Machtkampf zwischen Laschet und Söder: Die Unterwerfung der CDU

Wenn sich Söder durchsetzt, könnte das der Anfang vom Ende der Union sein. Als „Kanzlerwahlverein“, aber auch als Volkspartei mit Prinzipien.

Markus Söder lächelt vor München-Kulisse

Mit allen populistischen Mitteln gewaschen: CSU-Politiker Markus Söder Foto: reuters

Es sieht so aus, als müsste Markus Söder nur hart bleiben, dann schlägt sich die CDU Stück für Stück auf seine Seite. Am Sonntagabend hat eine Mehrheit in der Jungen Union für den CSU-Chef als Kanzlerkandidaten votiert, auch in einer Schalte der Kreisvorsitzenden in Niedersachsen soll es eine Mehrheit für den Franken gegeben haben. Zwei CDU-Ministerpräsidenten, wenn auch nicht besonders mächtige, sind bereits von ihrem eigenen Parteichef abgerückt. Eine Kampfabstimmung in der Bundestagsfraktion, die seine Unterstützer vorbereiten, könnte dann am Dienstag zum finalen Schlag werden.

Ob dies nach einem gewieften Plan der CSU abläuft, weiß man nicht. Klar aber ist: Der Masterplan eines Populisten-Ratgebers hätte so ähnlich ausgesehen. Der Kern: Die zuständigen und eigentlich mächtigen CDU-Gremien, die man nicht auf der eigenen Seite hat, delegitimieren. Denn genau das hat Söder getan mit seiner Äußerung, es handele sich bei den demokratisch gewählten Gremien um Hinterzimmer, also unzulässige Kungelrunden. Und dann auf den Willen von Parteibasis und Bevölkerung (andere würden sagen: Volk) verweisen. Und zusehen, wie die Front von Armin Laschet bröckelt.

Natürlich ist legitim, dass Söder gegen Laschet antritt. Auch ist es zulässig, dass sich CDU-Abgeordnete, Kreisvorsitzende und Nach­wuchs­po­lit­ke­r:in­nen gegen ihren Parteichef stellen, wenn sie glauben, Söder sei der bessere Kandidat. Dass dabei alle nun aber allein auf die Umfragen blicken, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sogar sagt, es gehe nur um Beliebtheitswerte, Vertrauen und Charaktereigenschaften spielten keine Rolle, ist besorgniserregend. Hat nicht gerade Trump in den USA gezeigt, wie wichtig es ist, ob ein Politiker, der in ein hohes Staatsamt drängt, die nötigen Charaktereigenschaften hat?

Natürlich ist Söder nicht Trump. Aber in seinem Vorgehen, wie auch in seiner grundsätzlichen Art, Politik zu machen, findet sich ein Muster, das zu einem gefährlichen Ende führen kann: das eines Populisten. Denn die Erfahrung lehrt ja: Wenn sich die gesellschaftliche Stimmung ändert, passt Söder seine Meinung an. Wenn ihm Ressentiments nützen, schürt Söder sie. Er spaltet und verunglimpft, wenn es ihm machtpolitisch hilfreich erscheint. Im Zweifelsfall geht es ihm immer um eines: um ihn. Das letzte aber, was dieses Land jetzt braucht, ist ein Kanzlerkandidat, der es weiter spaltet.

Tiefe Sinnkrise

Während die CSU klar Kurs hält, stolpert die große Schwesterpartei von einem Tag zum anderen. Dass sich Laschet nach seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden nicht mit Söder und der CSU auf ein klares Prozedere für die Suche nach dem gemeinsamen Vorsitzenden geeinigt hat, war ein Versäumnis, das sich nun bitter rächt. Dass man anscheinend wirklich glaubte, Söder würde das Votum der CDU-Führungsgremien akzeptieren und sich wieder zurückziehen, war das nächste.

Dabei geht es für die CDU um weit mehr als darum, ob der nächste Kanzlerkandidat aus ihren eigenen Reihen kommt. Söder ist gerade dabei, sich die CDU zu unterwerfen. Sollte er sich durchsetzen, werden ja nicht nur der CDU-Chef quasi einen Kopf kürzer gemacht und die Parteigremien desavouiert. Die CDU, die in einer tiefen Sinnkrise steckt, wird dessen beraubt, was sie immer noch als ihre Kernaufgabe versteht: die Kanzlerin zu stellen oder eben den Kanzler. Die Bestimmung, „Kanzlerwahlverein“ zu sein, wie es in der Vergangenheit oft abfällig hieß, die wäre sie los.

Das Debakel um die Kanzlerkandidatur könnte so das Ende der CDU als Volkspartei im klassischen Sinne besiegeln. Genau das dürfte der Grund sein, warum sich Altvordere wie Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier so vehement gegen Söder wehren.

Man kann diese Entwicklung mit Blick auf andere europäische Länder als den Gang der Dinge ansehen und sich darüber freuen, dass verkrustete Parteistrukturen endlich abgeräumt werden. Doch man muss nur ins Nachbarland Österreich schauen, um zu sehen, dass dies eine gefährliche Entwicklung nehmen kann: Dort hat Sebastian Kurz, den die CSU sehr schätzt, seine Partei ganz auf sich ausgerichtet. Er regiert mal mit den Grünen, aber wenn es passt eben auch mit der radikal rechten FPÖ und taumelt von Skandal zu Skandal. Um dies als mögliche Entwicklung für die CDU bedenklich zu finden, muss man keine Anhängerin der Partei sein. Sondern nur eine konservative Partei mit Prinzipien als Brandmauer gegen rechts als wichtig für die Demokratie erachten.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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