Le Pen bricht mit den deutschen Rechten: Au revoir, AfD
Wer glaubt, der Bruch Le Pens mit der AfD schwäche die rechte EU-Fraktion, täuscht sich. Die AfD spielt in Brüssel keine Rolle.
F ast klingt es wie eine gute Nachricht: Frankreichs Nationalistenführerin Marine Le Pen distanziert sich vom deutschen Spitzenkandidaten Maximilian Krah und bricht mit der AfD. Das macht Hoffnung. Denn bei der Europawahl in drei Wochen zeichnet sich ein massiver Rechtsruck ab. Ob in Italien, Schweden, den Niederlanden und zuletzt in Kroatien – in vielen EU-Ländern sind Rechtspopulisten und Nationalisten auf dem Vormarsch. Die Umfragen für den 9. Juni lassen kaum Besserung erwarten.
Nach der Wahl werde man nicht mehr in einer gemeinsamen Fraktion zusammenarbeiten, heißt es am Mittwoch in Paris in Richtung AfD. Doch für Entwarnung ist es zu früh. Le Pens Entscheidung macht Europas Rechte nicht schwächer, auch wenn sie den Zusammenhalt der rechtsradikalen ID-Fraktion (Identitäre und Demokratie) im Europaparlament gefährdet. Denn diese Fraktion bestand ohnehin nur auf dem Papier. Und der Bruch ist vor allem innenpolitisch motiviert.
Le Pen will sich mit Blick auf Europa, vor allem aber für die Präsidentschaftswahl 2027 in Frankreich ein gemäßigtes Image geben. Rassistische und revisionistische Sprüche à la Krah passen nicht zu dieser Strategie. Le Pen hat Ballast abgeworfen, c’est tout. Auch der AfD geht es vor allem um Schadensbegrenzung. Mit dem nun verhängten Auftrittsverbot für Krah wollen die deutschen Rechtspopulisten aus den Negativschlagzeilen herauskommen und darüber hinwegtäuschen, wie isoliert sie in Europa mittlerweile sind. Eine Wende im Wahlkampf bedeutet das alles aber nicht. Die AfD spielte schon bisher keine große Rolle. Krah war ein Einzelkämpfer; wenn er nun in der Versenkung verschwindet, fällt es in Brüssel kaum auf.
Die europäische Rechte formiert sich neu
Die Musik spielt anderswo – in Paris, Rom und Madrid. In der spanischen Hauptstadt hielten die Rechten am vergangenen Wochenende ein großes Meeting ab, bei dem der argentinische Präsident Javier Milei gefeiert wurde. Le Pen war dabei, Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni ließ sich per Video zuschalten. Das Treffen löste einen diplomatischen Eklat aus, weil Milei den sozialistischen Premier Pedro Sánchez und seine Frau beleidigte. Es zeigte aber auch, dass sich die europäische Rechte neu formiert. Sie versucht, außenpolitisch anschlussfähig zu werden – und sich innenpolitisch zu normalisieren.
Nicht raus aus der EU, sondern die Union von innen umkrempeln, heißt die neue Devise. Das macht Europas Rechte nicht weniger gefährlich – eher im Gegenteil. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich das schon jetzt. Denn da hat die EU die rechten Parolen weitgehend übernommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken