Kritik an Grünen-Plakat zu Glyphosat: „Bild“ und CDU irren
Die „Bild“-Zeitung und die CDU werfen den Grünen Täuschung vor – zu Unrecht. Anlass ist ein Plakat zum Pestizid Glyphosat.
In dem am Freitag auf bild.de erschienenen Artikel unter der Überschrift „Grüne täuschen mit Kartoffel-Plakat“ heißt es: „In Wahrheit wird Glyphosat von Bauern nur benutzt, um Unkräuter zu bekämpfen. […] Die Knollen würden bei Glyphosat-Einsatz beschädigt oder absterben.“ CDU-Generalaekretär Josef Hovenjürgen sagte in einem weiteren Text der Boulevardzeitung: „Das Plakat ist ein Beleg dafür, dass man vom Sachverhalt keine Ahnung hat.“ Für Vizefraktionschef Gregor Golland ist das Motiv „ideologische Wählertäuschung“.
Tatsächlich bestätigt die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, dass Kartoffelpflanzen vor der Ernte nicht mit dem unter Krebsverdacht stehenden Pestizid gespritzt werden. Aber um das Feld für die Pflanzen zu säubern und vorzubereiten, „wird auch mal Glyphosat eingesetzt“, sagte Pressesprecherin Lea Piepel am Montag der taz. Nach der Ernte könnten Kartoffelpflanzen, die aus übriggebliebenen Knollen gewachsen sind und die dann ausgesäte Frucht stören würden, mit dem Gift vernichtet werden. Das bestätigte auch Jan Wittenberg, Ackerbauexperte der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Das Plakat der Grünen ist keine Irreführung“, sagte der Bauer der taz. Und: Laut Pflanzenschutzmittel-Datenbank des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind in Deutschland 82 Pestizide mit dem Wirkstoff Glyphosat bei Kartoffeln zugelassen.
Mona Neubaur, Vorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen, teilte mit: „Wir sehen aktuell keinen Grund, die Plakate abzuhängen.“ Sie wies darauf hin, dass die Wahlkampagnen vieler Parteien mit zugespitzten Wortspielen arbeiteten. „So steht ‚Dickste Kartoffel‘ im Deutschen sprichwörtlich für eine reiche Ernte, und Glyphosat steht als bekanntestes Ackergift symbolisch für landwirtschaftliche Praktiken, die unsere Natur zu stark belasten.“
Bild und CDU wollten ihre Kritik auf taz-Anfrage nicht widerrufen. Generalsekretär Hovenjürgen präzisierte aber, dass beim „eigentlichen Anbau“ von Kartoffeln kein Glyphosat eingesetzt werde. Die Behandlung des Feldes vor dem Legen der Saatkartoffeln und nach der Ernte erwähnte er damit nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund