Machtkampf beim HSV: Hamburger Lösung

Vorstandschef Bernd Hoffmann muss gehen. Es gibt beim Zweitligisten kein Entkommen aus dem Würgegriff des Großinvestors Kühne.

Ein alter weißer Mann macht eine genervte Pose und wedelt mit der Hand.

So sieht beim HSV ein Verjüngungsprozess aus: Unternehmer Kühne, 82, hat den Klub in der Hand Foto: dpa

Am Ende ging alles ganz schnell und Bernd Hoffmann war nicht mehr Vorstandsboss beim Hamburger SV. Ebenso wenig überraschend wie der Rausschmiss des streitbaren Funktionärs waren seine Nachfolger, die deutlich jüngeren Vorstände Jonas Boldt und Frank Wettstein. Hoffmanns Ablösung hatte sich in den letzten Tagen abgezeichnet.

Das unerquickliche Gerangel mit Boldt und Wettstein um Kompetenzen und Einfluss war zum Schluss fast ausschließlich öffentlich ausgetragen worden. Höhepunkt der Eskalation war schließlich die kaltschnäuzige Einbestellung der beiden Widersacher durch Hoffmann zum Rapport, die routiniert an die örtlichen Medien durchgestochen worden war. „So etwas sollte man eigentlich im stillen Kreis machen und ohne Öffentlichkeit“, hatte Ex-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen stellvertretend für viele den Stil bemängelt.

Boldt, der umtriebige und eher rustikale Sportvorstand, und Wettstein, der auf rätselhafte Weise unkaputtbare Finanzvorstand, gelten nun als die großen Sieger. Und angesichts der Tatsache, dass Marcell Jansen, ursprünglich nur Präsident des Stammvereins, vom normalen Aufsichtsrat zum Chef des Kontrollgremiums aufsteigt, könnte fast der Eindruck entstehen, hier habe eine junge Garde den Klub übernommen. Doch der wahre Sieger dieses Clashs ist 82 Jahre alt.

Am Ende nämlich war das, was die Öffentlichkeit angesichts der massiven Probleme des Profifußballs durch die Coronaepidemie als zunehmend unwürdiges Schauspiel empfand, nur der sichtbare Teil einer Verschiebung im Machtgefüge des HSV. Mit der Ablösung Hoffmanns schwindet auch die letzte Hoffnung, dass sich der Club in den nächsten Jahren aus der lähmenden Abhängigkeit von Klaus-Michael Kühne befreien könnte.

Seit vielen Jahren hält der ebenso selbstbewusste wie sture Milliardär den Klub im Würgegriff. Und sosehr er durch seine Finanzspritzen auch Transfers ermöglicht und Haushaltslöcher gestopft haben mag, so sehr leidet der HSV unter der Schattenregierung, die nahezu jede wichtige Entscheidung unter den Zustimmungsvorbehalt des Investors stellt – was dazu führt, dass zwangsläufig die Autorität jedes Vorstands geschwächt wird und der HSV in den letzten Jahren ohne jede schlüssige Agenda durch den Profifußball schlingerte.

Fehlendes Gespür

Jetzt steht also wieder ein Strategiewechsel an. Bernd Hoffmanns großes Projekt war es gewesen, den Einfluss Kühnes zu begrenzen und den HSV wieder handlungsfähig zu machen. Ein ehrgeiziges Projekt, das allerdings durch Hoffmanns Ungeschicklichkeiten und fehlendes Gespür für die Mechanismen der Macht geschwächt wurde.

Als Kühne angesichts des schwindenden Einflusses mit der Einstellung seiner finanziellen Unterstützung drohte, stand Hoffmann plötzlich nackt da. Er hatte niemanden organisiert, der für Kühne hätte in die Bresche springen können – und dies in Zeiten einer epochalen Krise, in der den Profiklubs ein Drittel der Einnahmen wegzubrechen droht.

Nun also wird Kühne durchregieren können, gestützt durch frisches Geld aus dem Privattresor und exekutiert durch Marcell Jansen, für den der Milliardär schon des Öfteren geworben hatte. Ein echter Karrieresprung für den Ex-Profi ist das und eine reizvolle Aufgabe – bis Kühne es sich dann wieder einmal anders überlegt.

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