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Krieg in NahostStreit um Angriff auf UNRWA-Schule

Wieviele Menschen und wer wurde beim israelischen Angriff auf eine Schule in Camp Nuseirat getroffen? Die USA und die EU fordern Aufklärung.

Die von Israel angegriffenen UN-Schule im palästinensischen Nuseirat am 6. Juni Foto: Saeed Jaras/Middle East Images/imago

Jerusalem taz | Soviel steht fest: In der Nacht zum Donnerstag hat das israelische Militär einen Luftangriff auf eine vom Palästinenserhilfswerk UNRWA betriebene Schule in Flüchtlingslager Nuseirat in Zentralgaza geflogen, die derzeit als temporäre Unterkunft für Geflüchtete des Gaza-Krieges dient. Sowohl das israelische Militär als auch der UNWRA-Leiter Philippe Lazzarini bestätigten den Angriff.

Doch wieviel Tote es gab und wer bei dem Angriff genau getroffen wurde, darüber gehen die Angaben – wie so oft im Krieg in Gaza – auseinander. Nach ersten Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa wurden 32 Menschen getötet und Dutzende verletzt, als ein israelisches Militärflugzeug die oberen Stockwerke der Schule angegriffen habe. Die Hamas spricht nach Angaben verschiedener Medien von mehr als 40 Toten. Nach palästinensischen Angaben seien unter den Toten viele Frauen und Kinder.

Das Sprecherbüro des israelischen Militärs erklärte hingegen: Man habe mit einem präzisen Luftschlag mindestens neun Militante der Hamas sowie des Palästinensischen Islamischen Dschihads getötet. Es veröffentlichte außerdem eine Liste mit den Namen der Kämpfer.

Sprecher Daniel Hagari erklärte: Es sei das fünfte Mal in einem Monat, dass man Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihads in UNRWA-Lokalitäten habe angreifen müssen.

Immer wieder wirft das israelische Militär militanten Gruppen vor, gezielt aus Schulen und Krankenhäusern heraus zu operieren. Im Krieg in Gaza gab es in solchen Einrichtungen immer wieder israelische Militäraktionen, bei denen unter anderem Hamas-Tunnel gefunden wurden.

Schulen werden auch als Notunterkünfte genutzt

Für die Zivilisten in Gaza sind sie hingegen wichtige Notunterkünfte, in denen außerdem – so die Überlegung – das Risiko eines Angriffs der israelischen Armee geringer sei. Über 1,5 Millionen Menschen sind in Gaza binnenvertrieben, suchen Schutz in Zelten, öffentlichen Gebäuden oder – wenn das israelische Militär sich aus einzelnen Gebieten wieder zurückzieht – wieder in ihren teils zerstörten Wohnhäusern.

Videos in den Sozialen Medien zeigen die Schule am Tag nach dem Angriff: Ein Abschnitt zerstörter Außenwand gibt den Blick frei auf die Räume im inneren. Andere Teile des Gebäudes scheinen intakt zu sein, im Innenhof liegt Schutt. Auf Bildern sind unter anderem Wäscheleinen und Teppiche der dort Untergekommenen zu sehen, sowie viele Kinder.

Die USA – engster Verbündeter Israels – kritisierten den Angriff und forderten eine vollständige Aufklärung des Vorgangs. Der Sprecher des US-Außenministeriums erklärte: Wenn Kinder ums Leben kämen, zeige das, „dass etwas falsch läuft“ – auch wenn Israel dabei eine Zahl an Extremisten tötete. Der EU-Außenpolitiker Josep Borrell forderte eine unabhängige Untersuchung des Luftschlags.

Am Freitag hat die israelische Armee laut der Nachrichtenagentur AFP erneut die Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Gazastreifen unter Beschuss genommen. Nach Angaben von Augenzeugen wurde Nuseirat aus der Luft und von Artillerie angegriffen. Laut der Agentur AP soll dabei auch der Bürgermeister des Flüchtlingslagers Nuseirat getötet worden sein.

