Maßnahmen gegen Epidemie: Dutzende Schulen geschlossen
Sollten Schulen deutschlandweit präventiv geschlossen werden? Gesundheitsminister Spahn lehnt das bisher ab, ein Virologe kritisiert ihn.
Die Berliner Schule ist kein Einzelfall: Der Deutsche Lehrerverband schätzt, dass derzeit etwa 150 Schulen in ganz Deutschland aufgrund des Coronavirus geschlossen sind, davon 86 Schulen im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen und 13 Schulen in München.
Andere Länder greifen zu drastischeren Maßnahmen: Per Dekret wurden in Italien vergangene Woche sämtliche Schulen, Kindergärten und Universitäten bis Mitte März geschlossen. Angesichts der rasant steigenden Anzahl an Coronainfizierten wird auch in Deutschland über die flächendeckende Schulschließung diskutiert. Bereits Anfang letzter Woche hatte der Virologe Alexander Kekulé 14-tägige „Coronaferien“ gefordert.
Laut Gesundheitsminister Jens Spahn wird es in Deutschland jedoch keine flächendeckende Schulschließung geben. Der CDU-Politiker hält eine so weitreichende Maßnahme für „nicht angemessen“, da viele Eltern im Falle einer Schulschließung nicht zur Arbeit gehen könnten, da sie ihre Kinder betreuen müssten.
Gefährdung von Kindern?
Die Entscheidung des Gesundheitsministers sei „überhaupt nicht nachvollziehbar“, kritisierte Kekulé. Insbesondere zu Beginn der Epidemie hätten weitreichende Maßnahmen die exponentielle Verbreitung des Virus eindämmen können. Die Schulen zu schließen, sei zum jetzigen Zeitpunkt „immer noch sinnvoll, aber weniger effektiv“, erklärte Kekulé der taz.
Auch das Argument der Kinderbetreuung teilt der Virologe nicht: Eltern ohne Betreuungsmöglichkeiten machten ohnehin nur eine kleine Gruppe der Beschäftigten aus. Problematisch wäre der Schulausfall laut Kekulé nur für Alleinerziehende ohne Verwandte, die noch dazu in sogenannten kritischen Infrastrukturen, beispielsweise Krankenhäusern, arbeiteten.
Der Direktor am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Halle erklärte, dass an seiner Einrichtung nur drei von sechzig Beschäftigten diese Kriterien erfüllten.
Welche Rolle Kinder und Jugendliche bei der Übertragung von Sars-CoV-2 spielen und ob sie generell weniger anfällig für das Coronavirus sind, ist mit den bisherigen Daten nicht zu bestimmen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO scheint die Erkrankung bei Kindern vergleichsweise selten aufzutreten und dann mild zu verlaufen.
Keine Zwangsferien
Wie handhaben die Schulen derzeit den Umgang mit dem Coronavirus? Laut der Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) werden auf der Ebene der Bundesländer in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden Einzelmaßnahmen getroffen. Darunter fallen der Ausschluss einzelner Schüler*innen vom Unterricht, ein Beschäftigungsverbot – und die temporäre Schließung von Schulen.
So hat beispielsweise das Bayerische Gesundheitsministerium vergangene Woche eine Coronavirus-Allgemeinverfügung erlassen. Diese sieht unter anderem vor, dass Schüler*innen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet aufgehalten haben, für einen Zeitraum von 14 Tagen nach der Rückkehr keine Schule betreten dürfen. Die bundesweite Schließung der Schulen oder Zwangsferien stünden derzeit nicht zur Debatte, teilte KMK-Präsidentin Hubig der taz mit.
Weitere Schulen reagieren präventiv mit der Absage von Veranstaltungen auf die Ausbreitung des Virus. Tage der offenen Tür, Abschlussbälle und Konzerte würden „massenweise abgesagt“, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, der taz.
Auch der Lehrerverband hält Coronaferien zum jetzigen Zeitpunkt für nicht erforderlich. Die Situation in Italien sei nicht mit der Deutschlands zu vergleichen, so Meidinger. Ob eine generelle Schulschließung in Zukunft nötig sein wird, darauf möchte Meidinger sich nicht festlegen. Für ihn steht fest: „Diese Karte kann man nicht beliebig oft ziehen.“
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