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Kommentar gefährlicher HundChico muss sterben

Andrea Maestro
Kommentar von Andrea Maestro

Am Tod des Hundes Chico führt kein Weg vorbei. Denn niemand weiß, warum er zubiss, und niemand kann ausschließen, dass er es wieder tut.

Entscheiden über Chicos Schicksal: Veterinärmedizinerin Christiane Mehl und Ordnungsdezernent Axel von der Ohe Foto: dpa

C hico muss sterben. Daran führt kein Weg vorbei. Der Staffordshire-Mischling hat zwei Menschen tot gebissen. Nicht irgendwelche Fremden, die er nachts im Park als Bedrohung empfunden hat, sondern seine Bezugspersonen. Die Ursache ist vollkommen unklar. Und weil niemand sagen kann, was den Hund getriggert hat, kann auch niemand ausschließen, dass Chico wieder zubeißt.

Es ist beeindruckend, wie effektiv Tierschützer mobilisieren. Fast 250.000 Menschen haben dafür unterschrieben, dass der Hund leben darf. Die Unterzeichner verklären jedoch das Bild des Hundes, „der nicht viel Sonne in seinem Leben sah“. „Chico verdient es, endlich zu leben! Und geliebt zu werden“, heißt es in der Petition.

Bei all dieser Hundeliebe verlieren die Initiatoren zwei Dinge aus dem Blick: Die tatsächliche Gefährlichkeit des Hundes – und die Opfer. Es schwingt vielmehr ein „selber Schuld“ mit, wenn die Tierschützer darauf hinweisen, dass das Problem „am anderen Ende der Leine“ liege.

Da ist sicher etwas Wahres dran. Kein Hund ist von Natur aus aggressiv. In den USA etwa gelten Staffordshire Terrier als geeignete Familienhunde. Auch bei Chico ist das Problem wohl hausgemacht. Die Frau im Rollstuhl und ihr kranker Sohn waren mit dem Tier offenbar überfordert.

Aber anstatt zu fordern, dass solche Halter besser unterstützt werden oder deutschlandweit ein Sachkundenachweis für alle Hundehalter eingeführt wird, wollen die Petitionisten nur einen Hund retten, von dem auch auf einem Gnadenhof niemand sagen kann, ob er nicht irgendwann aus dem Nichts einen ehrenamtlichen Tierpfleger angreift.

Das ist fahrlässig. Bei aggressiven Tieren gilt zuerst der Schutz der Menschen in ihrer Umgebung. Und selbst wenn man die Argumentation der Tierschützer versteht, die es ungerecht finden, dass dieser Hund nie eine Chance bekommen hat, ein netter Familienhund zu werden, gibt es zu seinem Tod keine Alternative. Denn selbst mit intensiver Verhaltenstherapie ist es unwahrscheinlich, dass Chico je ein so netter Hund wird, wie der, den die Unterzeichner in ihm sehen wollen.

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Andrea Maestro
Redaktionsleiterin taz.nord
War bis Dezember 2022 Redaktionsleiterin der taz nord. Davor Niedersachsen Korrespondentin der taz. Schwerpunkte sind Themen wie Asyl und Integration, Landwirtschaft und Tierschutz.
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19 Kommentare

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  • Wenn sich die petitionsbefürworter gleich noch bereit erklären, zukünftige Schäden und Hinterbliebenenrenten solidarisch zu tragen, damit chico leben kann, macht es Sinn, sonst ist es nur dämlich.

     

    Aber für etwas zu sein ist immer einfach, wenn es nix kostet und keine Verantwortung bedeutet, nicht wahr?

     

    Aber bestimmt wurde bereits ein fond gegründet, der von 250.000 Menschen mit jeweils mindestens 10€ gefüllt wurde, oder?

     

    Hahaha.

  • Einfaches Problem, einfache Lösung:

    Wer darf schon Bären oder Tiger halten? Zu gefährlich.

    Ich vergaß, dass gleiche Problem wie mit den Autos, SUVs ...

  • Ja genau ! Nur weg mit dem Köter! !!

