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Kritik an der CSU im bayerischen LandtagDas Kreuz mit dem Extremismus

Die CSU findet, die Opposition sei zu extremismusnah, die Grünen kritisieren den Missbrauch des Kreuzes. Im Landtag holt sich die CSU zwei Klatschen ab.

Wollte unbedingt zusammenhalten: die CSU Foto: dpa

Berlin taz | Die CSU ist unter Druck. Erst kürzlich musste sie nach breitem Protesten ihr geplantes Psychiatriegesetz entschärfen, weil es an vielen Stellen psychisch kranke Menschen wie Straftäter behandelte. Zugleich gibt es noch immer Proteste gegen eine Verschärfung des Polizeigesetzes wie auch gegen eine Verordnung der Regierung, in jeder Behörde ein Kreuz aufzuhängen. Beide Themen kochten nun auch im Landtag hoch, wo einerseits die CSU und andererseits die Grünen Dringlichkeitsanträge einbrachten.

Klar wurde im Landtag, dass die CSU ob des großen Protestes gegen das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG), das eine massive Ausweitung polizeilicher Befugnisse vorsieht, sich politisch verteidigen wollte. Dem Antrag zufolge sollte das Parlament Befremden darüber äußern, dass SPD, Grüne und FDP im Bündnis „NoPAG“ sind, an dem auch angeblich extremistische Organisationen beteiligt sind.

In dem Bündnis machten SPD, Grüne und FDP „gemeinsame Sache mit Linksextremisten, mit Gegnern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, so der CSU-Abgeordnete Thomas Kreuzer. Als Gegenbeispiel brachte er eine Überlegung, die zeigt, in wessen Nähe er seine eigene Partei ideologisch verortet: „Welcher Aufschrei würde durch dieses Parlament gehen, wenn die CSU sich in einem Bündnis mit der AfD oder sogar rechtsextremen Gruppen, wie der NPD engagieren würde?“

Die Gruppen, um die es der CSU geht: die Linksjugend Solid, DKP, der Bund der AntifaschistInnen VVN-BDA, der Arbeiterbund zum Wiederaufbau der KPD und die Rote Hilfe eV. Während diese tatsächlich im bayerischen Verfassungsschutzbericht vorkommen, werden sie dort – wie bei der DKP oder dem Arbeiterbund – als bedeutungslos dargestellt, beziehungsweise dürfte in Frage gestellt werden, warum sie überhaupt vorkommen. So ist Bayern das einzige Bundesland, das den Bund der AntifaschistInnen überhaupt noch nennt, weil er einen „kommunistischen Antifaschismus“ betreibe, und wird deshalb vom VVN-BDA verklagt.

Die Opposition spielte den Ball zurück. Der SPD-Abgeordnete Florian Ritter sagte, ein solcher Antrag von der CSU sei absurd, da die Partei „Haltung, Forderungen, Wortwahl und Kampagnen [kopiere], die man vor zwei Jahren noch in den Pegida-Filterblasen vermutet hätte“. Andererseits bezeichne die CSU Viktor Orbán, „der die plurale Verfassung Ungarns untergräbt, als guten Freund und Partner“.

Die Freie-Wähler-Abgeordnete Eva Gottstein und die Grüne Katharina Schulze verwiesen darauf, dass in dem „NoPAG“-Bündnis auch Gewerkschaften, Journalistenverbände und Anwaltsvereine organisiert sind. Die CSU „diskreditiere den breiten zivilgesellschaftlichen Protest“, so Schulze. „Bringen Sie nicht so sinnlose Gesetze ein, dann muss man auch nicht dagegen demonstrieren.“ Zudem habe sich die CSU selbst gemeinsam mit dem VVN-BDA gegen ein Bürgerbegehren der rechtsextremen Partei „Die Freiheit“ engagiert.

Grundgesetz statt Kreuz

Kurz zuvor holte sich die bayerische Regierungspartei eine weitere Runde Kritik ab, nachdem Ministerpräsident Markus Söder angeordnet hatte, dass alle bayerischen Behörden ein Kreuz aufhängen sollten und dazu sagte, dass dieses kein religiöses Symbol sei, sondern ein kulturelles. Der Antrag der Grünen forderte den Landtag auf, den Missbrauch religiöser Symbole zu missbilligen.

Die CSU verletze nicht nur den Geist der Verfassung, so Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze, sie spalte die Gesellschaft, säe Unfrieden und missbrauche ein christliches Symbol. „Ihre Botschaft an alle, die keiner christlichen Kirche angehören, lautet: So richtig gehört ihr nicht dazu“, so Schulze. „Die Botschaft an alle, die einer christlichen Kirche angehören, lautet jetzt wie folgt: Das Kreuz ist nicht mehr ein Symbol eures Glaubens, es ist jetzt auch ein politisches Symbol.“

Die CSU-Abgeordneten waren darauf bedacht, die Worte Söders zurückzunehmen, das Kreuz sei doch ein religiöses Symbol und es gäbe kein Problem, das Symbol einer Mehrheitsreligion auch aufzuhängen. „Sie sind religionsfeindlich, wollen einen laizistischen Staat und Sie möchten Bayern zur religionsfreien Zone machen“, sagte der CSU-Abgeordnete Markus Blume. Im übrigen würden sich sowohl die bayerische Verfassung als auch das Grundgesetz auf Gott beziehen.

CSU gewinnt trotzdem

Die SPD-Abgeordnete Diana Stachowitz kritisierte, dass das Kreuz nicht für die „Grundwerte der Rechts- und Gesellschaftsordnung eines Landes“ stehe, sondern das Grundgesetz garantiere andersherum die Religionsfreiheit. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Florian Streibl befürwortete die Aufhängung der Kreuze, kritisierte aber die penetrante Inszenierung durch Söder: „Unter dem Kreuz wurde viel Unrecht gemacht. Von soher sollte man als Staat, immer sehr vorsichtig sein, was man damit tut. Es sollte einen eher mahnen und zur Vorsicht und Umsicht anleiten, aber nicht zu Großmannssucht und zum Darstellen der eigenen Person.“

Zumindest formell gewann die CSU am Ende dann doch: Der Antrag der CSU zum Extremismus wurde angenommen, der der Grünen zum Kreuz abgelehnt. Dank der CSU-Mehrheit im Landtag.

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27 Kommentare

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  • In Bayern ist angerichtet zum Wahlkampf. Herr Söder betritt die Arena und wirft kreuzförmige Stöckchen. Er will die Themen setzten, bei denen er davon ausgeht dass er gegen die Opposition punkten kann. Dieses Stöckchen ist ein solches.

    Sinn der Aktion sind allerdings nicht die massenhafte Verbreitung von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum. Religiöse Symbole sind Herrn Söder nämlich völlig egal (solange es sich um keine Kopftücher handelt).

    Sinn der Aktion ist vielmehr der Versuch die "Schlachtfelder" des Walkampfes zu bestimmen auf denen er sich am sichersten fühlt, wo er glaubt die Oberhoheit zu haben, wo die Opposition die denkbar schlechtesten Voraussetzungen hat. Sein Pech, dass er ein noch etwas ungeübter Stöckchenwerfer ist und das Ding (mittels einer ziemlich ungeschickten Formulierung) so tolpatschig schleudert, dass er eigene Verbündete (Kirchen) gegen sich aufbringt... Dumm gelaufen, Herr Söder, gell!

    Die politische Opposition allerdings sollte sich hüten Söders Stöckchen hechelnd hinterher zu rennen, sondern stattdessen jene Politik'schlacht'felder thematisieren, wo's der CSU wirklich weh tut. Ein stöckchen-apportierendes kläffendes Hündchen wird nämlich vom Publikum auch als solches wahrgenommen - und muss deshalb auch draussen im Garten bleiben. Also zähmt Euren Spieltrieb!

    • @LittleRedRooster:

      Richtig! Söder kämpft jetzt einen „Walkampf“ gegen Wale - gegen Windmühlen hat er ohnehin keine Chance.

      • @Rainer B.:

        Jaja, so ist das mit dem Viechzeug in der Isar. Gell, das hättst Dir jetzt nicht denkt.

        Und was die Windmühlen betrifft, da tut er sich in Bayern halt schon a bisserl schwer. Es gibt halt keine. Noch nicht mal von den Holländern geleast. Nix.

        • @LittleRedRooster:

          Leider falsch! Im Deutschen Museum in München gibt es eine Windmühle vom Typ Sockelgeschossholländer.

          https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Windm%C3%BChlen_in_Deutschland#Bayern

           

          Wenn man Windkraftanlagen als moderne Weiterentwicklung der Windmühlen betrachtet, sind es noch eine ganze Menge mehr in Bayern.

          https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Windkraftanlagen_in_Bayern

          • @Rainer B.:

            Windkraftanlagen als Windmühlen? Aha - Und was wird da gemahlen, Verehrtester?

            Mein lieber Schieber! Also wenn die Hirnwurst des Monats nicht schon anderwärts vergeben worden wäre...

            • @LittleRedRooster:

              Erstmal richtig lesen, mein Gutster!

              „W e n n man Windkraftanlagen als moderne Weiterentwicklung der Windmühlen betrachtet.“

               

              Wurde Windkraft früher vornehmlich zum Mahlen von Mehl, oder zum Pumpen von Wasser eingesetzt, so hat sich das Einsatzspektrum heute mit den Windkraftanlagen über die Stromerzeugung nur deutlich erweitert. Das Grundprinzip ist jedoch gleich geblieben.

              • @Rainer B.:

                Ja, sowas aber auch... !

  • Das Kreuz ist ein Symbol für Christus und nicht für Gott. Schon deshalb kann man das Aufhängen von Kreuzen nicht direkt aus der Verfassung ableiten.

    • @noctuaNigra:

      Das Kreuz gab es schon in der Steinzeit als Kultgegenstand und Symbol für dies und das.

      Beim Kreuz als Symbol oder als Darstellung des gekreuzigten Christus spricht man gewöhnlich von einem Kruzifix.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuz_%28Symbol%29

    • @noctuaNigra:

      Dreifaltigkeit....hat schon immer Viele überfordert...

      • @Mephisto:

        Klar! Um das zu begreifen muß man mächtig einfältig sei. Gar nicht einfach, diese Übung!

      • @Mephisto:

        Die Arianer lagen jedenfalls richtig.

    • @noctuaNigra:

      Also was da der Unterschied ist, ist für Nichtchristen unmöglich zu verstehen.

      • @kditd:

        Die Erklärung ist schon zu verstehen. Was nicht zu verstehen ist, ist dass im 21. Jahrhundert immer noch Menschen dran glauben.

      • @kditd:

        Christus soll der Sohn Gottes sein, der gewissermaßen die Schnittstelle zwischen den Menschen und Gott bilden muss. Im Gegensatz zu Gott ist Christus leidensfähig (wie ein Mensch) und vorrübergehend ist er sogar sterblich.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          parallele oder serielle?

          • @61321 (Profil gelöscht):

            Kann ich nicht beantworten. Da sollte es aber wohl individuell sehr unterschiedliche Verbindungen und Datenraten geben.

  • Bezieht sich das Grundgesetz wirklich auf Gott?

     

    In der Präambel des Grundgesetzes steht folgendes: „“Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... hat sich das Deutsche

    Volk ... dieses Grundgesetz gegeben”

     

    Horst Dreier, Mitverfasser des Grundgesetzkommentars, stellt dazu klar, dass es sich hier lediglich um “eine Art von Demutsformel” handelt.

    “So ruft der Gottesbezug vor allem die ‘Begrenztheit der positiven Verfassungsgebung’ wie die Relativität aller staatlichen Macht in Erinnerung, ohne sich an bestimmte Inhalte überpositiver, metaphysischer, natur- oder vernunftrechtlicher Lehren zu binden oder von deren Nimbus zehren zu wollen”.

    Zusammenfassend folgert Dreier: “Der Staat des Grundgesetzes darf, kann

    und will aber nicht (wieder) christlicher Staat sein und sich als ein solcher begreifen”

     

    Dem ist nichts hinzuzufügen - schon gar nicht durch einen bayrischen Landtag im Wahlkampfmodus.

    https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/43915/pdf/Gottesformel.pdf;sequence=1

  • "Im übrigen würden sich sowohl die bayerische Verfassung als auch das Grundgesetz auf Gott beziehen."

     

    Super. Dann müssen sich Atheisten ja nicht dran halten :-)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Oder nur die, denn denen fehlt ja schließlich das Instrument der Beichte und der Absolution.

      • @Rainer B.:

        Gesetze irgendwelcher Götter interessieren mich nicht. Ich bin ein Mensch.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Es handelt sich bei der Beichte und Absolution nicht um „Gesetze irgendwelcher Götter“, sondern um einen speziellen Service einiger Kirchen.

          https://de.wikipedia.org/wiki/Absolution

          • @Rainer B.:

            Ich bezog mich nicht auf Beichte und Absolution, sondern auf den Gottesbezug im Grundgesetz und der bayrischen Verfassung.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Sorry. Und ich dachte schon, Sie hätten da auf meinen Beitrag geantwortet.