Vorstoß von Faeser und Spiegel: Demokratiefördergesetz auf dem Weg

Nach langem Ringen legen die Innen- und Familienministerin ein Konzept für ein Demokratiefördergesetz vor. Einiges aber bleibt noch offen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Hanau beim Gedenken am zweiten Jahrestag des Hanau-Anschlags.

Sie drängte früh auf ein Demokratiefördergesetz: Innenministerin Nancy Faeser Foto: Boris Roessler, Reuters

BERLIN taz | Es ist ein Durchbruch, der momentan ziemlich untergeht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) haben nach Jahren des Ringens ein Demokratiefördergesetz auf den Weg gebracht. Die Bekämpfung von Extremismus sei für die Bundesregierung „eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe von zentraler politischer Bedeutung“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier, das der taz vorliegt. Dafür bräuchten Demokratieprojekte eine „dringend notwendige Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene nachhaltige Absicherung der Fördermaßnahmen“.

Das Positionspapier wollten Faeser und Spiegel eigentlich am Donnerstag in Berlin vorstellen. Die Pressekonferenz wurde aber aufgrund des Russlandangriffs auf die Ukraine abgesagt. Dennoch starteten beide Ministerien ein Beteiligungsverfahren für das Demokratiefördergesetz, bei dem Verbände bis zum 21. März das Vorhaben nun kommentieren können. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

In ihrem Papier begründen Faeser und Spiegel das Gesetz vor allem mit der in den vergangenen Jahren gestiegenen rechtsextremen Bedrohung und der „Vielzahl schrecklicher Straf- und Gewalttaten“ aus diesem Spektrum. Zudem seien durch die „sich zunehmend radikalisierende Szene gegen die öffentlichen Corona-Maßnahmen“ und durch Hetze im Netz neue Gefahren entstanden. Bekämpft werden solle mit dem Gesetz aber „jede Form von Extremismus“.

„Bekenntnis zu angemessener Finanzierung“

In ihrem Papier legen die Ministerinnen „Regelungselemente“ für das künftige Gesetz fest. Dem Bund sollen damit eigene Möglichkeiten der Demokratieförderung für Projekte mit überregionaler Bedeutung ermöglicht werden, etwa in der Opfer- oder Ausstiegsberatung. Denn: Auch die extremistischen Gefahren seien ja „nicht lokal oder regional begrenzt“. Eingebunden werden soll auch die Bundeszentrale für politische Bildung.

Mit dem Gesetz werde es „ein klares Bekenntnis zu einer angemessenen Finanzierung“ geben, heißt es weiter. Die Förderung solle „bedarfsorientiert, längerfristig und altersunabhängig“ sein. Das Ziel sie, „bereits aufgebaute und fachlich bewährte Strukturen aufrechtzuerhalten“.

Faeer und Spiegel werben, dass das Gesetz sowohl für den Bund als auch für die zivilgesellschaftlichen Projekte für Planungssicherheit sorge. Geschaffen werden so ein „wirkungsvoller Beitrag“ für demokratisches Engagement und gegen extremistische Tendenzen. Umgesetzt werden soll die Förderung von Bundesbehörden wie dem Bundesverwaltungsamt, das dem Innenministerium unterstellt ist. Zudem ist eine unabhängige wissenschaftliche Evaluierung der Projekte und eine jährliche Berichterstattung an den Bundestag geplant, wie wirksam die Maßnahmen sind.

Gesetz scheiterte zuletzt an der Unionsfraktion

Mit dem Vorstoß von Faeser und Spiegel scheint ein langer Kampf zuende zu gehen. Zivilgesellschaftliche Initiativen forderten schon lange eine längerfristige Förderung ihrer Projekte mit einem Demokratiefördergesetz. Die vergangene schwarz-rote Bundesregierung hatte dieses schließlich einführen wollen – am Ende aber scheiterte es an der Unionsfraktion. Deshalb laufen die Förderungen für die Projekte bisher weiter nur für eine Legislaturperiode. Danach stehen sie vor dem Aus und müssen sich mit veränderten Konzepten neu bewerben.

Faeser wie Spiegel kündigten mit ihrem Amtsantritt in der Ampel-Regierung dagegen an, das Gesetz schnellstmöglich einführen zu wollen. Faeser möchte dieses in einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus aufnehmen, den sie bis Ostern vorlegen will.

Bei einem früheren Streitpunkt mit der Union geben sich die Ministerinnen indes noch vage: der möglichen Wiedereinführung einer Extremismusklausel. Mit dieser mussten die Träger früher schriftlich zusichern, dass sie sich zur demokratischen Grundordnung bekennen. Viele Projekte sahen darin einen Generalverdacht, die Klausel wurde letztlich wieder abgeschafft. In dem Positionspapier von Faeser und Spiegel heißt es dazu nur allgemein: „Es ist – wie schon bisher – selbstverständlich, dass nur solche Maßnahmen unterstützt werden können, die eine den Zielen und Prinzipien des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten.“ Wie dies sichergestellt wird, bleibt vorerst offen.

Initiative: Gesetz muss sich Namen erst verdienen

Zivilgesellschaftliche Initiativen lobten die Einführung des Demokratiefördergesetzes. „Das ist ein lange überfälliger Schritt, den wir sehr begrüßen“, erklärte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. Das Gesetz müsse sich jedoch seinen Namen erstmal verdienen, damit es nicht „als Bettvorleger“ ende. „Wichtig ist vor allem, dass die zivilgesellschaftlichen Projekte eine eigenständige Rolle bekommen und vor rechtsextremen Angriffen geschützt werden“, sagt Reinfrank. „Ministerien in Berlin werden die Demokratie vor Ort nicht verteidigen.“

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