    Genauso wie: Weg mit Autos! - denn die werden benutzt Menschen zu töten!

    Also ab Morgen Totales Autoverbot!!!

     

    Das ist eine ähnliche Schlussfolgerung - übertragen auf ein anderes Thema !

     

    Der Hund hat die Chance verdient in sachkundige Hände zu kommen, die wissen was sie tun.

    Er wurde von Menschen "versehentlich" kaputt gemacht - er kann keine Schuld haben denn dazu ist ein Tier nicht fähig, das schafft nur der Mensch.

  • Reichlich konservativer Unterton in diesem Artikel. Alternativlos, den Hund zu töten? Nicht mal Tierheim sicher genug? Killerhunde on the run?

    • @kditd:

      Und im Tierheim arbeiten ja keine Menschen, das wird von Heinzelmännchen geführt...

  • Das ist eine sehr einseitige Betrachtungsweise. Nein: die Tötung des Hundes ist nicht alternativlos. Zunächst sollten die Hintergründe dieses schlimmen Vorfalls ermittelt und der Hund begutachtet werden. Und, nein: nicht alle UnterzeichnerInnen der Petition gehen davon aus, dass Chico ein lieber Familienhund sei oder werden kann. Und zur "Schuldfrage" empfehle ich diesen Beitrag: https://www.facebook.com/DOGnews.dieSeite/posts/1631765250253396

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Sabine Berninger:

      Dann nehmen Sie ihn doch auf.

  • Else muss sterben. Daran führt kein Weg vorbei. Die Kuh hat 20 Menschen Appetit gemacht. Nicht irgendwelchen Fremden, die sie tagsüber als Bedrohung empfunden hat, sondern irgendwelchen Fremden, die sie nie zu Gesicht bekam. Die Ursache ist vollkommen klar. Und weil man weiß, was die 20 Menschen getriggert hat, kann auch niemand ausschließen, dass diese Menschen nach Elses Tod erneut nach leckeren Kühen gucken.

  • Tierschützer sind eine Minderheit. Die Menschen lassen sich die abartigsten Dinge einfallen, um Tieren das Leben zur Hölle zu machen. Beim Hund ist es so, dass er i.d.R. das widerspiegelt, was am Ende der Leine ist. wie der Herr, so’s Ge·scherr.

    Wenn hier (s.u.) behauptet wird, dass Tierschützer GROSSE Menschenfeinde sind, dann würde ich vermuten, dass das die Philosophie eines Metzgers ist. Und wenn dann Mitleid ausbricht mit einem Stierkämpfer, dessen Job es ist einem Stier Schmerzen zuzufügen, um ihn anschließend biblikumswirksam zu killen, dann lässt das die Grausamkeit und Ideologie erahnen, zu denen Menschen fähig sind. Und das erklärt auch, warum es Menschen gibt, die in ihrer Schlichtheit behaupten, dass TIERSCHÜTZER oft GROSSE MENSCHENFEINDE sind.

  • Was dagegen oder dafür spräche, den potentiell möglicherweise gefährlichen Hund einzuschläfern, sollte durchaus diskutiert werden - aber der Whataboutismus in Sachen "Sachkundenachweis"... erbärmlich - und ein Schlag in's Gesicht für jeden der Millionen luxussteuerzahlenden "ordentlichen" Tier-/Hundehalter, die ihr in Sippenhaft nehmen wollt.

     

    Kommentar gekürzt. Bitte vermeiden Sie Unterstellungen.

    Die Moderation

  • Hm. Wenn ich nicht irre, wird (unter anderem) mit dieser Argumentation in den USA bis heute die Todesstrafe für Menschen begründet, die nach Ansicht von (vielfach weißen) Gerichten gemordet haben oder nach Ansicht von (vielfach weißen) Polizisten demnächst morden werde.

     

    Dabei kann man doch sprechen mit Menschen. Man könnte also – sofern man ihr Vertrauen genießt – ihre „Triggerpunkte“ erfragen und entsprechend vorsorgen. Man könnte sie sogar – mit ihrer Zustimmung – erfolgreich therapieren. Aber Gewissheit gibt es auch in ihrem Fall nie. Menschen können schließlich lügen. Selbst dann, wenn man sie (nach eigener Ansicht) immer gut behandelt hat.

