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Linke und IsraelZwingende Prinzipien

Gastkommentar von Felix Kolb und Astrid Deilmann

Ja, an der Politik Israels ist aus progressiver Sicht viel zu kritisieren. Aber unumstößliche Bedingung ist, das Existenzrecht Israels anzuerkennen.

Aufstehen gegen Terror, Hass und Antisemitismus. Eine Solidaritätskundgebung für Israel in Berlin Foto: imago/xpress.berlin

S chon in den ersten Tagen nach dem bestialischen Terrorangriff der Hamas auf israelische Zi­vi­lis­t*in­nen wurde deutlich, wie unterschiedlich linke Bewegungen auf den 7. Oktober und den Krieg gegen die Hamas blicken. Die diametral gegensätzlichen Positionen der internationalen und der deutschen Sektion von Fridays for Future zeigen dies eindrücklich. Es ist legitim, zu diesem Konflikt sehr unterschiedliche Positionen einzunehmen.

Und doch gibt es Prinzipien bei der Beschäftigung mit dem Nahostkonflikt, die für alle progressive Bewegungen zwingend sein sollten. Das gilt erst recht, wenn sie für sich in Anspruch nehmen, kluge Zukunftskonzepte zu vertreten, und sich grundsätzlich für Frieden einsetzen. Für uns gehören im Folgenden diese zwingenden Prämissen zum diskursiven Rahmen mit Blick auf den Nahostkonflikt:

Auf der grundlegenden Ebene gehört dazu eine universalistische Haltung, die Israelis und Palästinensern gleichermaßen mit Mitgefühl begegnet. Daraus folgt für uns das Gebot der Humanität, also vor politischen Äußerungen – insbesondere, wenn sie erstmals nach dem 7. Oktober artikuliert werden – zunächst den Opfern und ihren Angehörigen sein Mitgefühl auszusprechen und den Terror der Hamas klar zu verurteilen:

Die Hamas hat Kinder gefoltert, Leichen verstümmelt, Hunderte Menschen auf einem Festival hingerichtet und niedergemetzelt, Frie­dens­ak­ti­vis­t*in­nen entführt. Die Hamas ist keine Befreiungsorganisation, sondern eine faschistische Bewegung, die Meinungsfreiheit, LGBTQIA*-Rechte, Frauenrechte, Demonstrations- und Pressefreiheit brutal unterdrückt und zu deren Kern seit ihrer Gründung der Antisemitismus zählt.

Der Blick durch die Linse der postkolonialen Theorie ist schwierig, vor allem aber ahistorisch

Vor diesem Hintergrund macht die Stellungnahme des autonomen Berliner Hausprojekts „Rigaer Straße“ vom 1. November sprachlos. Die Hamas-Morde an den Fes­ti­val­teil­neh­me­r*in­nen als Weg zur Befreiung auszulegen, muss man erst einmal hinkriegen. Dass man sein Menschsein nicht über Bord werfen muss, um Israel zu kritisieren, zeigt hingegen die Interventionistische Linke Berlin: Sie demonstriert, dass die unmissverständliche Verurteilung der Gräueltaten und die Distanzierung von der Hamas ohne Probleme mit einer harten Kritik am Vorgehen der israelischen Armee und der Siedlungspolitik im Westjordanland vereinbar sind.

Der Nahostkonflikt wird von sehr vielen linken Organisationen durch die historischen und analytischen Linsen der postkolonialen Theorie betrachtet. Das ist aus vielen Gründen schwierig, vor allem aber ist es ahistorisch. Und gleichermaßen mutet es ironisch an, war es doch deren Errungenschaft, die kolonialen Unterdrückungsmechanismen aus den verstaubten Archiven herauszuholen und ihre heutigen politischen Implikationen zu verdeutlichen.

Der Nahostkonflikt zeigt indes, dass sich der Postkolonialismus gut für Geschichtsklitterung und Antisemitismus eignet. Dadurch fällt hinten runter, dass Jüdinnen und Juden dasselbe historische Anrecht haben, in der Region zu leben wie Palästinenser*innen. Juden werden gleichgesetzt mit weißen europäischen Eroberern, die unermessliches Leid in die Länder Amerikas, Afrikas und Asiens gebracht haben. Doch wer diese Parallele zieht, negiert die Geschichte des jüdischen Volkes und des Nahen Ostens vor und nach 1947.

Zuwanderung seit Ende des 19. Jahrhunderts

In den heute völkerrechtlich anerkannten Gebieten Israels leben seit tausenden Jahren Jüdinnen und Juden. Eine erste größere Zuwanderung aufgrund der Pogrome im zaristischen Russland Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte weitestgehend friedlich durch Landkäufe von der ansässigen Bevölkerung. Zudem sind die meisten der heute in Israel lebenden Jüdinnen und Juden Nachfahren der Juden, die nach 1948 aus Ländern wie Syrien, Ägypten und dem Irak vertrieben wurden, obwohl sie dort hunderte Jahre gelebt hatten.

Am Handeln des Staates Israel gab und gibt es zu Recht viel zu kritisieren – nicht erst, aber insbesondere seit der aktuellen ultranationalistischen Regierung Netanjahu. Aus progressiver und menschenrechtlicher Sicht muss man die Politik des Staates Israel kritisieren: so die jahrelange Blockade des Gazastreifens, die diskriminierende Politik gegenüber der arabischen Bevölkerung in Israel und die völkerrechtswidrige Besatzung und brutale Siedlungspolitik im Westjordanland. Hier muss sich Israel mit den gleichen Maßstäben messen lassen, die wir an die Politik anderer Staaten anlegen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Nicht überlebensfähig ohne Unterstützung

Die Anerkennung des Existenzrechts Israels ist dabei die Prämisse, von der aus diese Kritik entspringen muss. Dieses Recht zu negieren, bereitet die Grundlage für eine Entmenschlichung der israelischen Zivilbevölkerung und für die Rechtfertigung der Morde und Hinrichtungen von mehr als 1.400 Menschen. Die Anerkennung des Existenzrechts Israels sollte deswegen für linke Bewegungen, die sich auf das Völkerrecht berufen, eine Selbstverständlichkeit sein. Das gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass die Gründung des Staates auf einen Beschluss der UN-Vollversammlung von 1947 zurückgeht. Dass es den dazu korrespondierenden palästinensischen Staat noch nicht gibt, ist unverzeihlich. Dennoch wäre es historisch einseitig, im Hinblick auf die Geschichte seit 1947, die Verantwortung dafür allein Israel anzuhängen.

Nichtsdestoweniger haben vermeintlich progressive Organisationen kein Problem damit, die sofortige Beendigung jeglicher US-amerikanischer Hilfe für Israel zu fordern. Stillschweigend erkennen sie Israel damit de facto das Existenzrecht ab. Ohne militärische und finanzielle Unterstützung – insbesondere durch die USA – wäre Israel nicht überlebensfähig in Anbetracht der offenen Feindschaft von Ländern wie dem Iran und den von ihm unterstützten Terrormilizen wie der Hisbollah. Und ohne die frühere Hilfe hätte Israel die vergangenen Kriege verloren und würde heute nicht mehr existieren.

Astrid ­Deilmann ist seit 2022 geschäfts­führende Vorständin bei Campact. Felix Kolb gehört zu den Mitbegründern von Campact und ist seit 2008 geschäfts­führender Vorstand.

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25 Kommentare

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  • "Ja, an der Politik Israels ist aus progressiver Sicht viel zu kritisieren. Aber unumstößliche Bedingung ist, das Existenzrecht Israels anzuerkennen."

    Ein Schuh wird erst daraus, wenn erkannt wird, das die Kritik an der Politik Israels von existenzieller Bedeutung ist für Israel.

    Eine nationalistische rechte, ja mittlerweile sogar rechtsextreme Politik, die in dem Maße wie Israel seit Jahrzehnten Land besetzt und illegal besiedelt außerhalb der Staatsgrenzen, Menschen vertreibt und Menschenrechte missachtet, kann nievSicherheit gewährleisten.

    Es ist nicht die Linke, die eine Gefahr darstellt für Israel. Die Rechten und Nationalisten in Israel sehen gerade das massive Scheitern ihrer Politik und wollen sich herausmogeln indem sie Kritik daran mit Israelfeindlichkeit gleich setzen.

  • Wieso werden die Vertreibungen der Palästinenser vor der Ausrufung des israelischen Staates mal wieder nicht erwähnt? Es wird geschrieben man müsse auch das Leid der Palästinenser anerkennen, wird dann auch gemacht in ganzen 2 Zeilen,mit dem Vermerk sie hätten auch selbst Schuld an ihrer Situation.



    Das Recht an einem Ort zu leben, bedeutet doch nicht, sich auch einfach alles nehmen zu können. Und das erste mal selbst über ihr Schicksal verhandeln, konnten die Palästinenser in den Oslo-Friedensprozess. Das Ergebnis sehen wir heute. Würde es die Hamas und Hisbollah ohne Israel geben? Nein. Auch das gehört zur Wahrheit. Israel hat auch mehr Angriffskriege als Verteidigungskriege geführt, aber das passt nicht ins Narrativ. Ausgewogenheit liest sich anders.

    • @Moritz Pierwoss:

      Würde es die Hamas und die Hizbollah ohne Israel geben?

      Die Hamas gehört der Muslimbruderschaft an, die 1928 in Ägypten gegründet worden ist, also deutlich vor der Gründunbg des Staates Israel.

      Die Muslimbruderschaft breitete sich aus, nicht nur in den Gazastreifen, sondern in alle arabischen Ländern.

      Große staatliche Unterstützer sind die Türkei und Katar. Haben beide Staaten einen besonderen Bezug zu Israel? Eher nicht.

      Gäbe es also die Hamas ohne Israel?



      Na klar, es wäre seltsam, wenn es sie ausgerechnet in Palästina nicht geben sollte.

      Die Hizbollah sind eine islamistisch-schiitische Gruppe mit viel ideologischem Input aus dem Iran.

      Hätte es die islamische Revolution im Iran ohne Israel gegeben?

      Sicher, Israels Staatsgründung war ja nicht der Auslöser, sondern die spezifische Entwicklung im Iran.

      Das passt aber offensichtlich nicht in Ihr Narrativ.

      Wollten Sie nicht irgendwie Ausgewogenheit haben?

    • @Moritz Pierwoss:

      "Israel hat auch mehr Angriffskriege als Verteidigungskriege geführt" - wie belegen Sie diese Behauptung?

  • Seit 1917 hat es keine demokratischen Prozess gegeben, der die Zukunft Palästinas regelt. Dies muss umgehend erfolgen. Erst wenn alle Einwohner des Heiligen Landes sich in einem demokratischen Verfahren zur Zukunft des Landes geäußert haben, wissen wir, was sie wollen. Alle Moslems, Christen und Juden müssen daran teilnehmen.

    Die Vorstellung, dass wir als Europäer irgendeinen Staat anerkennen können oder nicht, ist hingegen die Definition von Imperialismus und ist deswegen abzulehnen. Das die taz solchem Gedankengut unkritisch eine Bühne bietet, ist sehr besorgniserregend.

    • @Dan Zeller:

      Die britischen Behörden in Palästina haben versucht, einen repräsentative Vertretung der Bürger Palästinas einzurichten. Das ist daran gescheitert, dass die arabische Seite darauf bestand, dass jede Gruppe gemäß ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sein sollte, während die jüdische Seite darauf bestand, dass jede Gruppe die gleiche Anzahl von Delegierten haben sollte.

  • Hervorragender Text, der die Lage klar beleuchtet und vor allem mit der Legende Israels als Kolonialmacht aufräumt. Die angesprochenen Irrtümer der Postkolonialen offenbaren einen Rausch der Selbstgerechtigkeit, der von völliger Blindheit kaum noch zu unterscheiden ist, von wegen Balken und Splitter im Auge...

    • @Prayn:

      Sicher. Israel war nie eine Kolonialmacht. Man muss aber auch keine Kolonialmacht sein, um ein Produkt des Kolonialismus zu sein (siehe z.B. Australien)

      Auch der Staat Israel ist ohne die europäischen Kolonialmächte (inkl. USA) nie denkbar gewesen. Die UN hatte seinerzeit nur wenige Staaten (56, heute 193) und war ebenfalls dominiert von ehemaligen Kolonialstaaten. ( de.wikipedia.org/w...esolution_181_(II) )

      Das Ermöglichen der Besiedlung, die Einwanderung und die Staatsgrünung Israels ist ohne den kolonialen Zusammenhang nicht denkbar.

  • Welche Grenzen Israels sollen garantiert werden? Zur Debatte stehen bei der Linken doch nur die Expansionsgelüste der Rechten in Israel, die sich seit Jahrzehnten auch das Westjordanland noch einverleiben wollen

    Zwingend ist es ebenfalls anzuerkennen, dass rechtsextreme und nationalistische Positionen in Israel, die von einem Großisrael träumen, seit Jahrzehnten die Vertreibung von Palästinensern beinhalten, zu illegalen Siedlungen führen und Zweistaatenlösungen konterkarieren und zu offiziell, staatlich verkündeten Anexionsplänen führen DER Hauptgrund ist, weshalb der Nahostkonflikt seit Jahrzehnten nicht zur Ruhe kommt.

    Nationalisten und Rechtsextreme in Israel sind neben islamistischen Fundamentalisten die andere Seite der Medaille, die es zu berücksichtigen gilt.

    Die Debatte krankt daran, dass die Kritik am Nationalismus in Israel als Antisraelismus aufgefasst wird, obwohl er das genaue Gegenteil ist.

  • Für mich sehr erhellend und wesentlicher als jede koloniale Argumentation ist diese Zusammenfassung zu den Hintergründen des islamistischen und islamischen Antisemitismus der Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/themen/...er-antisemitismus/

    Ich gebe zu, dass mir das Ausmaß der deutschen Mitschuld nicht bekannt gewesen ist. Gleichzeitig zeigt es aber, dass wir uns gut überlegen müssen, wie den muslimischen antisemitischen Narrativen in Schulen etc. begegnen werden kann und muss. Die alleinige Konzentration auf die Millionen Opfer, die Lager, das Leid und die Entrechtung der Juden während der Shoah bedient den ursprünglichen Antijudaismus weiter muslimischer Kreise. Mit Erinnerungsarbeit wird man hier nicht unbedingt weiterkommen. Da steckt wesentlich mehr Potential in ethischer und persönlichkeitsbildender Arbeit die thematisiert, wie Menschen(massen) ideologisch missbraucht werden und was das mit jedem Einzelnen zu tun hat.

  • Vielen Dank für diesen Artikel, den ich mir abspeichere um in Gesprächen zukünftig sicherer zu sein. Inzwischen wird in meiner Umgebung (sozialer Bereich) jede Andeutung von Solidarität und Mitgefühl, eigentlich jede Thematisierung des israelischen Retraumas in Frühstücksrunden etc. mit einem scharfen Verweis auf Kolonialismus und Gerechtigkeit abgebügelt. Mich persönlich schockiert das zutiefst. Zum ersten Mal in meinem Leben begreife ich annähernd, wie der Holocaust geschehen konnte und wie "simpel" die Mechanismen dahinter sind. Leider habe ich den Eindruck, dass heute im Gegensatz zu damals die öffentliche Bejubelung antijüdischer Mordorgien gesellschaftsfähig ist. Wenn ich lese, wie kleine Kinder 14 Stunden im Schrank versteckt neben ihrer ermordeten Mutter überleben oder Menschen sich unter Leichenbergen totstellten, kann ich wirklich nicht nachvollziehen, wie irgendjemand, der hier sozialisiert und schulgebildet worden ist, für die Hamas Partei ergreifen kann.

  • "In den heute völkerrechtlich anerkannten Gebieten Israels leben seit tausenden Jahren Jüdinnen und Juden." Das ist eine "zusammenfassende" Darstellung, die die Geschichte extrem verfälscht. Vor der Einwanderung der ersten Zionisten lebten in Palästina (1882) 450.000 Araber und 15.000 Juden. (Quelle: Assenburg, M., Busse, J.: Der Nahostkonflikt.)



    Wenn vom "Existenzrechts Israels" gesprochen wird, muss man sehen, dass Israel nicht nur seine Existenz, sondern auch seine Annexionen und seine Kolonien in den besetzten Gebieten verteidigt. Die einseitige Nahostpolitk Deutschlands ist deshalb problematisch und dient nicht dem Frieden.

    • @Kölner Norden:

      Muriel Assenburg ist sicher keine neutrale Quelle. Und wenn es darum geht, wie weit man zurückschaut und wer das "ursprünglichste Recht" auf das Land hätte: Vor der islamischen Expansion gab es überhaupt keine Araber in Palästina und bis ins Mittelalter eine deutliche christliche Mehrheit... Die zionistischen Einwanderer hatten Land durch Kauf legitim erworben. Bis in die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts begrüßten viele Araber die jüdische Einwanderung weil sie sich davon Know-How und Kapital versprachen. Dann setzte sich die Fraktion des Antisemiten Amin El-Husseini, Mufti von Jerusalem in einem brutalen innerarabischen Bürgerkrieg durch, übrigens durch Propaganda der Nazis befeuert.

  • Hervorragender Kommentar, sehr differenziert und faktenbasiert. In diesem so polarisierten, emotionalisierten Meinungsumfeld ist das echt eine Wohltat!

  • "An der Politik Israels ist aus progressiver Sicht viel zu kritisieren. Aber unumstößliche Bedingung ist, das Existenzrecht Israels anzuerkennen."

    Tolle Leistung es in nur zwei Sätzen so exakt zu auf den Punkt zu bringen, Kompliment.

    • @Rudi Hamm:

      Wenn es denn genauso unumstößliche Bedingung wäre, dass Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser anzuerkennen.

  • Danke für diese interessanten Informationen.



    Danke für die klare Positionierung, die derzeit alles Andere als selbstverständlich ist.

  • Der verlinkten Erklärung der Rigaer Str ist nicht zu entnehmen, dass sie das Massaker der Hamas für ein akzeptables Vorgehen im Befreiungskampf halten. Auch nicht, dass sie irgendwelche Sympathien mit der Hamas hätten. Oder habe ich da Probleme mit dem Leseverstehen?

    Worüber sich, denke ich, die Gruppe zu Recht beschwert, ist der Modus permanent sich distanzieren zu müssen obwohl man als linke Gruppe doch nie die leiseste Sympathie mit Islamisten zu haben - bevor sie irgendetwas mglst ebenso lapidares zur Entrechtung und Entmenschlichung der Palästinenser sagen dürfen. Aber bitte nicht in so starken Worten, auch wenn sie die Lage zutreffend beschreiben würden.

    Wieviel Leute oder wieviel Linke bestreiten denn tatsächlich das Existenzrecht Israels? Ich habe den Eindruck, es handelt sich um eine Gespensterdiskussion, die linken aufgedrückt wird, die auch noch so blöd ist selbst auf die Diskussion einzusteigen. Inzwischen haben sich schon so viele zum Existenzrecht Israels bekannt, dass niemand mehr übrig sein dürfte der sich nicht bekennt außer Hamas, Hizbullah usw.

    Wenn sich inzwischen ebenso viele Leute ernsthaft zum Existenzrecht eines Palästinenserstaates bekannt hätten, v.a. westl. Politiker u dazu den nötigen Druck auf Israel ausgeübt hätten, könnte der Nahostkonflikt schon seit vielen Jahren abgeräumt sein. Statt dessen lassen sie sich von der israel. Rechten mit Pseudodebatten vor sich her treiben, damit niemand auf die Idee kommt wirksam gg Besatzung u Besiedlung einzuschreiten und zwar bevor es zu spät ist u kein Land für einen Palästinenserstaat mehr übrig.

    Auf die anderen Themen angeht, was Kolonialismus usw ist will ich lieber erst gar nicht einsteigen. Nur soviel: ich denke ja die Autoren können dazu noch nicht allzuviel gelesen haben. Auch nicht in Bezug auf die Geschichte des Nahen Ostens weder des 20.jh noch der Jh'te davor.

  • Die konsequente Gleichsetzung von Israelkritik mit Antisemitismus in den deutschen Massenmedien ist inakzeptabel. Diese Vorgehensweise stellt die berechtigte Kritik am Staat Israel und die unmissverständliche Mahnung, dass das Existenzrecht Israels unantastbar ist, auf eine Ebene. Dieser Ansatz dient offenbar dazu, jede Form der Kritik an Israel im Ansatz zu unterbinden, was letztlich den jüdischen Menschen nicht zugutekommt. Die vorschnelle Erklärung am 7. Oktober, uneingeschränkt hinter Israel zu stehen, impliziert leider auch eine Unterstützung für die unverhältnismäßigen Maßnahmen der israelischen Armee. Unter der Annahme der geringsten Schätzungen sind seit diesem Datum in Gaza 5.000 Kinder ums Leben gekommen. Es ist ein universelles Prinzip, dass Kinder unschuldig sind, egal, wo auf der Welt sie leben.

  • "Die Anerkennung des Existenzrechts Israels ist dabei die Prämisse, von der aus diese Kritik entspringen muss."



    Dieses Einfordern von Bekenntnissen ist so eine Sache. Bundeskanzler Scholz fordert Staatsraison für die Unantastbarkeit (das Existenzrecht) Israels, empfängt aber Netanyahu, der sich einer rechtsradikalen Clique ausgeliefert hat (um nicht in den Knast zu müssen), die quasi ihren privaten Rachefeldzug führt (nebenbei ihre radikalen Truppen gegen die arabische Bevölkerung im Westjordanland marodieren lässt), der auch seine Wähler mit dieser Regierungsbildung hinters Licht geführt hat, der Jahrzehnte hat alles schleifen lassen was einer Friedensbildung hätte dienen können. Israel ja! Aber so wie das jetzt aussieht, weiss ich nicht wie es weitergehen könnte.



    Eine Möglichkeit: Netanyahu zeigt einmal Character und sorgt für eine Beendigung des Krieges (so will ich mal nennen), sorgt für Neuwahlen, tritt zurück und hofft auf die noch demokratische Gesetzgebung in Israel.

  • Mir ist in den letzten Wochen wieder die Autobiografie von Golda Meir, führende Politikerin der Arbeiterpartei und später Regierungschefin Israels, in die Hände gefallen.

    Bei der Bewertung Israels immer vergessen: Kein Land der Erde hat - in Proportion zur eigenen Einwohnerzahl - mehr Flüchtlinge aufgenommen als Israel ... und das unmittelbar nach der Gründung des Staates in einer ökonomisch und militärisch sehr schwierigen Situation.

    Die Aufnahme von so vielen Flüchtlingen zeigt auch, dass die Behauptung, die Einwanderung von Juden hätte der arabischen Bevölkerung Palästinas die Lebensgrundlagen entzogen ("Siedlungskolonie") Quatsch ist.



    Die Palästinenser hätten in den ihnen im Teilungsplan der UN zugewiesenen Gebieten eine ökonomisch ebenso große Erfolgsgeschichte schreiben können, wie es den Israelis gelungen ist.

  • Sehr guter , ausgewogener Kommentar.

  • Wer die klerikalfaschistischen Ausrottungsphantasien, die die Hamas in ihrem Gründungsdokument besingt, aus "linker" Perspektive irgendwie unterstützenswert findet, der hat schon theoretisch herzlich wenig gelesen oder verstanden.



    Und wer einem US-Präsidenten Biden wegen dessen Unterstützung von Israel aus "linker" Perspektive die Wählerstimme verweigert, der hat dann eben einen Trump vollauf verdient.



    Habe mit diesem ungebildeten Vulgär-"Antikolonialismus" mittlerweile keinerlei Nachsicht mehr.

    • @Jonas Amazonas:

      "Und wer einem US-Präsidenten Biden wegen dessen Unterstützung von Israel aus "linker" Perspektive die Wählerstimme verweigert, der hat dann eben einen Trump vollauf verdient."

      Trump + Bibi = BFF.

      Der Netanyahu-Clan ist halt im Kern ein kriminelles Syndikat, das strukturell eng am Trump-Syndikat, und vom Brand Marketing gegenüber der Kernzielgruppe her eher am Putin-Syndikat orientiert ist.

      Biden agiert sehr vorsichtig. Und... interessant. Als ob in Washington eine konkrete (Interims)Lösung ausgearbeitet wird.



      Mh naja ^^ I'll believe it when I see it.

    • @Jonas Amazonas:

      Man MUSS einen Joe Biden natürlich nicht gut finden, um einen Donald Trump vehement abzulehnen.



      Aber angesichts der verfahrenen Situation in Nahost macht der Mann - wie auch US-Außenminister Blinken - seinen Job tatsächlich ziemlich gut: keinen Zweifel an der Freundschaft mit Israel zu lassen, zugleich aber unmissverständlich auf humanitäre Lösungen in Gaza zu drängen (und im diplomatischen Hintergrund auch hart daran zu arbeiten). Sowie auch auf eine Zweistaaten-Lösung hinzuwirken, als längerfristige Friedensstrategie. DARIN zeigt sich wahre Israel-Solidarität. Will hoffen, dass das auch nach dem November 2024 so bleibt.



      Hierzulande scheint sich das ja auf Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse zu beschränken … oder das Kochen diverser eigener politischer Süppchen.