft", dass sie zum falschen Zeitpunkt eingekauft und ihr Eigentum sorgsam behandelt zu haben. Wobei die vollen gesellschaftlichen Kosten natürlich weit über den CO2-Preisen liegen werden. Das was an der Zapfsäule extra gezahlt wird, soll und kann eigentlich nur zur Nutzung bestehender Alternativen anreizen. Verteuerung und Verbot der Herstellung klimaschädlicher Heizungen und Autos müssen jedoch den Löwenanteil an der klimaneutralen Umstellung bewerkstelligen.

  • die infrastruktur + die öffi-preise erlauben es den leuten nicht, auf ihr liebstes zu verzichten: das auto.

    sie kaufen auch besinnungslos neue klamotten - was kost die welt. second hand? ach wo, das machen die armen...

    energie sparen? o no, es war ja nur 1 ausnahme - so eine junge mitbewohnerin von mir neulich, die aber wg. der lieben tiere vegetarisch lebt, ihre eltern wg. "gesund + schlank ist schöner" sogar seit jahren vegan; aber auch die nutzen - wie viele andere deutsche - ihr großes auto, je größer, desto besser... man lebt ja aufm land...)

    erstaunlich obendrein, wie viele grün- + links-wählende genau so wie oben geschildert leben + argumentieren.



    schizo-welt. verrückt.



    vernünftig leben wg. klimakatastrophe?



    war da was?

  • "Doch wer soll das bezahlen?"



    Es ist doch klar, wer das erwirtschaften muss: Die produktiv arbeitende Mitte.



    „Obwohl man sich vom Staat Klimaschutz wünscht, soll dieser möglichst am eigenen Geldbeutel vorbeigehen“



    Es wäre schon viel Akzeptanz zu gewinnen, wenn der Staat mit dem Geld der Leute einigermaßen sinnvoll und zielgerichtet umgehen würde.

  • Ich verstehe nicht, dass man nicht verstehen kann, dass vielen Menschen nur ein sehr begrenztes Budget zur Verfügung steht, sie aber gleichzeitig in dieser Gesellschaft bestimmten (Zwangs)Konsum nicht umgehen können. Zum Beispiel das Fahren mit dem Auto - bei uns funktioniert der Nahverkehr nicht, man muss aber pünktlich zur Arbeit, mit dem Rad ist es zu weit (etwa 100 km pro Tag). Der Job ist nicht gut bezahlt, Benzin um die 2,00 Euro/Liter von daher ein Problem. Ansonsten lasse ich im Alltag das Auto gern stehen. Ich habe ja zwei Beine. Das Heizen ... natürlich gibt es ökologische Alternativen zum Heizen mit Holz - wir heizen auch nur ein Zimmer im Winter richtig - doch die kann sich nicht jeder leisten. Man kann dann nur für sich eine Bilanz aufstellen - keine Fernreisen, eben möglichst wenig Autofahren, viele Sachen anpflanzen, Klamotten flicken (also nicht die für die Arbeit) - ich glaube, es wäre gut, einen nachhaltigen Lebensstil zu fördern und die Infrastruktur so auszubauen, dass man mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommt oder es eine regional lokale Heizlösung gibt, an der sich ein ganzes Dorf beteiligt.

  • Jetzt ist es "nur" sehr teuer.



    Einfach noch ein wenig warten, dann wirds tatsächlich unbezahlbar.

    • @Erfahrungssammler:

      Das genau ist die richtige Feststellung. Es fehlt aber dringend, dass der Staat, hier die Parteien (ALLE!!) diese Erkenntnis vermitteln. Doch da findet sich ausschließlich Drückebergerei, außer -mit Einschränkungen- bei den GRÜNEN, die daher rührt, dass man nur an die eigenen Machtvorteile denkt und nicht an das Klima = Gemeinwohl.

      • @Perkele:

        Diese Erkenntnis haben sie alle. Die lässt sich gar nicht verhindern, sofern man bis 3 zählen kann.



        Sie wird allerdings durch Gier und die damit untrennbar verbundenen Charaktereigenschaften total verdrängt, und diesbezüglich ist man sich mit der Mehrheit einig.

  • Die Umfrage spiegelt, auf erschreckende Weise, den vorherrschenden Egoismus wider.



    Die schlechten Zahlen für Grüne sind ja auch seit Jahren hier in der taz nachzulesen.



    Diejenigen, die " einfach mal was für Klima und Umweltschutz" tun wollen, sind gering.



    Eine Mehrheit fordert stets Maßnahmen von der Politik.



    Eigene Einschränkung: Fehlanzeige!



    Insbesondere beim Thema Fliegen gab es hier ja schon heiße Debatten, Fazit: "DIE sollen mal machen, ich flieg dann mal weg".



    Auch wenn einzelne PolitikerInnen bereits darauf hingewiesen haben, den Gürtel enger schnallen will offenbar Niemand.



    Laut jüngsten Nachrichten über den Konsum von Kleidung stieg dieser in der EU in den letzten 10 Jahren um 55 Prozent.



    Ähnliches gilt für Getränkedosen. Da stieg der Konsum in Deutschland im vergangenen Jahr um 50 Prozent.



    Das Dosenpfand war für meine Generation das Ende eines Abwenden von Getränkedosen, die mit hohem CO2 und Wasserverbrauch einhergehen.



    Davon ist heutzutage nichts mehr zu spüren.



    Eigenverantwortung scheint ein Fremdwort geworden zu sein.



    Die jetzigen Zahlen stehen aber im deutlichen Widerspruch zu der Argumentation "man könne nichts machen".



    WENIGER kaufen wäre mehr!

    • @Philippo1000:

      genau meine beobachtungen.



      ich, ich, ich - dann kommt lange nix, dann meine katze (gibts mehr davon als kinder...) + mein hund.



      frau liest nix über den fleischverbrauch der tierliebenden haustier-besitzenden.

    • @Philippo1000:

      Meine Wahrnehmung geht dahin, dass Opas und Omas, je mehr Enkel sie haben, sich umso mehr bemühen, denen möglichst viel Dreck zu hinterlassen.



      Ausnahmen sind die, die von den Wohlstandsverwahrlosten als "Öko-Siewissenschon" diffamiert werden.

  • Der Stopp der falschen Bezuschussung von Auto- und Flugindustrie _bringt ja sogar Geld und wäre überfällig.



    Ferner ist Klimaschutz Investition, und wir wollen doch Investitionen in die kommenden Jahre, oder?

  • Ich hoffe die neue Regierung hat einen echten Plan wenn ab 2027 dann der deutlich höhere CO2 Preis für Sprit und Heizen kommt. Vom Datum her sind wir da ja etwa bei einem realistischen Termin für Neuwahlen.

    • @Šarru-kīnu:

      Es ist gut, dass der kommt. Es ist ebenso gut, dass so viele wie möglich das wissen und sich bloß nicht mehr einen Spritfresser oder eine Fossilheizung besorgen.



      CO2 muss einen angemessenen Preis haben.

    • @Šarru-kīnu:

      Woher nehmen Sie die Hoffnung? Die CDU ist nicht gerade dafür bekannt, auf das untere Ende der Einkommensskala zu schauen ... Und die Mitte hat man ja gerade mit Grünenfeindlichkeit und Verbrenner-Aus-Aus-Plänen angefüttert. Da wäre ich überrascht, wenn man irgendeinen Plan zum Thema Klimaschutz hätte.

  • Solange Verbrenner-Autos abgeschafft werden sollen, bei Verbrenner-Flugzeugen so etwas jedoch nicht im Ansatz erkennbar ist, braucht man über die soziale Verteilung und die Popularität von Klimaschutzmaßnahmen nicht viel mehr zu sagen.

  • Ich denke nicht, dass die Ergebnisse der Umfrage zur Finanzierung von Klimaschutz, "nicht dafür zahlen", die tatsächliche Einstellung zur Sache zeigen, sondern die miese neoliberale Steuer- und Sozialpolitik, die zu Lasten der etwa 90% der finanziell unteren Schichten der Bevölkerung vollzogen und mit welcher die Bevölkerung wie bei Trump gegeneinander ausgespielt wird, offenbart.

    • @Gerhard Krause:

      Genau, wer finanziellen Spielraum durch ein angemessenes Einkommen und eine abgesicherte Zukunft hat, kann davon leichter etwas zugunsten von Klimaschutz abgeben, als der, der finanziell an den Rand gedrängt ist.

  • Wenn die anderen an allem Schuld sind, dann können die das auch bezahlen.

  • Es ist kein Hexenwerk, auf elektrisch umzustellen. Da schon diese wirklich kinderleichte Maßnahme zu viel ist, dürfen die Versicherungsschäden bezahlt werden.

  • Ist doch einfach. die reichsten 5 % in unserem Land. Schließlich kann man so viel Geld mit ehrlicher Arbeit nicht verdienen und nachweislich verursacht dieses Klientel die höchste Belastung.