Langfristige Förderung von Projekten: Demokratiefördergesetz beschlossen
Jahrelang wurde gerungen, nun einigt sich die Ampel auf eine dauerhafte Förderung für Demokratieprojekte. Doch es gibt Kritik von verschiedener Seite.
„Mit dem Demokratiefördergesetz stärken wir die Zivilgesellschaft – und damit die Demokratie“, erklärte Paus am Mittwoch. Auch Faeser betonte, das wichtigste Mittel im Kampf gegen Extremismus sei es, „unsere Demokratie lebendig zu halten“. Dieses Engagement unterstütze man mit dem Gesetz.
Bereits der Bundestagsuntersuchungsausschuss zur NSU-Terrorserie hatte 2013 ein solches Gesetz eingefordert. Auch zivilgesellschaftliche Initiativen hatten zuletzt immer wieder Druck gemacht. Ihr Problem: Ihre Demokratieprojekte werden bisher immer nur für eine Legislaturperiode gefördert und stehen dann vor dem Aus oder müssen mit veränderten Konzepten neu aufgestellt werden.
Schon die vergangene schwarz-rote Bundesregierung hatte das Gesetz einführen wollen – am Ende scheiterte es aber am Widerstand der Union. Die drängte etwa auf eine Art „Extremismusklausel“, eine schriftliche Verpflichtung der Träger, sich zur Verfassungstreue zu bekennen – was diese als Generalverdacht kritisierten.
Druck auf die offene Gesellschaft
Die Ampel hatte das Demokratiefördergesetz dann als ein zentrales Projekt ausgegeben und eine schnelle Umsetzung versprochen. Eine „Extremismusklausel“ gibt es so im Gesetz nicht, wohl aber die Festschreibung, dass die Projekte „die Ziele des Grundgesetzes achten“ müssten.
Im Gesetzentwurf heißt es, es sei „aktuell wichtiger denn je“, eine tragfeste Grundlage für die Förderung von zivilgesellschaftlichem Engagement für die Demokratie zu schaffen. In den vergangenen Jahren sei die offene Gesellschaft „zunehmend unter Druck geraten“. Vor allem rechtsextreme Straf- und Gewalttaten hätten „immer weiter zugenommen“. Auch durch islamistischen Extremismus, Linksextremismus oder den „sich zunehmend radikalisierenden“ Coronaprotest werde die Demokratie „in besorgniserregender Art und Weise beschädigt“. Dazu kämen Hass im Netz und Desinformation.
Dagegen brauche es ein „breites Engagement für die Demokratie sowie überzeugte Demokratinnen und Demokraten“, halten die Ministerien fest. Zivilgesellschaftliche Projekte, die sich dafür engagierten, wolle man daher „nachhaltig“ absichern und ihnen einen klaren Rechtsrahmen bieten.
Der Bund sei hier in der Verantwortung, weil die Bedrohung nicht lokal sei, sondern bundesweit oder gar international. Die Bekämpfung jeder Form von Extremismus sei „eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe von zentraler politischer Bedeutung“.
Aussichten noch immer unklar
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, nannte das Demokratiefördergesetz „einen enormen Fortschritt“. Er könne sich „an kein Gesetz erinnern, dass so häufig versprochen wurde und dann nicht kam“. Wie die dauerhafte Förderung genau aussieht, sei aber immer noch ungewiss, sagte Reinfrank der taz.
Viele Kolleg:innen wüssten weiter nicht, ob sie 2023 noch einen Job hätten. Diese Unsicherheit mache es immer schwerer, gute Leute zu finden. Es brauche neben der Planungssicherheit daher künftig „regelmäßige Konsultationen“ der Ministerien mit den Initiativen und eine „abgestimmte Strategieentwicklung“.
Auch andere zivilgesellschaftliche Initiativen hatten sich zuletzt ernüchtert gezeigt. Über ein Beteiligungsverfahren waren sie in das Vorhaben involviert, fühlten ihre Argumente aber zu wenig gehört. Sie hatten warnten vor einem abstrakten Gesetz, das wenig ändere und forderten mehr Mitsprache ein. Auch sollte die Förderung einiger Angebote – etwa die Opfer- oder Ausstiegsberatung – explizit im Gesetz erwähnt werden. Und: Es brauche eine fixe Fördersumme von 500 Millionen Euro jährlich, was eine kräftige Steigerung zu den bisher für 2023 vorgesehenen 200 Millionen Euro wäre.
Robert Kusche vom RAA Sachsen, ein Demokratieberatungsprojekt, lobte denn auch das Gesetz, forderte aber ebenso eine Nachschärfung. So müsste die Beratung von Opfern rechter Gewalt klar im Gesetzestext benannt werden, was bisher fehle. Die bisherige Formulierung führe zu „Unklarheiten und Gleichsetzungen, die nicht dem Ausmaß rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt gerecht wird“. Auch sehe man „mit Besorgnis“, dass die Finanzierungsfrage im Gesetz ungeklärt bleibe.
Für welche konkreten Projekte es nun tatsächlich eine langfristige Förderung geben wird, hänge von den Förderrichtlinien des Gesetzes ab, räumten Faeser und Paus am Mittwoch ein. Diese würden im kommenden Jahr erarbeitet. Auch die Förderhöhe müsse im Haushalt verhandelt werden. Zumindest Kürzungen schlossen beide Ministerinnen aber aus.
Kritik auch von rechts
Im Gesetzentwurf heißt es, die Anmerkungen der Initiativen aus dem Beteiligungsverfahren seien „soweit möglich“ in den Gesetzentwurf eingeflossen. Eine konkrete Fördersumme wird indes nicht benannt – versprochen wird nur eine „angemessene“ Förderung der Projekte. Explizit aufgeführt werden dafür aber tatsächlich Maßnahmen der „zivilgesellschaftlichen Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit, des Empowerments von Selbstorganisationen und Betroffenengruppen und zum Schutz vor Angriffen auf Engagierte“.
Kritik kommt weiter aber auch von rechts. So trauert die Union immer noch der Extremismusklausel nach und beklagt, im Gesetzentwurf fehle ein „eindeutiges Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Auch lasse der Entwurf die konkreten Förderbedingungen offen, erklärte CDU-Vizechefin Silvia Breher. Es mangele „erheblich an Transparenz“.
Die Regierungsfraktionen der Ampel begrüßten am Mittwoch dagegen unisono das Projekt. Zivilgesellschaftliches Engagement sei für die Demokratie unverzichtbar, eine verlässliche Förderung deshalb zentral, hieß es dort. Während die FDP aber vor allem die nun klare Rechtslage betonte und die Wichtigkeit, dass es ein Bekenntnis zur Verfassungstreue brauche, lobten die Grünen, dass es für die Projekte kein „Konstrukt“ wie die Extremismusklausel als Vorbedingung gebe, die „ungerechtfertigtes staatliches Misstrauen ausdrückt“.
Aktualisiert am 14.12.2022 um 17:50 Uhr. d. R.
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