Projekt Aufstieg beim Hamburger SV: Keine Experimente!
Der Hamburger SV setzt in dieser Saison auf Routine. Darum ist Trainer Dieter Hecking der Star der aktuellen Mannschaft.
Neu ist nämlich nicht der reine Austausch des Personals, sondern vor allem der Strategie. Während im letzten Jahr mit Christian Titz und Hannes Wolf zwei unerfahrene Trainer mit der phasenweise jüngsten Mannschaft der Zweitliga-Geschichte an der Aufgabe „Wiederaufstieg“ in Hamburg gescheitert waren, setzt der HSV inzwischen auf deutlich mehr Routine statt Experimente.
Diese Routine beginnt beim Chefcoach Dieter Hecking, der aus Mönchengladbach kam und in seiner Karriere schon einige Krisen gemeistert hat. Man könnte ihn als den Star der aktuellen HSV-Mannschaft sehen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen im Kader wie Kapitän Aaron Hunt oder Verteidiger Kyriakos Papadopoulos hat sportlich niemand größere Erfolge zu bieten als Hecking.
Natürliche Autorität ist im Fußball mindestens so wichtig wie inhaltliche Kompetenz. Und die zahlt sich für den Moment aus: Der HSV hat unter Hecking in neun Spielen 20 Punkte geholt, 21 Tore geschossen und nur sieben kassiert. Vor einem Jahr hatten sie zum gleichen Zeitpunkt der Saison zwar auch schon 17 Zähler auf dem Konto. Aber die Art und Weise des Auftretens hat sich verändert.
Das hat auch der 2:0-Sieg gegen Greuther Fürth untermauert: Im Vergleich zum Vorjahr strahlt der HSV vor allem in den Heimspielen die Dominanz eines Spitzenteams aus. Als Zuschauer muss man kaum noch Sorge haben, dass die Mannschaft beim ersten Gegenwind in alle Einzelteile zerfällt.
Ansehnlicher Fußball
Selbst nach Siegen scheut sich Hecking nicht davor, mit kritischen Worten die Spannung hoch zu halten. Offenbar ist das in Hamburg wiederkehrend notwendig. Er treibt dem HSV mit seinem Führungsstil die Bequemlichkeit aus, man nimmt den Club und diese Mannschaft wieder ernst. Sie ist reifer geworden und spielt seit langer Zeit wieder ansehnlichen Fußball.
Das einzige Problem: Es spricht nicht viel dafür, dass die Saison wirklich spannend werden könnte. Die Zuschauerzahlen sinken, die Lücken auf den Tribünen werden größer und auch das allgemeine Interesse am Verein ist bei Weitem nicht mehr so hoch wie vor Jahren. Das mag daran liegen, dass die großen Geschichten um den HSV auserzählt sind. Nicht einmal Statements des Investors Klaus-Michael Kühne sorgen noch für Diskussionsstoff.
Die einen sagen, dass dem Verein nach einer Dekade voller Tiefschläge mehr Ruhe und Langeweile gut täte. Andere halten die ersten Anzeichen des schrumpfenden Interesses für gefährliche Nachwirkungen dieser Zeit, die ernst genommen werden müssten. Auch deshalb wird der HSV in dieser Saison alles daran setzen, um nicht in der Bedeutungslosigkeit der Zweiten Liga zu verharren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Journalist über Kriegsgefangenschaft
„Gewalt habe ich falsch verstanden“