Lobbyismus bei der FDP: Steuerexpertin verliert Job
Nachdem die taz berichtet hatte, kündigte Delivery Hero einer Lobbyistin, die auch für die FDP arbeitet. Die Partei sieht kein Problem.
Nach Bekanntwerden dieser Konstellation hat jetzt Delivery Hero das Arbeitsverhältnis mit Bossmann beendet, wie das Unternehmen auf taz-Anfrage mitteilte. „Delivery Hero nimmt Transparenz in der Zusammenarbeit mit politischen Institutionen sehr ernst“, sagte ein Unternehmenssprecher der taz. Das Arbeitsverhältnis sei beendet worden, um „potenzielle Interessenskonflikte“ zu vermeiden. Der Eintrag im Lobbyregister wurde dementsprechend gelöscht.
Die FDP-Fraktion teilte lediglich mit, man sei über das Ende des Arbeitsverhältnis informiert worden. Eine taz-Anfrage an Frau Bossmann selbst wies die Parlamentarische Geschäftsführung der Fraktion mit der Begründung zurück, die Fraktionsmitarbeiter:innen würden keine Medienarbeit machen.
Die FDP hatte zuvor in der Doppelrolle kein Problem gesehen: „Wir sehen keinerlei Beeinträchtigung ihrer fachlichen Tätigkeit in unserer Bundestagsfraktion. Die Compliance-Anforderungen werden erfüllt“, hatte die Fraktion auf Anfrage mitgeteilt. Des Weiteren seien Änderungen des Steuerrechts immer allgemein gefasst, deshalb könne gar kein einzelnes Unternehmen bevorzugt werden.
Die Organisationen Abgeordnetenwatch und Lobbycontrol hatten hingegen scharfe Kritik an dieser Konstellation geübt. Der Interessenskonflikt liege auf der Hand, der Umgang der FDP-Fraktion sei fragwürdig, sagte Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange. Die Abgeordnetenwatch-Sprecherin Sarah Schönewolf sagte, es sei „vollkommen unangemessen, dass die FDP-Bundestagsfraktion eine Konzern-Lobbyistin zur Referentin macht“.
An dieser Kritik ändere sich durch die neuen Entwicklungen nichts, sagte Schönewolf am Donnerstag auf taz-Anfrage: „Auch wenn Delivery Hero mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Konflikt entschärft hat, bleibt es dabei, dass die FDP-Fraktion hier nicht sorgfältig genug vorgegangen ist, um eine Verquickung von Politik und Konzerninteressen zu vermeiden.“ Dass die Fraktion in der Konstellation weiterhin kein Problem sehe, sei „schwer nachvollziehbar“, so Schönewolf.
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