Kunsttipps der Woche: Alles eine Frage der Form
Elsa Sahal lässt bei Setareh Keramik glänzen, Kasia Fudakowski präsentiert für Klosterfelde Edition ihr eigenes Werk in Reisegröße.
A uf den ersten Blick käme man oft nicht darauf, dass es sich bei dem Material, aus dem die Skulpturen Elsa Sahals bestehen, die zurzeit in der Galerie Setareh ausgestellt sind, tatsächlich um Keramik handelt. Mit seiner Emaillierung, seiner Farbe oder Glasur, mal matt, mal glänzend, erinnert es mal eher an Stein, mal an Metall oder Kunststoff. Zu grotesk überzeichneten Körperteilen hat die Künstlerin ihren bevorzugten Werkstoff verarbeitet, Körperteilen, die sich in sich selbst verheddert zu haben scheinen, die so aussehen, als seien sie entgegen der Schwerkraft in alle Windrichtungen geschleudert worden und durch den Schwung aus der Form geraten.
Da ist zum Beispiel Sahals Serie „Pole Dance“, die zwar auf eben diese Körperkunst verweist, gleichsam jedoch damit verbundene Erwartungen unterwandert. Weniger erotisch gefällig, dafür umso eher komisch verzerrt sehen die Brüste und Schenkel aus, die Sahal dafür um Stangen windet und drüber hängen lässt.
Seit 20 Jahren schon arbeitet Sahal mit Keramik. Wie sie das tut, das lässt sich im Hinterraum der Galerie besichtigen. Ein arte-Interview mit der Künstlerin läuft dort in Dauerschleife, zeigt sie, wie sie Lehmblöcke auf den Studioboden knallt, damit sie weich und knetbar werden, wie sie darauf herumklopft, Werkzeug hineinstößt oder es geschmeidig in Form streicht. Dazu erzählt Sahal, wie sie sich in ihrer Arbeit mit der von Männern dominierten Kunstgeschichte auseinandersetzt, mit der Geschichte der Skulptur vor allem. Sehen kann man das auch an den ausgestellten Werken ihrer „Female Factory“, den Bezug auf Rodin etwa oder den Futuristen Boccioni – und überhaupt an ihrem Spiel mit dem Blick des Künstlers auf den weiblichen Körper.
So auch in ihrer neuesten, extra für die Galerieräume entstandenen Wandarbeit „Dancing Twins“, zusammengesetzt aus deformierten Brüsten, Schenkeln und Hintern. Köpfe sind hingegen offenbar nicht Teil ihres Formenrepertoires. Auch draußen im Hof fehlt er. Da steht ein vor sich hin plätschernder Brunnen, ein rosafarbener weiblicher Unterleib, der ganz männlich ins Becken pinkelt, phallisch und feminin zugleich. „Fontaine“ (2012) ist Sahals ironisch-selbstbewusste Antwort auf all die Brunnen im öffentlichen Raum, die traditionell zu Ehren irgendeines Mannes errichtet wurden.
Stereotypen des Alltags mit Kasia Fudakowski
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Setareh, Schöneberger Ufer 71, bis 6. November, Di.–Fr. 10–18, Sa. 11–18 Uhr
Klosterfelde, Potsdamer Str. 97, bis 30. Oktober, Do.–Sa. 11–18 Uhr
Einen eigenwilligen Zugang zum Thema Skulptur zeichnet auch Kasia Fudakowski aus. Ihr Langzeitprojekt „Continuouslessness“ ist ein mit jeder neuen Arbeit anwachsender Paravent, eine Forsetzungserzählung in Wandmodulen sozusagen. Seit dem Gallery Weekend präsentiert Fudakowski dieses Oeuvre bei Klosterfelde in der Reisegrößenversion, als kleine, leicht transportierbare, mit Magneten aneinander zu befestigende Editionen. 43 Filigrane Plexiglaspaneele sind das, detailgetreu adaptiert, chronologisch sortiert (was natürlich auch anders angeordnet werden kann).
Auch wie die Großen aussehen, wie Fudakowski darin kunsthandwerkliche Techniken benutzt, und mit Charme und Witz und Selbstironie Stereotypen des Alltags und ihres Künstlerinnendaseins, Genderrollen und Sehgewohnheiten verbildlicht, ist beispielhaft ausgestellt. Zwei Metallrahmen mit floralem Ornament in Feigenblattform („Kasia Fudakowski, Climate Changing Room I & II (Panel 30 & 31)“) stehen als Prototypen da oder auch „Anything that has eye-holes, can be a mask, The Date (Panel 21)“ – objektgewordenes Sinnbild eines nicht sehr erfreulich verlaufenden Dates.
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