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Krise der LinkeDrei Silberlocken für ein Halleluja

Der „Seniorenexpress“ der Linken: Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch wollen als Direktkandidaten die Linkspartei im Bundestag halten.

Drei alte weiße Männer sollen der Linken die Zukunft sichern: Bodo Ramelow, Gregor Gysi, Dietmar Bartsch (alle drei links) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Die drei älteren Herren wollen es noch einmal wissen. Am Mittwoch traten Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch in Berlin vor die Bundespressekonferenz, um ihre Entscheidung mitzuteilen: Sie starten die „Mission Silberlocke“, um dabei mitzuhelfen, die Linkspartei wieder in den Bundestag zu bringen.

„Wir müssen unseren Beitrag leisten, dass linke Argumente in der Gesellschaft erhalten bleiben“, sagte Gysi. Würde die Linke aus dem Bundestag fliegen, wäre das angesichts der Rechtsentwicklung nicht nur in Deutschland „eine ziemliche Katastrophe“.

Bereits auf dem Bundesparteitag im Oktober in Halle hatte Gysi das Silberlocken-Projekt angekündigt – allerdings unter dem Vorbehalt, dass „es den wirklich notwendigen Aufschwung in unserer Partei gibt“. Zur Situation der Linken sagte der 76-jährige Ex-Partei- und Fraktionschef, dass sie zuversichtlicher als noch vor einiger Zeit auf ihre Partei blicken würden. So habe der Parteitag „wirklich einen Stimmungswechsel“ gebracht.

Der Kampf um Direktmandate beginnt

Gysi glaube, „dass die Mitglieder auch motiviert sind, mit Leidenschaft zu kämpfen“. Auch Dietmar Bartsch sprach von einer positiven Entwicklung. „Das Wichtigste ist vor allem für mich, dass die Streitlaterne vom Karl-Liebknecht-Haus weg gewandert ist ins Willy-Brandt-Haus“, sagte der 66-jährige Ex-Bundestagsfraktionsvorsitzende.

Im Gegensatz zum BSW habe die Linke „immer noch eine klare gesellschaftspolitische Grundauffassung“, sagte Ramelow. Ihm gehe es darum, „lebenspraktische Antworten zu geben auf die Sorgen der Menschen“. Obwohl seine persönliche Lebensplanung eigentlich eine andere gewesen sei, empfinde er „die Idee von der ‚Mission Silberlocke‘ als großartig“, sagte Thüringens 68-jähriger Noch-Ministerpräsident.

Konkret will Gysi erneut im Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick antreten, Ramelow kandiert in Erfurt-Weimar und Bartsch in Rostock. Zumindest Gysi und Ramelow können sich dabei gute Chancen ausrechnen, ihren Wahlkreis zu gewinnen.

Dann würde nur noch ein Direktmandat fehlen, um es auch ohne Überwindung der Fünfprozenthürde dank Grundmandateklausel wieder in den Bundestag zu schaffen. Um auch das noch zu gewinnen, wollen die „Silberlocken“ aktiv die Kandidaturen von Sören Pellmann in Leipzig und Ines Schwerdtner in Berlin-Lichtenberg unterstützen, denen ebenfalls zugetraut wird, ihre Wahlkreise zu gewinnen.

Darüber hinaus wollen Gysi, Ramelow und Bartsch auch auf den jeweiligen Landeslisten in Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern antreten. „Das wird ein seriöses und ein kämpferisches Projekt“, sagte Bartsch, „wir werden kämpfen und wir werden es schaffen.“

Alternative zu kritischen fünf Prozent

Für die Linke könnte der „Seniorenexpress“ (Ramelow) der dringend benötigte Rettungsschirm sein, um die Partei vor dem Absturz in die außerparlamentarische Tristesse zu bewahren. Zwar sind seit dem Ende der Ampelkoalition mehr als 3.800 Menschen der Linken neu beigetreten, wodurch die Mitgliederzahl bei nun rund 56.800 liegt.

Aber der Zuwachs drückt sich zumindest bislang nicht in erhöhten Zustimmungswerten in der Bevölkerung aus. Auch wenn die neue Parteiführung um Jan van Aken und Ines Schwerdtner sich demonstrativ zuversichtlich gibt, die Fünfprozenthürde „deutlich“ überwinden zu können, rangiert die Linke in der Sonntagsfrage seit längerem wie eingemauert zwischen 3 und 4 Prozent.

Partei ist begeistert über das Trio

Vor diesem Hintergrund zeigt sich van Aken denn auch „sehr froh“ über die Initiative der Altvorderen. Die „ganz große Mehrheit“ der Linken sei davon „hellauf begeistert“, sagte der Parteivorsitzende in dieser Woche. „Wir werden ganz sicher drei, wenn nicht vier Direktmandate gewinnen.“ Das sei „eine Garantie, dass wir im nächsten Bundestag vertreten sein werden“.

Das ist die wichtige Botschaft, die die Linke verbreiten will: Auch wenn es nicht für die fünf Prozent reichen sollte, wäre eine Stimme für die Partei nicht „verschenkt“. Gemeinsam mit der Linken-Bundestagsgruppenvorsitzenden Heidi Reichinnek bildet van Aken das bundesweite Spitzenduo für die Wahl im Februar.

