Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz: Macron sortiert seine Truppen
Der französische Präsident lädt am Montag ausgewählte Staatschefs zum Ukraine-Gipfel nach Paris. Er irritiert damit nicht geladene EU-Mitglieder.
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Dass die Sondersitzung unter Macrons Ägide in Paris stattfindet, hat viele in Brüssel schon vorab überrascht. Schließlich ist für EU-Gipfel eigentlich der ständige Ratspräsident António Costa zuständig. Um die Verteidigung kümmert sich neuerdings auch die EU-Kommission unter der deutschen CDU-Politikerin Ursula von der Leyen. Allerdings haben beide bisher keine konkreten Vorschläge vorgelegt.
Macron verliert nun die Geduld. Er möchte verhindern, dass die USA einen Diktatfrieden über die Köpfe der Europäer und der Ukraine hinweg aushandeln. Außerdem will er sicherstellen, dass die EU an einer künftigen Friedensordnung beteiligt wird. Seit Wochen wirbt Macron für die Idee einer europäischen Friedenstruppe, die einen möglichen Waffenstillstand absichern soll.
Beim EU-Sondergipfel vor zwei Wochen war er aber auf wenig Gegenliebe gestoßen. Auch beim Krisentreffen in Paris zeichnete sich vor dem offiziellen Beginn um 16 Uhr kein Durchbruch ab. Großbritannien signalisierte zwar erneut Bereitschaft: Sein Land könne „bei Bedarf“ Truppen stellen, um sich an Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu beteiligen, so der britische Premier Keir Starmer.
Doch Deutschland und Polen winken weiter ab. Die Debatte sei verfrüht, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Zunächst gelte es abzuwarten, „ob sich und wie sich ein Frieden für die Ukraine ergibt“, sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin.
Auch Polen plant keine Entsendung eigener Truppen. Stattdessen werde Warschau weiter finanzielle, militärische und humanitäre Unterstützung liefern, sagte der polnische Regierungschef Donald Tusk vor seinem Abflug nach Paris. Demgegenüber schloss Schweden eine Entsendung von Soldaten nicht aus. Ohne Deutschland und Polen dürfte eine Friedenstruppe allerdings nicht funktionieren.
Mit Beschlüssen wurde in Paris nicht gerechnet. Zu der Krisensitzung hatte Macron neben Deutschland und Polen auch Italien, Spanien, die Niederlande und Dänemark eingeladen. Außerdem wollte Großbritannien teilnehmen, ebenso wie Nato-Generalsekretär Mark Rutte und offizielle EU-Vertreter aus Brüssel. Dieses Format ist ungewöhnlich, denn die Mehrheit der EU-Staaten bleibt außen vor.
Nicht gefragte Länder wie Slowenien und Luxemburg protestierten. Dass Macron nur Vertreter ausgewählter Länder eingeladen habe, sei ein Beweis dafür, dass die EU-Mitglieder nicht gleich behandelt wurden, sagte die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar. „Es wäre besser, wenn wir zu 27 wären“, erklärte Luxemburgs Luc Frieden. „Ich weiß nicht, worum es genau bei dem Treffen gehen wird“, fügte er irritiert hinzu.
Mit dieser Einschätzung war der Luxemburger nicht allein. Auch am EU-Sitz in Brüssel herrschte zunächst das große Rätselraten. Man müsse eine Spaltung der Union in zwei Klassen vermeiden, hieß es im Europaparlament. Es sei wichtig, alles dafür zu tun, dass Europa geeint und stark bleibe, sagte auch Scholz vor seinem Treffen mit Macron. „Das brauchen wir wegen der Ukraine, das brauchen wir für unsere eigene Sicherheit“, betonte der Kanzler.
Ein eigenes Konzept hat Scholz jedoch auch nicht. Die EU hat es versäumt, eine Friedenslösung für die Ukraine auszuarbeiten – nun muss sie improvisieren. Das Treffen in Paris dürfte nicht die letzte Krisensitzung gewesen sein.
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