McDonald's-Rückzug aus Russland: Moskau ohne goldenes M
Nach dem Rückzug von McDonald's aus Russland öffnen einstige Filialen unter dem Namen „Lecker und Punkt“. Was sagen die Kund:innen dazu?
1990 hatte die US-Fastfoodkette ihre erste Filiale in Russland eröffnet. Knapp 5.000 Menschen hatten damals am Puschkinplatz mitten in Moskau angestanden, um ihren ersten BigMac zu probieren und sich so ihrer sozialistischen Geschmackssinne zu entledigen. Nun sitzen am Puschkinplatz ein paar Dutzend vor allem jüngere Menschen in der Sonne. „Die Bezeichnung ändert sich, die Liebe bleibt“ steht auf einem Schild über ihnen. Die Mitarbeiter*innen laufen in hellen Hemden und Blusen mit bunten Punkten und verteilen Luftballons. Einen BigMac gibt es hier nicht mehr, dafür aber ein „Kombo mit Grand“ (Pommes, Hamburger, ein Getränk). Die Verpackung ist weiß. Es wirkt, als spiele hier jemand Restaurant. „Es wird nicht schlechter werden, ich würde sagen, dass es vielleicht sogar besser wird“, sagt der neue Chef vor der Presse.
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, die in Russland nur „militärische Spezialoperation“ genannt werden darf, hatte McDonald’s seine Arbeit zunächst eingestellt und sein Russlandgeschäft schließlich ganz aufgegeben. Der 61-jährige Gowor, ein einstiger Schachtarbeiter im Kohlebergbau, übernahm alle 825 russischen McDonald’s-Filialen im Land.
1.100 ausländische Unternehmen meldeten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ihren Rückzug an. Nur ein Drittel von ihnen ist wirklich weg. Obi läuft unter russischem Management weiter, das französische „L’occitane“ verkauft seine Kosmetikprodukte nun unter dem russischen Namen „L’oksitan“. Und der Ex-McDonald’s hat nun seine ersten russischen zwölf „Wkusno i Totschka“-Läden in Moskau. Der neue Inhaber spricht sogleich von Änderungen: Die Preise würden steigen, einige Produkte ersetzt werden müssen, vielleicht sogar typisches russisches Essen auf dem Menü stehen – „wir werden uns nach den Kundenwünschen richten“.
So mancher Kunde ist skeptisch. „Eine lange Zukunft gebe ich ihnen nicht“, sagt Dmitri in der Filiale an der Dorogomilowskaja-Straße. „Sie sind gesichtslos geworden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe