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Konzernfusion auf dem WohnungsmarktWohnen bleibt Renditeobjekt

Kommentar von Gunnar Hinck

Die umstrittene Deutsche Wohnen geht im Immobilienkonzern Vonovia auf. Trotz einiger Kompromisse bleibt die Hauptmisere bestehen.

Protest in Berlin am 23. Mai 2021, für die Enteignung des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen und Co Foto: PM Cheung/AdoraPress

E s war eine nahezu perfekte Inszenierung. Zusammen mit Michael Müller, dem Regierenden SPD-Bürgermeister von Berlin, präsentierten die beiden Chefs der zwei Dax-Wohnungskonzerne Vonovia – größter Vermieter in der Bundesrepublik – und Deutsche Wohnen – zweitgrößter Vermieter – ihre Fusionspläne.

Vonovia will mit der besonders in Berlin umstrittenen Deutschen Wohnen zusammengehen. Damit entsteht ein Immobilienriese mit 550.000 Wohnungen. Von „gemeinsamen Interessen“ war die Rede (Müller); der Vonovia-Chef will den MieterInnen gar „die Angst nehmen“ und sprach selbstkritisch von Mietsteigerungen, die MieterInnen überfordert hätten.

Mit der Deutschen Wohnen wird ein Unternehmensname verschwinden, der zum Synomym für rein renditeorientierte Vermietung schlechthin geworden ist. Vonovia verfolgt als börsennotierter Konzern natürlich die gleichen Interessen – aber er ist kein Hassobjekt, wie es für viele MieterInnen und AktivistInnen die Deutsche Wohnen ist.

Vonovia hält seine Wohnungen eher in mittelgroßen Städten, die bislang nicht so stark von exorbitanten Mietsteigerungen betroffen sind wie Berlin oder München. Die beiden Dax-Konzerne wollen dem Land Berlin die Fusion unter anderem durch Mietbegrenzungen in den nächsten Jahren schmackhaft machen. Müller wiederum will der Berliner Enteignungsinitiative, die Wohnungen großer Unternehmen gegen Entschädigung in Gemeineigentum überführen will, den Wind aus den Segeln nehmen. Und die Deutsche Wohnen hat erkannt, dass sie ihr Imageproblem nicht mehr lösen kann.

Die Gesten an die MieterInnen ändern nichts daran, dass Wohnen in Ballungsräumen zu erträglichen Preisen in den vergangenen 20 Jahren in erster Linie kein soziales Anrecht mehr ist, sondern zu einem renditeorientierten Investitionsobjekt verkommen ist. Die Politik im Bund und in den Ländern trägt dafür eine zentrale Verantwortung: Sozialer Wohnungsbau ist immer mehr zurückgeschraubt worden.

Und Vonovia und Deutsche Wohnen sind nicht in Geheimlaboren böser KapitalistInnen entstanden, sondern das Ergebnis von Privatisierungsentscheidungen der Politik. Vonovia entstand einst durch die Übernahme der Wohnsiedlungen der ehemaligen staatlichen Bundesbahn, und die Deutsche Wohnen ist groß geworden durch den Verkauf einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in Berlin.

Nur zur Erinnerung: Zu den größten Aktio­nären beider Konzerne gehören der Vermögensverwalter Blackrock und der staatliche norwegische Ölfonds – weitere Großaktionäre sind Pensionsfonds und internationale Investmentgesellschaften. Deren Ziel ist langfristige Rendite und sonst nichts. Das Grundproblem, dass das massenhafte Aufkaufen von Mietwohnungen lukrativer ist als Investitionen in andere Branchen, bleibt. Es reicht nicht, nette Kompromissformeln mit Dax-Vorständen zu schließen.

Die Bundestagswahl ist eine gute Gelegenheit, für wirklich verbindliche Maßnahmen zu trommeln – wie etwa einen bundesweiten Mietendeckel.

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ist Redakteur im taz-Ressort Meinung.
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12 Kommentare

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  • ,,Vonovia verfolgt als börsennotierter Konzern natürlich die gleichen Interessen – aber er ist kein Hassobjekt, wie es für viele MieterInnen und AktivistInnen die Deutsche Wohnen ist.'' - in Osnabrück sieht man das sicher anders. Wie die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) in den vergangenen Jahren erfolgreich recherchierte und publizierte. Vonovia hat in OS alles getan, um ANGEBLICHE Modernisieurung als Vorwand für unverschämte und gemeine Abzocke zu verwenden.

  • taz: "Von „gemeinsamen Interessen“ war die Rede (Müller); der Vonovia-Chef will den MieterInnen gar „die Angst nehmen“ und sprach selbstkritisch von Mietsteigerungen, die MieterInnen überfordert hätten." - Da hat der Vonovia-Chef aber viel "Kreide gefressen" um solche Sätze von sich zu geben. Hoffentlich fällt Rotkäppchen (Bürger) nicht auf solche Sprüche des Wolfs (Vonovia) herein. Die Berliner Politik hat sich anscheinend schon vom Wolf "einseifen" lassen.

    taz: "Die Politik im Bund und in den Ländern trägt dafür eine zentrale Verantwortung: Sozialer Wohnungsbau ist immer mehr zurückgeschraubt worden." - Deshalb konnten sich solche Miethaie ja auch jahrelang ungehindert ausbreiten, weil die neoliberale Politik die Weichen dafür gestellt hat.

    taz: "Nur zur Erinnerung: Zu den größten Aktio­nären beider Konzerne gehören der Vermögensverwalter Blackrock und der staatliche norwegische ..." - Blackrock? Schau mal einer an, der Aktienexperte der CDU, Friedrich Merz, lässt also auch grüßen.

    **Vonovia: So profitiert der Konzern von der Wohnungsnot | heute-show** www.youtube.com/watch?v=AuPpZMXOVUA

  • Das Geschäftsmodell solcher Konzerne ist, aus der Miete mehr Rendite zu holen, als die Inflation gerade hergibt. Also auch mehr, als die Lohnsteigerungen gerade hergeben.

    Das ist in der aktuellen Wirtschaftslage höchst unsozial.

    Marketinggeschwätz hin, Marketinggeschwätz her.

    Ich bin bitter enttäuscht, dass Herr Müller und Frau Giffey auf so ein Dummschwatz hereinfallen. Für so naiv halte ich beide nicht.

    Gesellschaftlicher Gegendruck ist hier das einzige, das angemessen ist.

    Nein, ich will mir nicht die Angst nehmen lassen. Schon gar nicht die Wut. Sie sind wichtige Voraussetzungen für einen Wandel, der überfällig ist.

    • @tomás zerolo:

      Glauben sie wirklich, das hätte bei Frau Giffey und Herrn Müller damit zu tun, dass sie "hereingefallen sind".



      Naiv ist zu glauben, SPD Politik sei ein Gegenmodell zum rendite-/profitorientierten Wirtschaften.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Ziel ist langfristige Rendite und sonst nichts."



    Genauso ist es!

    Auch wenn momentan anscheinend mit Zuckerbrot gelockt wird, man wird es doppelt und dreifach bei den Konzernen wieder reinholen. Allein die Funktion bringt denen über 100 Mio € Kostenersparnis.

    Nadelstreifenanzug, Sektglas in de Hand und der Jaguar vor der Tür. Diese Leute kümmert es einen Scheiß, ob Mieter die 600 Euro Kaltmiete im Monat bezahlen können.



    Die schauen nur auf die Zahlen und lassen sich feieren, wenn die Rendite zum Vorjahr deutlich erhöht werden konnte.



    Solche moralisch fragwürdigen Typen sollten wir aussortieren, die gehören nicht in eine gut funktionierende Gesellschaft.

  • Wer Kapitalismus beim Wohnen nicht akzeptiert, landet früher oder später beim Plattenbau.

    • @Reinhard Roller:

      Besser im Plattenbau als auf der Straße

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Reinhard Roller:

      Oder man hat halt Kapitalismus mit Regeln und einer Stadt die temporär keine neuen Gewerbeflächen ausweist.

    • @Reinhard Roller:

      Wer Kapitalismus beim Wohnen akzeptiert, landet früher oder später bei Garagen, die - wie in London - als Wohnungen vermietet werden.

