Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de
"ziemlich milden Forderungen: 9-Euro-Ticket, Tempolimit und ein Klima-Gesellschaftsrat." --> Milde Forderung Klima-Gesellschaftsrat? Hat der Autor das Pamphlet der Letzten Generation zum Klima-Gesellschaftsrat gelesen? Hier ein paar Zitate aus der Erklärung der LG hierzu (unter letztegeneration.de/gesellschaftsrat/ abrufbar):
"Er setzt sich zusammen aus zufällig gelosten Menschen, die die Bevölkerung Deutschlands nach Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss und Migrationshintergrund bestmöglich abbilden." --> Keine Wahl, sondern das Los soll entscheiden, natürlich quotiert.
"Der Gesellschaftsrat erarbeitet in einem definierten Zeitraum die nötigen Schritte unter der Fragestellung: [...] Zudem müssen menschengemachte Treibhausgasemissionen, die nicht durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe entstehen, ebenfalls beendet werden. Dazu gehört eine Kreislaufwirtschaft, die der Verschwendung ein Ende bereitet und somit den Energiebedarf erheblich reduziert und eine klimapositive, also kohlenstoffbindende Landwirtschaft." --> Das Ziel steht von vornherein fest (und wird seitens der LG festgelegt). Keine Wahlmöglichkeiten.
"Die Regierung soll öffentlich zusagen, die mit den im Gesellschaftsrat erarbeiteten Maßnahmen verbundenen Gesetzesvorhaben in das Parlament einzubringen. Außerdem soll sie die für die Maßnahmen und Gesetzesvorhaben nötige Überzeugungsarbeit im Parlament leisten und die Gesetze nach Verabschiedung in einer beispiellosen Geschwindigkeit und Entschlossenheit umsetzen." --> Keine Wahl der Volksvertreter bei der Umsetzung der Vorschläge des Klimarates.
Letztlich zielt die Forderung nach dem Klima-Gesellschaftsrat auf die Abschaffung der Demokratie und Mitbestimmung. Diese wird ersetzt durch ein quotiertes Gremium per Los gezogen. Mit diesen Forderungen, nimmt man sie ernst, ließe sich argumentieren, dass die LG verfassungsfeindlich ist, da sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will.
@Kriebs so ein Mist kommt dabei heraus, wenn mensch einen Text selektiv unter seinen eigenen idiologisch geprägten Prämissen liest.
Das Pariser Klimaschutzabkommen ist übrigens auch für D bindend!
@felixul Mag sein. Den Weg dorthin muss aber die Gesellschaft demokratisch aushandeln und nicht ein quotiertes Gremium aus wenigen Personen verbindlich für die Mehrheit festlegen.
Eine Vorgabe aus einem kleinen Gremium nicht gewählter Personen ist nun einmal Diktatur und nicht Demokratie. Ob dieses Gremium ohne jedwede demokratische Legitimation nun Klima-Gesellschaftsrat, ZK der SED, ZK der KPDSU oder Reichsregierung heißt, ist komplett irrelevant.
Undemokratisch ist und bleibt undemokratisch.
Und der Mist kommt nicht von mir. Das sind 1 zu 1 die Forderungen der letzten Generation. Das schreiben die selbst auf der verlinkten Seite.
Über 1,3 Millionen Wohnungen stehen leer in ländlichen Regionen. Bauministerin Geywitz (SPD) will deshalb mehr Menschen zum Umzug aufs Land bewegen.
Deals der Letzten Generation mit Städten: Freie Fahrt gegen Stück Papier
Die Letzte Generation zeigt sich dialogfähig – und profitiert von der Legitimität ihrer Gesprächspartner:innen. Die bringt sie in eine Zwickmühle.
Verhandlungen mit Städten als Exit-Strategie? Klima-Aktivist:innen der Letzten Generation in Hamburg Foto: Bodo Marks/dpa
Der Klimaprotest der Letzten Generation kommt gerade in eine heikle Phase: Die Geduld von Autofahrer:innen und Politik mit den „Klimaklebern“ scheint, falls sie je existiert hat, aufgebraucht.
In Hamburg haben wild gewordene Auto-Rambos vorige Woche versucht, festgeklebte Menschen von der Straße abzureißen. Die Polizei musste die Blockierer:innen schützen. In Bremen hat eine Frau gar einen Aktivisten angefahren und deswegen ihren Führerschein verloren.
Und aus der Politik häufen sich Verbalattacken auf die Aktivist:innen. Der Vorwurf der „Demokratieverachtung“ von Hannovers SPD ist einer der harmloseren. Für diese Stimmung ist offenbar auch die Justiz empfänglich: Diese Woche gab es erstmals mehrmonatige Haftstrafen wegen Straßenblockaden. Die persönlichen Kosten für die Aktivist:innen steigen also auf mehreren Ebenen.
Da ist es sehr clever, dass die Letzte Generation mit den Städten verhandelt. Je mehr Erfolg sie damit hat, desto spitzer kann sie ihre Aktions-Kapazitäten auf jene Städte fokussieren, die (noch) nicht zugestimmt haben – und damit den Druck auf sie erhöhen. Nebenbei würden die Aktivist:innen viele Monate Haft und Zigtausende Euro an Bußgeldern „einsparen“.
Vielleicht der Anfang einer Exit-Strategie
Am Ende könnte sogar eine Exit-Strategie aus einer Kampagne erwachsen, von der die Aktivist:innen immer wieder sagen, dass sie ihnen persönlich, physisch und emotional weh tut. Und die vom Autobahnzubringer leicht in die Sackgasse führen könnte.
Vor allem aber zeigt die Letzte Generation sich mit den Gesprächen dialogfähig, dekonstruiert so das kompromisslose Bild, das in der Öffentlichkeit von ihr gezeichnet wird – und übertreibt es damit fast. Denn was sie, zuerst von Hannovers grünem OB Belit Onay, bekommen haben, ist lediglich ein Stück Papier, eine wohlfeile Solidaritätsadresse. Aber keine konkreten Schritte hin zu den im Verhältnis zu ihren Aktionsformen ziemlich milden Forderungen: 9-Euro-Ticket, Tempolimit und ein Klima-Gesellschaftsrat. Aber mit niederschwelligen Angeboten sind Verwaltungschefs eben auch eher zu kriegen als mit Forderungen, die am Ende zulasten des Stadtsäckels gingen.
Der größte Erfolg ist, dass die Letzte Generation sich als Partnerin der verfassten Politik inszeniert. Ein wenig von der Legitimität der gewählten Stadtoberen färbt dabei auf die Aktivist:innen ab – und wirkt wie ein Gegengift zum Narrativ von den Antidemokrat:innen.
Ihre Gegenüber bringen sie in eine Zwickmühle: Wer stur bleibt, könnte schnell als mitschuldig am Dauerstau dastehen. Das kann kaum jemand so schwer aushalten wie die – zumal Hamburger – SPD mit ihrem stramm etatistischen Selbstverständnis. Kein Wunder, dass deren Bürgermeister Peter Tschentscher auf den Brief der Letzten Generation antwortet, indem er den Staatsschutz in Marsch setzt. Ein Papier ist eben nicht für alle nur ein Stück Papier.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Schwerpunkt Klimawandel
Kommentar von
Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, geboren 1967, von 1999 bis 2003 Volontär und Redakteur bei der taz.bremen, kehrte nach freien Lehr- und Wanderjahren 2006 als Redaktionsleiter zur taz nord zurück
Themen
Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Bildergalerie
taz Panter Preis 2022
mehr von
Jan Kahlcke