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Leipziger Buchmesse setzt ZeichenBuchmesse ohne Islamisches Zentrum

Die Leipziger Buchmesse lehnt die Anmeldung des Islamischen Zentrums Hamburg ab. Laut Verfassungsschutz unterstützt es das Regime in Iran.

Unerwünscht in Leipzig: das Islamische Zentrum Hamburg mit Sitz in der Blauen Moschee Foto: Daniel Bockwoldt/ dpa

HAMBURG taz | Die Leipziger Buchmesse hat die Anmeldung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) abgelehnt. Sie begründet das beim Kurznachrichtendienst Twitter mit dessen enger Verbindung zum iranischen Regime. Laut Hamburger Verfassungsschutz unterstütze es dessen menschenrechtsverletzendes Vorgehen.

Es gab immer wieder Aufrufe, rechtsextreme Verlage auszuschließen

In den letzten Tagen hatte unter anderem Volker Beck, Vorsitzender der Deutsch Israelischen Gesellschaft und früherer Grüner Bundestagsabgeordneter, Kritik an der Zulassung des IZH geäußert und sowohl die Leipziger Buchmesse als auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), aufgefordert, sich dagegen zu wenden. Dass nun tatsächlich die Ablehnung erfolgt, ist laut der Sprecherin der Leipziger Buchmesse, Julia Lücke, Ergebnis einer längeren rechtlichen Prüfung.

Noch kurz zuvor hatte es von Seiten der Buchmesse gegenüber t-online geheißen, dass ein Ausschluss rechtlich nicht möglich sei: Als Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft dürfe die Messe nur dann ausschließen, wenn ein Verlag nachweislich gegen Recht und Gesetz verstoße. Dies sei beim Islamischen Zentrum nicht der Fall.

Zwar wird das Zentrum seit Jahren vom Hamburger Verfassungsschutz beobachtet, das Bundesinnenministerium prüft, ob eine Schließung möglich ist – noch ist dies aber nicht geschehen.

„Außenposten des Teheraner Regimes“

Das IZH, in dessen Blauer Moschee sich die Hamburger Schii­t:in­nen versammeln, wird bereits seit 1993 vom Verfassungsschutz beobachtet. Der beschreibt das Zentrum als ideologischen, organisatorischen und personellen „Außenposten des Teheraner Regimes in Europa“. Aus Briefen zwischen dem IZH und der iranischen Regierung gehe hervor, dass der aktuelle Leiter des Zentrums, Mohammad Hadi Mofatteh, direkt an das Büro des Revolutionsführers angebunden sei.

Die Verantwortlichen, so der Verfassungsschutz, träten aber nicht offen islamistisch auf, sondern inszenierten das IZH als „interkulturelle und interreligiöse Begegnungsstätte, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur und Gesellschaft akzeptiert zu werden“.

Gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hat das IZH geklagt, noch steht das Urteil des Verwaltungsgerichts dazu aus. Im November vergangenen Jahres ist das Zentrum bereits nach öffentlichem Druck aus der Schura, dem Verband der Hamburger Islamischen Gemeinden, ausgetreten. Zu der Ausladung in Leipzig hat sich das IZH auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht geäußert.

Zu den Details möchte die Buchmesse nichts verraten, es handle sich um „Geschäftsbeziehungen“, sagt Sprecherin Lücke. Immerhin so viel: Die Beobachtung des Islamischen Zentrums durch den Verfassungsschutz sei ein „sehr wichtiger Warnhinweis“.

Aufrufe zum Ausschluss

Die Vorsicht kommt nicht von ungefähr: 2006 hat die Leipziger Buchmesse die Rechtsaußen Zeitung Junge Freiheit ausgeschlossen, die erfolgreich dagegen klagte. In den Folgejahren gab es immer wieder Aufrufe an die Messe, rechtsextreme Verlage auszuschließen, was diese aber mit Verweis auf die Meinungsfreiheit als nicht praktikabel zurückwies.

Jetzt ist es Lücke vor allem wichtig, darauf hinzuweisen, wo der iranische Widerstand auf der Messe zu Wort kommen wird. So wird es ein Forum zur feministischen Revolte in Iran geben und Veranstaltungen zur iranischen Zivilgesellschaft.

Die Reaktionen auf den Ausschluss des IZH sind überwiegend positiv. Volker Beck von der Deutsch Israelischen Gesellschaft schreibt auf Anfrage der taz, dass dies ein „starkes Zeichen der Unterstützung der iranischen Opposition und eine klare Absage an die antiisraelische Propaganda des iranischen Staatsislam in Deutschland“ sei.

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßt die Ablehnung. Der taz schreibt sie: „Eine Organisation, die offenkundig eng mit dem verbrecherischen Mullah-Regime in Iran verbunden ist, hat auf der Leipziger Buchmesse nichts verloren.“

Auf Twitter waren die Reaktionen ebenfalls sehr positiv, viele Nut­ze­r:in­nen bedankten sich. Nur vereinzelt wurde nachgefragt, warum nicht auch rechte Verlage ausgeschlossen würden.

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