piwik no script img

Konflikt um Kupferabbau in PeruBergbau unter Ausnahmezustand

Im Süden Perus regt sich Widerstand gegen die größte Kupfermine des Landes. Die Regierung versucht, den Protest im Keim zu ersticken.

Um dieses wertvolle Exportprodukt geht es: Kupfer Foto: reuters

Lima taz | Germán Salcedo lässt sich den Mund nicht verbieten. In einem Anfang August auf Facebook veröffentlichten Video kritisiert der Präsident der „Front zur Verteidigung von Velille“ sowohl die Nationalregierung als auch die Betreiber der größten Kupfermine Perus. Die heißt Las Bambas, liegt oberhalb der Kleinstadt Challhuahuacha im Süden Perus und produziert jeden Tag rund dreihundert Lkw-Ladungen Kupferkonzentrat. Das wird auf dem Weg zum Ausfuhrhafen Matarania durch den Distrikt Velille gekarrt, und Germán Salcedo kritisiert, dass sich weder der Betreiber MMG (Minerals and Metal Group) noch die Regierung Gedanken gemacht haben, was das für die lokale Bevölkerung bedeutet.

„Erschütterungen, Staub und Lärmbelastung sorgen für Stress bei der lokalen Bevölkerung aber auch bei Flora und Fauna. Die Agrarerträge gehen zurück“, bestätigt César Flores, der für die Entwicklungsorganisation „CooperAcción“ arbeitet. Diese unterhält ein Büro in Challhuahuacha und beobachtet die Konflikte rund um die im Dezember 2015 eröffnete Mine. „Ursprünglich sollte eine Pipeline das Kupferkonzentrat zur Weiterverarbeitung wegschaffen. Doch die Pläne wurden ohne die Konsultation der überwiegend indigenen Bevölkerung der Region geändert und der Transport auf die Straße verlegt“, so Flores.

Die Straße ist aber nicht mehr als eine teilweise lehmige und überaus staubige Piste. Der Ausbau der Kupfertrasse zu einer asphaltierten Schnellstraße ist zwar mehrfach zugesagt worden, lässt aber auf sich warten. Für die lokale Bevölkerung, die teilweise direkt an der Trasse lebt, eine echte Belastung.

Dagegen sind die Menschen der Gemeinde Velille, aber auch anderer Distrikte mehrfach auf die Straße gegangen. Sie blockierten die Durchfahrt, woraufhin die Polizei mit Sondereinheiten aufmarschierte und die Präsenz in der Region erhöhte – nicht nur in Challhuahuacha, wo die Einheiten direkt auf dem Gelände der Mine Las Bambas stationiert sind und zumindest teilweise vom Betreiber bezahlt werden, sondern auch an strategischen Punkten wie in Velille.

Peru ist zweitgrößter Kupferexporteur

Mit der Mine Antepaccay des Schweizer Betreiber Glencore und der Mine Constancia des kanadischen Hudbay-Konzerns sind noch zwei weitere große Minen in der Region aktiv. Als die Proteste nicht abreißen wollten, verhängte die Nationalregierung in Lima im Januar 2018 den Ausnahmezustand über die gesamte Kupfertrasse. Diese ist 482 Kilometer lang, schlängelt sich von der Provinz Cusco über die Provinz Apurimac bis Arequia und von dort zum Pazifikhafen Matarania. Hier wird das Kupferkonzentrat verladen und unter anderem nach Europa verschifft. Einer der Abnehmer ist die größte Kupferraffinerie Europas, die in Hamburg ansässige Aurubis.

Das deutsche Unternehmen profitiert davon, dass die Regierung in Lima alles tut, um die Kupferexporte nicht zu gefährden. Im vergangenen Jahr wurden 2,5 Millionen Tonnen Kupfer im Wert von 13,773 Milliarden US-Dollar exportiert, womit Peru hinter Chile auf Rang zwei der kupferexportierenden Ländern rangiert. Mit dem rötlich-gelben Metall werden 51 Prozent der Bergbau- und 31 Prozent der Gesamtexporte Perus generiert. Deutschland gehört nach China, Japan und Südkorea zu den wichtigsten Importeuren. Deren Kupferhunger wird weitersteigen, prognostiziert Carlos Monge vom in Lima ansässigen Natural Resource Governance Institute. „Für Elektroautos, Batterien und im regenerativen Energiesektor wird mehr Kupfer benötigt. Peru will die Förderkapazitäten mittelfristig verdoppeln.“

Rund 60 Milliarden US-Dollar sollen in den kommenden Jahren in neue Bergbauprojekte investiert werden. Davon sollen 40 Milliarden auf den Kupfersektor entfallen. Doch die Widerstände nehmen landesweit zu, und in den letzten zwölf Monaten hat die Regierung immer häufiger versucht, die Proteste mit dem Instrument des Ausnahmezustands im Keim zu ersticken. „Ein Skandal, zutiefst undemokratisch und sehr kurzsichtig“, kritisieren Flores und Monge übereinstimmend. Zudem sei dieses Vorgehen weder mit dem EU-Freihandelsvertrag mit Peru noch mit der deutsch-peruanischen Rohstoffpartnerschaft vereinbar“, so Monge.

Das wissen auch die Importeure von Aurubis. Die setzten auf den bilateralen Dialog im Kontext der deutsch-peruanischen Rohstoffpartnerschaft, so Aurubis-Pressesprecher Malte Blombach. In dem Abkommen werde explizit auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verwiesen und die Umsetzung von internationalen Umwelt- und Sozialstandards als ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit definiert, so Blombach.

Die deutsche Seite der bilateralen Regierungsarbeitsgruppe zur Gestaltung der Rohstoffpartnerschaft setze dabei vor allem auf Diplomatie, so Jan Patrick Häntsche von der deutsch-peruanischen Handelskammer in Lima. Allerdings hat sich besagte Arbeitsgruppe erst einmal getroffen – im Februar 2016. Das nächste Treffen ist für den 10. Oktober 2018 in Hamburg geplant. Ob die Verhängung des Ausnahmezustands dort ein Thema sein wird, bleibt abzuwarten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Hier wäre es Besser, das konzentrat direkt vor Ort zu affinieren.



    Dies würde lokal die Wertschöpfung ehöhen, Arbeitsplätze schaffen. Der Transport der dann fertigen kupferbarren wäre auch mit weniger Belästigung der Einwohner verbunden.



    Win-win



    Kupfer ist zu wichtig für die energiewende. Hier darf die atomlobby nicht siegen