Krieg in Sudan: Die Menschen brauchen Schutz
Anders als für Menschen aus der Ukraine gibt es für Sudanesen keine Fluchtrouten. Dabei werden auch sie mit russischen Waffen getötet.
K ann der mörderische Krieg in Sudan schnell wieder enden? Die Aussichten darauf stehen schlecht, nach einer Woche schwerer Kämpfe mitten in der Hauptstadt Khartum. Eine Waffenruhe nach der anderen wird nicht eingehalten, die Raketen und Bomben fliegen weiter und treffen vor allem die Zivilbevölkerung.
Die internationale Reaktion darauf ist, soweit ersichtlich, von atemberaubender Naivität. Dass die Bundesregierung eine Evakuierungsaktion für bedrohte Landsleute startet und die Flugzeuge schon auf dem halben Weg nach Sudan sind, bevor in Berlin mal jemand merkt, dass man in Khartum gar nicht landen kann, ist schon einigermaßen erstaunlich.
Noch verheerender allerdings ist der offenkundige Mangel an politischen Konzepten. Die Kämpfe im Sudan brachen ziemlich genau zu dem Zeitpunkt aus, als Verteidigungsminister Boris Pistorius und Entwicklungsministerin Svenja Schulze zurück in Berlin landeten, nachdem sie gerade in Niger und Mali eine neue deutsche Sahelpolitik präsentiert hatten, die Sicherheit und Entwicklung zusammendenken soll.
Wenige Tage davor hatte der Nachbar Tschad den deutschen Botschafter hinausgeworfen, weil er den fristgemäßen Übergang zur zivilen Demokratie angemahnt hatte. Was heißt das denn nun im Falle von Tschads Nachbar Sudan, wo es weder Sicherheit noch Entwicklung gibt und auch keinen fristgemäßen Übergang zur zivilen Demokratie?
Bedrohte Sudanesen müssen aus eigener Kraft fliehen
Fairerweise ist anzumerken, dass es andernorts darauf auch keine Antwort gibt. Internationale Vertreter reden fast immer mit Sudans Generälen anstatt mit der Demokratiebewegung, die seit vier Jahren todesmutig für ein Ende der Militärherrschaft eintritt. Kein Wunder, dass sich die Generäle für die einzigen relevanten Akteure halten. Und dass von Demokratie keine Rede mehr ist.
Nun konzentriert sich alle Welt darauf, bedrohte Staatsbürger aus Khartum auszufliegen. Bedrohte Sudanesen müssen dableiben. Die fliegt niemand aus. Sie müssen aus eigener Kraft fliehen, und dann landen sie in Schlauchbooten im Mittelmeer und im Ärmelkanal.
Legale Fluchtrouten nach Europa gibt es für bedrohte Sudanesen, anders als für bedrohte Ukrainer, nicht. Dabei werden sie beide mit denselben russischen Waffen umgebracht. Die Anerkennungsquote für asylsuchende Sudanesen liegt laut UNHCR in Deutschland und Frankreich bei mageren 40 Prozent – in Großbritannien, das wichtigste Aufnahmeland in Europa, sind es 95 Prozent, es geht also auch anders.
Türe auf für bedrohte Menschen aus Sudan und endlich ein gesicherter Status für die vielen, die schon da sind – das wäre jetzt der richtige Schritt. Wenn man schon nichts für Frieden in Sudan tun kann – für Menschen kann man immer etwas tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel