Mehrheit für mehr Klimaschutz: Doch wer soll das bezahlen?
Einer Umfrage zufolge will die Mehrheit der Deutschen eine bessere Klimapolitik. Zahlen wollen die Befragten dafür jedoch nicht.

Allerdings: Bei den Maßnahmen sind die Befragten deutlich zögerlicher. Nur 29,9 Prozent stimmen zu, dass die Kosten der Erderhitzung bei Produkten, Gütern und Diensten in den Preis einfließen sollten.
„Nicht nur Verbote führen zu Widerstand“, sagte IW-Forscher Matthias Diermeier dazu. „Auch Klimapolitik über höhere Preise birgt hohe Akzeptanzrisiken.“ Hier zeigte sich eine starke Ablehnung gegenüber Zumutungen in der Bevölkerung. „Obwohl man sich vom Staat Klimaschutz wünscht, soll dieser möglichst am eigenen Geldbeutel vorbeigehen“, sagte Diermeier.
Die höchste Akzeptanz gibt es bei Flugreisen: Hier finden 61,7 Prozent höhere Preise in Ordnung. Bei Benzin und Diesel sind jedoch nur 32,5 Prozent mit Mehrkosten einverstanden. „Die größte Ablehnung erfahren Preissteigerungen bei den Heizkosten“, so das IW. Nur 18,2 Prozent sind dafür. Selbst bei Sympathisanten der Grünen gibt es demnach keine Mehrheit dafür (35,2 Prozent).
2027 tritt der europäische CO2-Handel auch für Heizen und Verkehr in Kraft. Werden bis dahin die Regeln nicht geändert, könnten Heizgaspreise um ein Drittel steigen, der Preis von Benzin um 38 Cent pro Liter.
Niedrigverdiener sollen entlastet werden
„Je höher die direkte Betroffenheit im Alltag wie beim Autofahren oder Heizen, desto geringer ist die Akzeptanz, mehr dafür zu zahlen“, fasste IW-Forscherin Adriana Neligan zusammen. Der CO2-Preis ermögliche klimafreundlicheres Konsum- und Investitionsverhalten ohne Verbote. „Deswegen ist es wichtig, dass die neue Bundesregierung dieses marktwirtschaftliche Steuerungsinstrument gezielt nutzt, aber auch transparent darüber informiert und zielgenaue Kompensationsmechanismen einführt“, sagte Neligan.
Zur Kostendämpfung werden in der politischen Diskussion derzeit ein an die Bürger ausgezahltes Klimageld – das sich aus zusätzlichen Einnahmen aus dem steigenden CO2-Preis speist – und eine Strompreissenkung gegeneinander abgewogen.
Während das Klimageld eine direkte Kompensation für höhere CO2-Preise darstellt, federn Strompreissenkungen indirekt ab. „Ein Klimageld könnte die Akzeptanz der CO2-Bepreisung steigern – in der Bevölkerung bestehen jedoch große Unklarheiten über den Mechanismus“, so das Institut.
Strompreisentlastungen würden einen zusätzlichen Klimaschutzeffekt haben, da die Elektrifizierung günstiger werde – etwa Wärmepumpen und E-Autos, erklärte das IW. Zentral für die kommende Bundesregierung werde sein, über einen CO2-Preis zu steuern und transparent zu informieren. Dabei müssten überproportionale Belastungen gerade für Niedrigverdiener möglichst zielgerichtet abgefedert werden.
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