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Medienfreiheit in AfghanistanTaliban verbieten Serien mit Frauen

TV-Sender in Afghanistan dürfen keine Filme oder Serien mehr zeigen, in denen Frauen eine Rolle spielen. Das hat die Taliban-Regierung entschieden.

Asita Ferdous, Direktorin des Ariana-Kinos in Kabul, darf ihr eigenes Kino nicht mehr betreten Foto: Bram Janssen/ap

Kabul/Berlin dpa/taz | In Afghanistan haben die regierenden militant-islamistischen Taliban weitreichende Einschränkungen für Fernsehinhalte verhängt. TV-Sender dürften keine Filme oder Serien mehr zeigen, in denen Frauen eine Rolle spielten oder die der islamischen Scharia oder afghanischen Werten widersprächen, heißt es in einer Anweisung des Ministeriums für die Förderung der Tugend und Verhütung des Lasters, die am Sonntag an Fernsehsender ausgegeben wurde. Der Sprecher des Ministeriums, Mohammed Sadik Asif, bestätigte am Montag die Direktive.

Die Ausstrahlung heimischer oder ausländischer Filme, die fremde Kulturen und Traditionen in der afghanischen Gesellschaft verbreiteten und Sittenlosigkeit verursachten, müssten gestoppt werden, heißt es in der Anweisung. In Unterhaltungsprogrammen solle zudem niemand beleidigt werden. Weiter erlaubt ist der Auftritt von Moderatorinnen oder Reporterinnen, allerdings müssten diese den islamischen Hidschab tragen.

Seit dem Rückzug der NATO Ende Juli und der zeitgleichen Machtübernahme der Taliban haben die Islamisten die Medienlandschaft in Afghanistan bereits stark eingeschränkt. Jour­na­lis­t:in­nen sprechen von persönlicher Bedrohung durch die Taliban. Viele verließen die Hauptstadt Kabul oder gingen ins Exil. Der taz gegenüber berichtete der Investigativjournalist und Aktivist Samidullah Mahdi, dass Reporter in verschiedenen Teilen des Landes weiter recherchierten und ihre Artikel anonym in Onlinemedien veröffentlichten. Zugleich sei es schwer, Auskünfte von den Taliban zu bekommen, weil diese kein Interesse hätten, mit unabhängigen Medien zu sprechen.

Bei den Serien, die in Afghanistan beliebt sind und die nun wohl verboten werden, handelt es sich vor allem um türkische, indische und iranische Seifenopern, seltener wurden US-Serien oder -Filme gezeigt. Bereits zuvor gab es von Konservativen oder Klerikern in dem Land immer wieder Kritik an diesen Programmen, in denen etwa Frauen ihre Ehepartner selbst wählten. Die Serien verführten die Jugend, hieß es. Auch Satireprogramme sind in Afghanistan sehr beliebt. Wöchentliche Sendungen etwa verunglimpften die ehemalige Regierung von Aschraf Ghani, korrupte Beamte oder das Militär.

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28 Kommentare

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  • Es ist einfach nur noch traurig!!

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Für Taliban zu empfehlen: "Der bewegte Mann". Die Frauenszene kann man gut rausschneiden.

  • "Taliban verbieten Serien mit Frauen"

    Ich würde ja gerne schreiben "Willkommen im Mittelalter", aber im Mittelalter war der Islam sehr fortschrittlich. Dass es im 21. Jahrhundert immer noch Länder gibt, in denen Männer den Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden und zu benehmen haben, ist allerdings sehr erschreckend.

  • Hat mal jemand darüber nachgedacht, dass die Taliban nie diese Macht hätten, wenn das afghanische "Volk", dass es so ja eigentlich nicht gibt und das über Jahrzehnte mir Milliarden und Abermilliarden gepampert wurde, eine eigene klare Haltung zeigen würde. Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient. Also halt kein Fernsehen mit Frauen mehr. Ich finde das konsequent und völlig ok.

    • @rolf -berlin:

      Ja, da hat schon mal jemand drüber nachgedacht, und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein solcher Gedanke völliger Blödsinn ist.



      Und zwar schon deswegen, weil es die Unterdrückung durch die Taliban nicht gäbe, wenn es die Unterdrückung durch die Taliban nicht gäbe. An der Unterdrückung durch die Taliban ist also die Unterdrückung durch die Taliban schuld und nicht irgendwer anders.

    • @rolf -berlin:

      Wie würden sie den als afghanischer Bürger konkret eine "klare Haltung" zeigen wenn ihnen die inzwischen mit erbeutetem Militärgerät hochgerüsteten Taliban bei ihnen an der Haustür stehen um sie mit vorgehaltener Waffe abzuholen?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Und wieder eine Posse, die eine absurde Religion bzw. deren Interpretation den Menschen präsentiert.



    Was sagen die anderen Mio Moslems in der Welt dazu? Keine Meinung?

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Woher kommt die Unterstellung, dass die Moslems dieser Welt keine Bergung dazu hätten oder gar die Erwartung, dass diese Verantwortung für die Entscheidung der Taliban trügen?



      Eine radikal islamistische Regierung fällt eine diktatorische Entscheidung. Da muss trägt kein Moslem dafür Verantwortung!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Sehr geehrter M. Nice,

      was sollten die "Mio Moslems in der Welt" denn Ihrer Meinung nach tun? Bei nüchterner Betrachtung geht es um eine Programmrichtlinie für das dortige TV. Die kann man blöde finden; ich finde sie sogar sehr blöde, zumal ich gerne Filme mit Frauen schaue. Und auch mit schnellen Autos.

      Stellen Sie sich vor, die "Mio Moslems in der Welt" würden alle bei Ihnen anrufen oder bei der TAZ. Nur um zu sagen, dass sie meinen, Filme mit Frauen sollten überall zu sehen sein. Das wäre doch komisch.

      Komisch wäre doch auch die Aufforderung an Mio Christen in der Welt, etwas gegen idiotische Entscheidungen in irgend einem christlich geprägten Land zu tun.

      Oder?

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Crawler:

        Ich gebe zu, das war etwas zu pauschal formuliert.



        Andererseits habe ich noch tatsächlich keine lauten Stimmen aus der muslimischen Welt gehört, die sich gegen dieses Taliban-Regime stellt - eine Sache der westlichen Medien oder diktatorische Gottesstaaten?

  • Das war zu erwarten und ist sicherlich erst der Anfang. Das Land hat keine Zukunft, ich hoffe, wer raus will schafft es irgendwie, aber leider wird die EU keine/n reinlassen.

    • RS
      Ria Sauter
      @hessebub:

      Wieso soll sie keinen reinlassen?



      Das ist ein absoluter Asylgrund, ein wirklicher!

      • @Ria Sauter:

        Verehrte Frau Flieder,

        Grundlage für die Anerkennung des Asyls nach Art. 16a GG und § 3 Abs. 1AsylG ist die Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention. "Absolute" Asylgründe gibt es nicht; auch keine "relativen".

        Unmut über ein beknacktes TV-Programm gehört jedenfalls nicht dazu. Ich stelle mir TV ohne Frauen langweilig vor. Unser TV ist aus anderen Gründen auch fragwürdig. Einen Anspruch auf Asyl in einem anderen Land lässt sich daraus aber kaum ableiten.

  • Das es sowas im 21 Jh immer noch gibt. Unglaublich und absolut unmenschlich. Wir schauen dabei zu.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @AlexMasterP:

      Was hat das 21 Jahrhundert damit zu tun? Glauben Sie ernsthaft, dass die Menschen klüger oder vernünftiger geworden sind?



      Tausende Corona-Tote und in Deutschland gibt es immer noch Spiritisten, Esoteriker und andere Spinner, die sich nicht impfen lassen wollen und ihre Nachbarn tödlich gefährden!



      Es liegt also viel näher sich über diese Trottel aufzuregen - also weltweit - als über Afghanistan.

  • "Ministeriums für die Förderung der Tugend und Verhütung des Lasters"

    Hätte sich Orwell nicht schöner ausdenken können.

    Wäre vielleicht auch was für eine Superministerium in D. #MFTVL

    • @fly:

      Das fiel mir auch als erstes dazu ein. Und der Tugendterrorist Robespierre.

  • Während wir in Deutschland langwierig diskutieren, ob Moderatorinnen oder Reporterinnen Hidschab tragen DÜRFEN, schaffen die Taliban:innen einfach mal Fakten: Sie MÜSSEN. Ohne Demokratie sind die Entscheidungswege einfach kürzer, das muss man ohne Neid anerkennen...

  • Nur folgerichtig gemäß der Taliban- oder IS-Ideologie.

    Da werden noch weit schlimmere Dinge gegenüber Frauen folgen.

    Macht und die Unterdrückung der Frau sind schließlich die Hauptziele der Taliban.

    Wenn westliche Ideen wie Menschenrechte oder Gleichberechtigung der Frau aus dem Leben der Afghanen verschwunden ist, dann ist die Welt wieder in Ordnung.

  • RS
    Ria Sauter

    Holt die Frauen da raus!

  • RS
    Ria Sauter

    Wenn noch irgendeiner, vor allen Dingen irgendeine, Religionen verteidigt, würde ich mir für sie mal einen Aufenthalt unter solchen religiösen Führern wünschen.



    Wir hier lieben ja die Religionsfreiheit. Ich könnte speien!

    • @Ria Sauter:

      Und statt wir hier bei uns die Trennung von Religion und Kirchen mal wirklich vorantreiben, lassen wir die Debatten von kirchlichen Positionen beeinflussen (Abtreibung, Sterbehilfe) oder gar die Ergebnisse in die Gesetzbücher diktieren (Jungenbeschneidung) - Rolltreppe abwärts. Als wäre es die Behauptung, der Schöpfer will es so, ein Qualitätsmerkmal.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Frauenquote auf talibanisch

  • Um es mit den Fanta4 zu sagen:

    Echt beschissen denn ich möchte mal wissen



    Welcher Film auf dieser Welt einen Oskar erhält



    In dem die weibliche Hauptrolle fehlt

    • @Strolch:

      Na ja, ein Oskar ist eh westliches Teufelswerk und eine Erfindung des "großen Satans".

      Populär sind dagegen Steinigungs-, Enthauptungs- und Foltervideos.

      Hauptdarsteller? Klar.

      Opfer? Klar.

      Eine Gemeinschaftsproduktion von Taliban, IS, Boko Haram & Friends.

  • Das die Weltbevölkerung bzw politik das im 21 Jh immer noch tatenlos zulässt, ist eine Schande.

    • @AlexMasterP:

      Liebe/r/e Alexmasterp,

      Ihre Aufregung in allen Ehren. Aber was sollte die "Weltbevölkerung" oder "-politik" nach Ihrer Auffassung tun? Sollen wir jetzt einmarschieren? England, Russland und die USA haben sich dort schon arg die Finger verbrannt. Im Grunde geht es doch nur um eine Vorgabe zum Programm der örtlichen Sender. Ich finde, tatenlos zusehen ist besser als eine Invasion. Jede Kultur hat ihre Eigenarten. In manchen Ländern dürfen küssende Männer nicht gezeigt werden. Aber deshalb mit Tatendrang einrücken? Um Ihren Vorwurf der "Tatenlosigkeit" zu entkräften?

      • @Crawler:

        Es geht ja hierbei nicht nur um das TV-Programm, sondern dieses ist nur eine Manifestation der dahinter stehenden Geisteshaltung die noch deutlich schlimmere Auswirkungen hat (z.B. Ehemann nicht frei aussuchen, klingt für mich wie ein Lebens als Sklavin mit andauernder Vergewaltigung). Aber letztlich bin ich schon bei Ihnen, es gibt kaum etwas, was man tun kann. Selbst mit Sanktionen trifft man kaum die Richtigen.