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16 Kommentare

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  • IDF rettet 4 Geiseln lebend aus Gaza:

    Noa Argamani,



    Almog Meir Jan,



    Andrey Kozlov



    Shlomi Ziv

    Die Geiseln wurden nach 8 Monaten Gefangenschaft bei einer gewagten Operation im zentralen Gazastreifen unter intensivem Luftkampf lebend gerettet

    1.. Kriegsminister Benny Gantz sagt seine Abendansprache hinsichtlich einer möglichen Entscheidung ab, ob er seine Partei der Nationalen Einheit aus der Koalition zurückziehen wird.

    2.. Die Rettung der 4 Geiseln wurden heute von Truppen bei einer gewagten Operation im zentralen Gazastreifen lebend aus der Gefangenschaft der Hamas gerettet.

    Alle vier waren am 7. Oktober von Hamas-Terroristen beim Festival Supernova in der Nähe der südlichen Gemeinde Re’im entführt worden.

    Spezialeinheiten hatten gleichzeitig zwei Hamas-Standorte in Nuseirat im Zentrum von Gaza angegriffen.

    An einem Ort wurde Argamani gerettet, während sich Meir Jan, Kozlov und Ziv am zweiten Ort befanden.

    3.. Wo bleiben die Stellungnahmen der sogenannten Pro-Palästinenser hinsichtlich einer einseitigen Beendigung des Krieges durch Israel?

    • @zartbitter:

      Eine gute Nachricht!

  • Hallo, Hamas ist eine Terrororganisation, welcher Menschenleben, auch das der Palästinenser, egal ist. Deshalb Kinder, Kranke, ... als lebende Schutzschilde. Traurig, aber meiner Meinung nach wahr.

    • @Frank Burghart:

      Eine Distanzierung vom nahöstlichen wie auch vom nahwestlichen Terror sollte obligatorisch sein.

      Anders gesagt: Es muss für alles in dieser Welt derselbe menschen- und völkerrechtliche Maßstab gelten.

      Oder man kann die Sache mit der Kritik & Distanzierung gleich sein lassen.

  • Ich würde mir mal wünschen statt immer nur Spekulationen abzugeben, dass man vielleicht mal einen Experten für Völkerrecht/ Kriegsrecht befragt. Es gibt eindeutige Regeln im humanitären Völkerrecht was besonders geschützt werden muss, warum und wann es den Schutzstatus verliert. Ich finde es ehrlich gesagt erschütternd wie wenig Rechtsexperten in deutschen Medien seit Beginn des Krieges befragt werden, wie wenig überhaupt internationales Recht in Artikel und Analysen einfließt! Das schaffen Medien in anderen Ländern doch auch regelmäßig. Selbst Al Jazeera English schafft es bei rechtlichen Fragen immer Rechtsexperten zu befragen, regelmäßig sogar den Richter Sir Geoffrey Nice. Es wird sich ja wohl auch in Deutschland jemand finden lassen, den man fragt wie die Rechtslage ist. Fakt ist jedenfalls das der Chefankläger des IStGH Karim Khan bereits letztes Jahr gesagt hat, das für jeden Angriff auf zivile Gebäude, Schulen, Krankenhäuser etc Beweise von dem Angreifer vorgelegt werden müssen, dass die Einrichtungen militärisch genutzt wurden. Ob da eine Liste mit Namen reicht oder die bloße Anwesenheit von Hamasmitgliedern für einen Angriff kann sicherlich ein Experte beantworten.

    • @Momo Bar:

      Römisches Status Art 66 Unschuldsvermutung (2):

      „Die Beweislast für die Schuld des Angeklagten liegt beim Ankläger.“

      Art 67 Rechte des angeklagten (1) i:

      „es darf ihm weder eine Umkehr der Beweislast noch eine Widerlegungspflicht auferlegt werden.“

      www.un.org/depts/g...cht/roemstat1.html

      Es ist davon auszugehen, dass der Chefankläger des IstGH das Römische Statut, welches die Grundlage seiner Arbeit bildet, kennt.

      Er hatte also gelogen.

      Es mach die Anklage gegen Israel nicht gerade glaubhafter, wenn der Kläger lügt, und schon im Vorfeld versucht das Recht zu Lasten des Angeklagten zu verdrehen.

      Und Sie haben es mal wieder versäumt nachzuprüfen, und verbreiten (in diesem Fall wohl unwissentlich) Falschnachrichten.

      • @Socrates:

        "In relation to every dwelling house, in relation to any school, any hospital, any church, any mosque – those places are protected, unless the protective status has been lost. And I want to be equally clear that the burden of proving that the protective status is lost rests with those who fire the gun, the missile, or the rocket in question." www.icc-cpi.int/ne...lestine-and-israel

        • @Momo Bar:

          Was soll das? Wird denn die Behauptung wahr, wenn man sie nur oft genug wiederholt?

          Sie müssten das Argument, mir dem ich die Behauptung als Lüge entlarve widerlegen. Haben Sie irgendetwas vorzuweisen?

          Wäre es wirklich so wie er behauptet, dann bräuchte er nur jedes mal wenn ein Gebäude beschossen wurde Anklage zu erheben, und dem Angeklagten überlassen, seine Unschuld zu beweisen. Hat er nicht getan. Wahrscheinlich weil er bei Gaza kein einziges mal beweisen könnte, dass dort kein militärisches Ziel war. Auf den Beweis könnte man verzichten, wo offenkundig ist, dass keine militärischen Ziele in der Nähe waren, zum Beispiel beim Beschuss isr. Städte durch Pal. Nicht mal da erhebt er Anklage, und das hat schon ein Geschmäckle.

          Es ist Allgemeinwissen, dass in jedem rechtsstaatlichen Justizsystem die Unschuldsvermutung gilt und der Kläger trägt die Beweislast. Daher war mir gleich aufgefallen, dass Khan nicht die Wahrheit gesagt haben konnte, und habe nachgelesen. Warum ist es Ihnen nicht aufgefallen? Passt es Ihnen allzu sehr zum Feindbild? Würden Sie denn wollen, dass in dem Justizsystem dem Sie unterworfen sind, der Angeklagte die Beweislast tragen soll?

  • Kann das UNRWA unzweifelhaft ausschließen, dass die Israelis mit ihrem Vorwurf recht haben - und wenn nicht, warum nicht? Das ist die entscheidende Frage.

    • @vieldenker:

      Ist sie nicht, die Beweise müssen von Israel kommen.

    • @vieldenker:

      Die Beweislast, nach einem Angriff auf eine Schule. Bei wem sollte die wohl liegen? So ganz prinzipiell.

  • Israel wäre es sicher sehr viel lieber die Hamas würden sich dem Kampf direkt stellen. Leider zwingt die Hamas die Zivilisten dazu, ihnen als Schutzschild zu dienen.

  • Warum haben sich Hamas und andere Terroristen in den Schulen aufgehalten und diese militärisch genutzt? Der Palestinian Joint Operations Room, inklusive der von taz Leser*innen ab und an verteidigten PFLP, macht sich hier erneut Kriegsverbrechen schuldig.

    • @ToSten23:

      Warum nimmt das israelische Militär für ein paar Hamaskämpfer so viele zivile Opfer in Kauf?

    • @ToSten23:

      Woher bitte nehmen Sie angesichts der dürren und zudem zensierten (embedded) und sicherlich von beiden Konfliktparteien beeinflussten Nachrichtenlage die Gewissheit, daß es so ist, wie Sie es geschildert haben? Weil es aus einer PM der IDF stammt?

      Ich stelle fest, dass Sie seit Anmeldung im November 2023 tatsächlich apologetisch immer nur in eine Richtung argumentieren.

      • @EffeJoSiebenZwo:

        Tatsächlich sind Hamas nahe Quellen mit Videos aufgefallen, die von Open Source Intelligence Leuten auf die Orte überprüft worden sind. Die Videos zeigten Bewaffnete, die in einer, mutmaßlich dieser, Schule agiert haben.



        Natürlich ist nicht klar, wann dies war, aber ist ein gutes Indiz, dass Schulen auch von Hamas, PFLP, oder PIJ militärisch genutzt worden ist.

        Dementsprechend ist die IDF Aussage erstmal plausibel. Eine Untersuchung gibt es ja. Bisher habe ich bei Angriffen auf Kliniken regelmäßig Videobeweise gesehen, z.B. wie mit einem RPG von Klinik Gelände aus auf IDF Truppen geschossen worden ist.

        Nach dem Krieg werden alle Fälle aufgearbeitet werden müssen. Dass der Internationale Strafgerichtshof Hamas nicht schon vor 9 Jahren angeklagt hat zeigt seine Schwäche gegenüber der Hamas und PA.