    • @Reinhard Roller:

      Was für eine fürchterbare Horrorvorstellung ...

  • Der Markt regelt die Mißstände eben nicht!



    Der Kapitalismus hat Regeln. Die Hauptregel ist, wer im Kapitalismus leben will, nicht nur existieren, der muss über Kapital verfügen. Kapital ist alles was dazu beiträgt am Markt zumindest nicht versklavt zu werden.

    Unternehmen müssen sich nach den Gesetzen des Kapitalismus richten. Tun sie es nicht, können sie nur ein Schattendasein fristen, oder gehen unter. Gefordert ist also die nicht korrupte Politik! Und Politik bedeutet die Führung eines Gemeinwesens, nicht die Führung eines Gewinn orientierten Unternehmens.

    Bleibt die Politik korrupt, verlieren die einfachen Leute Kapital und somit Marktmacht. Ohne das ihnen neues Kapital zugeführt wird, gerät das System bald aus der Balance. Gerade im Wohnungsmarkt fehlt der soziale Mietwohnungsbau.



    Das dem Markt zu überlassen bringt hochpreisige Wohnungen die den einfachen Bürgern nicht nützen, sondern Anlegern Renditen bescheren die sie derzeit am Kapitalmarkt nicht erhalten können.

    Es ist naiv und stellt auf eine gehörige Portion Heuchelei ab die Fusion dieser beiden Immobiliengiganten als Vorteil für den händeringend suchenden Mieter zu verkaufen. Sinnvoll wäre die Konzeption preiswerter Wohnungen oder Häuser als Eigentum, mit der Abzahlung über subventionierte Mieten zu kalkulieren um zu fördern, wie das in der Nachkriegszeit mal der Fall war. Der Staat muss den Menschen Kapital, also auch Wohneigentum zu führen. Das wird allerdings erfolgreich verhindert. Die Ansparprogramme schützen eher den hochpreisigen Mietwohnungsbau als Wohneigentum. Aber das ist ja fast mit Allem was der Staat unternimmt um Menschen in Abhängigkeit der Wirtschaft zu belassen. Man schützt die Kapitalanleger, nicht die Menschen!

    Da war man früher mal weiter.

    • @Thomas Rausch:

      Die EZB müsste nur den Leitzins deutlich anheben und schon wird der deutsche Immobilienmarkt wieder unattraktiv für die großen Anleger. Dauerhafte Niedrigzinsen führen zum derzeitigen Run auf Immobilien. Wenn wir nicht bis zum Platzen einer Blase warten wollen, müsste hier jetzt gegengesteuert werden. Das der Markt generell nur hochpreisige Wohnungen erstellt, ist so nicht ganz richtig. Bauen ist inzwischen in Deutschland aus verschiedenen Gründen fast doppelt so teuer als in vielen Nachbarländern. Ein Neubau deutlich unter 12€ kalt ist in deutschen Städten eigentlich nicht mehr umsetzbar selbst wenn sie die billigst mögliche Ausstattung nehmen. Die eigentliche Zielgruppe für die einfachste Ausstattung kann sich solche Mieten aber sowieso nicht leisten und die Mieter die 12€ + zahlen können, verlangen nach einigen Extras bei der Ausstattung. Die Bauträger verhalten sich also ganz rational wenn eher höherwertig gebaut wird. Ein Besserverdiener der in eine teure neue Wohnung zieht entlastet den Mietmarkt übrigens genauso wie ein Mieter einer billigen Wohnung. Es müsste jetzt ganz schnell das Baurecht in Deutschland zu größten Teilen entsorgt werden um die Entstehung günstiger Neubauten überhaupt erstmal zu ermöglichen. Ich sehe aber die Grünen mit Forderungen wie Solaranlagen aufs Dach bei jedem Neubau in den Wahlkampf ziehen. Das wird dann also eher nicht billiger werden. Alternative wäre den Leuten deutlich mehr Geld zur Verfügung zu stellen zum Beispiel über einen deutlich höheren Mindestlohn. Das ist allerdings noch unrealistischer als eine komplette Überarbeitung unseres Baurechts.