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25 Kommentare

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  • Kein "Open Border"-Wahn; keine Sprache, für deren Verständnis man ein Soziologie-Oberseminar besucht haben muss, und keine Hysterie um kulturelle Aneignungen.



    So wirds wieder was mir der Linken.

    • @Emmo:

      Auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

      Aber ob eine alltagstaugliche Sprache, normales Einwanderungsmanagement und ein normales Laissez-faire gegenüber Akkulturation schon reicht, damit es "wieder was wird"?

      Ich befürchte, Gysi, Ramelow und Bartsch reiten ein totes Pferd.

      Sie sind eine Art Resettaste.

      Aber Reset funktioniert nicht mehr.

  • So viele Kommentare, die sich auf "alte weiße Männer" einschießen ... Aber zum einen: Mit Carola Rackete als Spitzenkandidatin ist die Europawahl ja gründlich vergeigt worden. Und zum anderen: Auf der Liste werden gewiss nicht nur alte weiße Männer stehen. Auch tritt ja Ines Schwerdtner in Lichtenberg an. - Wobei ich annehme, dass die Berliner Wahlkreise für die Linke alle sehr schwierig werden. Wegen der zunehmenden Spaltung zwischen Außen- und Innenstadt. Außen ist inzwischen sehr konservativ, innen gibt es in den gentrifizierten Vierteln inzwischen verfestigte grüne Milieus. Selbst jemand wie Gysi wird es schwer haben, da etwa in TK noch einmal übergreifend zu mobilisieren.

    • @Kohlrabi:

      Von der Spaltung zwischen Innenstadt und Außenbezirk hat die Linke früher profitiert.

      In den Außenbezirken bekam sie ihre Direktmandate.

      Da ist man nicht inzwischen sehr konservativ.

      Da wählt man heute AfD.

      Während die Linke meint, sie wäre lieber die bessere Grüne.

      • @rero:

        Teilweise möchte ich Ihnen zustimmen. Dass die Linke den Außenbereich rechts liegen ließ und stattdessen grüne Milieus in der Innenstadt zu gewinnen versuchte, war gewiss ein strategischer Fehler.



        Aber eben auch eine Reaktion auf eine objektive soziale Ausdifferenzierung. Die Linke (PDS) hatte früher Direktmandate eben nicht nur in Marzahn-Hellersdorf, sondern auch in Mitte-Prenzlauer Berg (vor der Wahlkreisreform), und dann lange noch ein Direktmandat in Pankow.



        Früher war Berlin zwischen Ost und West gespalten, inzwischen aber zwischen Innen und Außen. Und dann gibt es noch eine Differenz zwischen gentrifizierter und weniger gentrifizierter Innenstadt. Im Norden Neuköllns ist die Linke mittlerweile weit stärker als im Prenzlauer Berg.

  • Alte weiße Männer retten die LINKE. Was für eine Selbstironie für eine Partei, die sonst lautstark Diversitätsquoten bei der Kandidatenkür fordert...

  • Als erstes solltet ihr endlich mal eine wirklich linke Partei werden, anstatt gegenüber den Konservativen und Rechten oder den Antideutschen in opportunistischer Weise zu buckeln und zu kriechen. Dann klappt's auch wieder mit den Wahlergebnissen und ihr braucht auch keine Direktmandate mehr, um in der Bundestag zu kommen.

  • oje, wenns richtig ernst wird dann greift man also auf alte weiße Männer zurück. Als letzte Hoffunung. Was sagt uns das?

  • Gute Initiative - und so nebenbei auch ein Plädoyer gegen Altersdiskriminierung; und mit dem Begriff "Silberlocke" zeigt man auch einen gewissen Humor in alldem...!

  • Ich dachte, Direktkandidaturen und Listen sind das Ergebnis von Wahlen. In dieser Partei entscheiden das offenbar ein paar ältere Herren - merkwürdiges Verständnis von innerparteilicher Demokratie.

    • @Dietrich Schneider:

      "Direktkandidaturen und Listen sind das Ergebnis von Wahlen. In dieser Partei entscheiden das offenbar ein paar ältere Herren"



      In welcher Partei ist das grundsätzlich anders? Scholz ist Kanzerkanidat genau wie Merz, und das stand schon fest bevor sie wirklich gewählt wurden (gut, bei Scholz weiß man's nicht so genau). Baerbock wurde Kandidatin ohne Wahl. Lindner.



      Wahlen finden statt, _nachdem_ Grundvoraussetzungen ausgelotet und festgelegt wurden.

  • Eine sehr sympathische Idee.



    Natürlich geht es in der Politik um Inhalte.



    Bei Wahlen aber nicht um Details.



    Hier gilt es Köpfe zu präsentieren, die die erwarteten Inhalte präsentieren.



    Das Trio Silberlocke ist bekannt. Es ist sinnvoll, noch einmal mit diesem Bekanntheitsgrad zu punkten. Es wäre schön, wenn der Bundestag auch eine gute Idee aus dem Osten präsentiert.



    Schlechte alternativen sind statt dessen überflüssig.

  • Das ist nur ich bei dieser Bundestagswahl möglich aber der nächsten Wagl gilt die Grundmandatsklausel nicht mehr, im Gegenteil, Kanifaten einer Partei die die Fünf-Prozenthürde nicht erreicht haben werden trotz gewonnenen Wahlkreis nicht mehr in den Bundestag einziehen.

  • Auch wenn die PR-trächtige Aktion der drei sympathischen Silberlocken von Erfolg gekrönt sein sollte, vermag sie doch nicht die weiter bestehenden inhaltlichen Schwachstellen der Linken zu überblenden.



    Die Elefanten im Raum der öffentlichen Wahrnehmung sind a) die indifferente Haltung zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine und b) der parteiinterne Antisemitismus-Streit, in dessen Folge einige prominente Parteimitglieder die Linke verließen, weil der Eindruck entstanden war, man grenze sich nicht scharf genug von linkem und muslimischem Antisemitismus ab.



    Da ist es natürlich nicht leicht, einen differenzierten Standpunkt zu vertreten, wenn Springer-Presse und politischer Gegner im Hintergrund auf Fehler und Schwächen nur warten. Man kann aber auch nicht JEDES eigene Versagen auf die Bild-Kampagnen schieben.



    Und ich finde es ein wenig dürftig, wenn Dietmar Bartsch jetzt erleichtert darauf verweist, dass sich der Streit von der Linken zur SPD verlagert habe. Er muss im Februar erst mal seinen eigenen Wahlkreis gewinnen - so gut wie für die beiden anderen Silberlocken stehen die Chancen für ihn nämlich nicht.

    • @Abdurchdiemitte:

      Es ist nicht leicht, einen differenzierten Standpunkt zu vertreten, wenn die kritische Presse und politische Gegner im Hintergrund auf Fehler und Schwächen warten?

      Damit müssen auch CDU, Grüne, SPD, AfD und BSW klarkommen.

      So ist das politische Leben.

      Wer das nicht aushält, sollte nicht in eine Partei gehen.

      Außerdem wäre es inzwischen ja schön, wenn die Linke überhaupt mal einen Standpunkt hätte.

      Differenzierung muss nicht mal mehr sein.

      Da nützen auch Galeonsfiguren nichts.

  • Die Krise linker Politik betrifft nicht nur bei uns Die Linke. Insgesamt ist global der Trend zu autoritären Regierungen und seine Akzeptanz spürbar. Das zeigt sich auch am Erfolg des BSW, die einerseits alles Linke abgeworfen hat zugunsten einer neoleninistisch-autoritären Kaderpartei. Und sowas sitzt dann im nächsten Bundestag?!



    Schon deshalb ist es nicht egal, ob die Linkspartei in den neuen Bundestag einzieht. Sie ermöglicht Debatten und die Förderung und Finanzierung linker Projekte.



    Fazit: Es rettet uns kein höheres Wesen, keine Silberlocke, keine linke Lichtgestalt, nur das selbstständige Handeln.... in und ausserhalb des Parlaments. Also hören wir die Signale..



    .

    • @Philippe Ressing:

      Eine "neoleninistisch-autoritäre Kaderpartei" ist voll im linken Spektrum.

      Seit langem.

      Wir sollten die Signale nicht selektiv hören.

  • Sind die „alten weißen Männer“ am Ende doch zu etwas nützlich?



    Wo bleiben die Kritiker?

  • Jeder hat das Recht für sein Überleben zu kämpfen, auch die Linke. Ob man allerdings mit "Rentner" junge Wähler ansprechen kann steht auf einem anderen Blatt.

  • Ich wünsche es den dreien von Herzen, dass sie die Direktmandate gewinnen. Fiele die Linke aus dem nächsten Bundestag, könnte ich mich nicht mehr daran erfreuen, dass deren Positionen in diesem Land doch gründlich genug überwunden sind. Wer sich, wie das neue Spitzenquartett, am Tag nach dem Ampel-Aus unter dem Motto „nach der Ampel links“ vor die Kameras stellt und ernsthaft behauptet, die nun wohl nicht mehr kommende Abschaffung der kalten Progression sei eine Steuererleichterung für Reiche, der hat von abhängiger Beschäftigung zu normalen Facharbeiterlöhnen oder Angestelltengehältern offenkundig keine Ahnung.

  • Die alten weißen Männer als Retter der Linken.



    Ich muss mir etwas das Lachen verkneifen.

  • Sechs Fäuste für mehr Soziale Gerechtigkeit

  • Alte weiße Männer müssen die Linke retten.

  • Was ist mit der Wahlrechtsreform, da sollte diese 3 Mandatsklausel doch gekippt werden?

    • @Dr. Idiotas:

      Die Wahlrechtsreform wurde doch in Karlsruhe korrigiert. Die Grundmandatsklausel gilt weiterhin.

      Eigentlich möchte ich die Linkspartei schon wählen, aber ihre Einstellung zum Ukrainekrieg macht mir das unmöglich.