piwik no script img

Kommunalwahlen in Nordrhein-WestfalenGrünes Selbstbewusstsein

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Bei den Stichwahlen in NRW haben sich die Grünen jeglicher Lagerlogik entzogen – mit Erfolg. Die Zeit der Juniorpartnerschaft ist vorbei.

Zwei grüne Wahlsiegerinnen: die Bonnerin Katja Dörner (l.) und die Aachenerin Sibylle Keupen (r.) Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

N och ist Nordrhein-Westfalen nicht Baden-Württemberg, aber mit den Stichwahlen am Sonntag hat sich das politische Farbenspiel im Westen der Republik dem im Süden stark angenähert.

Schon bei den Kommunalwahlen vor zwei Wochen hatten sich die Kräfteverhältnisse deutlich zugunsten der Grünen verschoben, die an etlichen Orten zur stärksten oder zweitstärksten Partei aufgestiegen sind. Nun haben sie auch die ersten Großstadtrathäuser erobert: Aachen, Bonn und Wuppertal werden künftig eine grüne Spitze haben.

Hinzuzählen lässt sich Köln, wo die Parteilose Henriette Reker sehr genau weiß, welcher Partei sie zuvorderst ihre Wiederwahl verdankt. Bemerkenswert an den grünen Erfolgen ist, dass sie sich nicht in ein schlichtes Schema einordnen lassen. Sie taugen als Argumentationshilfe weder für Fans von Schwarz-Grün noch von Rot-Rot-Grün.

Zwar resultiert in Wuppertal der Sieg von Uwe Schneidewind gegen den sozialdemokratischen Amtsinhaber maßgeblich aus der Mithilfe der CDU. Aber dafür verdankt sich in Bonn der Sieg Katja Dörners über den bisherigen christdemokratischen Rathauschef entscheidend der Wahlaufrufe von SPD und Linkspartei zu ihren Gunsten.

Die Grünen haben sich mit großem Selbstbewusstsein konsequent jeglicher Lagerlogik entzogen. Während sie sich für ihre eigenen Kandidaturen geschmeidig die Unterstützung mal der einen, mal der anderen organisierten, verweigerten sie selbst vielerorts Wahlempfehlungen.

Bitter war das vor allem für die SPD, die anderes erwartet hatte – ohne dafür etwas bieten zu wollen. Mit dem Verlust der Rathäuser in Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr hat sie einen hohen Preis dafür zahlen müssen, immer noch nicht begriffen zu haben, dass es grünen Beistand nicht mehr zum Nulltarif gibt.

Dass es ohne Support der Grünen selbst in Dortmund, der einstigen „Herzkammer der Sozialdemokratie“, für den SPD-Kandidaten nur noch knapp gereicht hat, dokumentiert, wie fatal die immer noch vorhandene sozialdemokratische Selbstgerechtigkeit an Rhein und Ruhr ist. Die Zeiten grüner Juniorpartnerschaft sind vorbei.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Nun liefern! Auto-Privilegien sofort weg!