Letzte Generation Berlin: „Wir sind zur Zusammenarbeit bereit“
Auch in Berlin seien für sie Absprachen wie in Hannover möglich. Die Forderungen sind die gleichen, sagt „Letzte Generation“-Aktivistin Irma Trommer.
taz: Frau Trommer, in Hannover hat die „Letzte Generation“ jetzt nach einem Pakt mit Oberbürgermeister Belit Onay von den Grünen ihre Protestaktionen beendet. Sind solche Absprachen auch für die Aktivist:innen in Berlin denkbar?
Irma Trommer: Ja. Wir machen die Protestblockaden ja nicht, weil wir Leute damit nerven wollen. Unser Ziel ist es, mit den Verantwortlichen in der Politik ins Gespräch zu kommen. Dafür haben wir immer auch selbst Gesprächsangebote gemacht. Wenn unsere Forderungen gehört werden, dann sind wir auch bereit, die Proteste einzustellen.
Welche Forderungen müssten umgesetzt werden, damit die Blockaden in Berlin beendet werden?
Die Forderungen sind landesweit die gleichen. Es geht um die Wiedereinführung eines 9-Euro-Tickets und ein Tempolimit von 100 km/h auf den Autobahnen. Außerdem fordern wir die Einführung eines Gesellschaftsrats. Dieser soll Maßnahmen erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 emissionsfrei wird. Die Lösungsansätze sollen von der Bundesregierung anerkannt und in der Politik umgesetzt werden.
(26) ist Schauspielerin und seit einem Jahr Aktivistin bei der „Letzten Generation“ in Berlin. Verhandlungen mit der hat Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey abgelehnt. „Wer meint, für mehr Klimaschutz einzutreten, indem er Bäume fällt, den Flugverkehr gefährdet oder wichtige Straßen durch Ankleben blockiert, ist für uns kein potenzieller Verhandlungspartner“, sagte sie dem Nachrichtenportal T-Online.
Gibt es Befürchtungen, dass solche Absprachen vorgeschoben werden, um die „Letzte Generation“ zu besänftigen und damit Blockaden zu verhindern?
Wir sind bereit, unsere Aktionen zu unterbrechen, wenn unsere Forderungen gehört werden. Werden sie dann aber nicht verwirklicht, dann werden wir die Proteste auch wieder aufnehmen. Es geht schließlich um die Umsetzung und nicht bloß um die Worte. Die Forderungen sind erste, kleine Maßnahmen, die nicht das ganze Ruder rumreißen werden. Umso wichtiger ist es, dass sie ernst genommen werden. Das zeigt, dass auch die Krisensituation, in der wir uns befinden, ernst genommen wird.
Onay wurde stark dafür kritisiert, das Gespräch mit der „Letzten Generation“ gesucht zu haben. Man wirft ihm sogar vor, sich erpressen zu lassen.
Ich kann den Vorwurf der Erpressung nicht verstehen. Erpressung bedeutet, dass man Gewalt anwendet oder androht, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Darum geht es der „Letzten Generation“ nicht. Es geht uns um unsere gemeinsame Zukunft. Alles, was wir fordern, ist wissenschaftlich belegt. Demokratie lebt auch davon, dass die Gesellschaft sich aktiv einbringt. Und das bedeutet nicht nur, alle vier Jahre wählen zu gehen. Die Klimakrise hat enorme Auswirkungen und große Teile der Bevölkerung finden die aktuelle Klimapolitik zu lasch. In dieser Situation finde ich es deutlich verwerflicher, nicht auf unsere Gesprächsangebote einzugehen.
Am 3. März findet der nächste globale Klimastreik von Fridays for Future (FFF) statt, die Gruppe „Wald statt Asphalt“ hat bundesweite Autobahnblockaden angekündigt. Gibt es eine Abgrenzung zwischen den verschiedenen Klimabewegungen?
Ganz im Gegenteil. Wir verfolgen die gleichen Ziele, daher ist es auch extrem wichtig, dass wir zusammenarbeiten. Nur weil wir ein anderes Protestmittel gewählt haben, heißt das nicht, dass deswegen andere Wege falsch sind.
Ebenfalls am Freitag veranstaltet Verdi gemeinsam mit FFF einen Verkehrswende-Aktionstag. Kommen solche Kooperationen auch für die „Letzte Generation“ in Frage?
Ja, auf jeden Fall. Wir sind ständig im Gespräch mit anderen Gruppen und Gewerkschaften, um gemeinsame Ziele zu formulieren. Wir bleiben unserem Aktions- und Wertekodex treu, das heißt aber nicht, dass wir nicht auch bereit sind, mit anderen zusammenzuarbeiten.
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