     

    Hunde können das nicht. Hier wird die Angst der Menschen nicht mit einer Fähigkeit begründet, sondern mit einer Unfähigkeit. Was aber offenbar keinen Unterschied macht in Bezug auf die nachfolgende Reaktion. Fähigkeit oder Unfähigkeit? Meine oder deine? Alles egal. Ultima ratio: Exitus. Natürlich des jeweils Anderen. Erst schießen. Dann fragen.

     

    Übrigens: Ich finde es bemerkenswert, dass US-Amerikaner mehrheitlich zwar nicht an die Fähigkeit der US-Gesellschaft zur Resozialisation verurteilter Mörder glauben, an die Familientauglichkeit speziell gezüchteter Kampfhunde allerdings schon. Nur an die Resozialisation von Leuten, die beim Morden eine Uniform getragen haben, glauben sie noch fester. Was für ein Menschenbild!

  • Man darf gespannt sein auf die Kommentare, die noch kommen - ich rechne mit einem ordentlichen Shistorm.

     

    Und ja, mir tut das Tier auch leid. Die Menschen, welchen er noch Schaden zufügen könnte, aber noch mehr.

  • Komisch, dass sich diese Menschen nicht zur Rettung der "richtigen" Natur aufraffen wollen. Da denken sie alle, sie verstehen Hunde, aber das Hundefutter kommt aus dem Tier-KZ. Das wiederum die "richtige" Natur zerstört. So führt eins zum anderen, ich werde es nie verstehen.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Tierschützer sind leider oft große Menschenfeinde. Mir kommt in den Sinn, wie es in den sozialen Medien bejubelt wurde, dass ein Stierkämpfer von einem Stier verletzt wurde. Die Fantasien, um wieviel schlimmer es für den Menschen im Sinne der Tierschützer hätte ausgehen sollen, kannten keine Grenzen und klangen nach den Praktiken der mexikanischen Drogenkartelle.

    • 4G
      43879 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      Wieso bin ich Menschenfeind, wenn ich mich für jeden Stier freue, der über die systematische Tierquälerei in den Arenen triumphiert und die Leitfigur dieser Tierquälerei, den eitlen Fatzke im Goldkostüm, auf die Hörner nimmt?

       

      Heißt es StierKAMPF (würde bedeuten: auch der Stier kann gewinnen) oder StierMORD (das ist es leider in 99,x% der Fälle)?

       

      Sind Sie auch der biblischen Ansicht, dass der Mensch sich die Erde inklusive Fauna und Flora untertan machen solle; muss sich also jedes Tier jedem noch so widerwärtigen Tierquäler widerstandslos ergeben bzw. hat jeder noch so erbärmliche Tierquäler Mitleid "verdient", wenn er ausnahmsweise mal den Kürzeren zieht?

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @43879 (Profil gelöscht):

        Der Stier hat Mitleid verdient und der Mensch hat Mitleid verdient. Müsste ich mich für einen von beiden entscheiden, lehrt mich mein Instikt, meine Erziehung und meine Menschlichkeit, mich für den Menschen zu entscheiden.

         

        Im übrigen bin ich keiner biblischen Ansicht, ich glaube nicht an Gott.

         

        Und ihr aufgedrehtes Posting bestätigt nur meine Meinung über Tierschützer. Geifernd, moralisch, inhuman.

        • 4G
          43879 (Profil gelöscht)
          @88181 (Profil gelöscht):

          Ich nehme zur Kenntnis, dass Ihnen (wie vermutet) in Sachen Stierkampf die körperliche Unversehrtheit der den Stier ausschließlich zum Spaß quälenden Torreros und Picadores wichtiger ist als das Leben des Stieres.

           

          Was ich nicht verstehe ist, wieso ich ein inhumaner Geiferer sein soll - im Gegensatz zu Ihnen, der Leute mit Ihnen nicht genehmen Meinungen völlig grundlos als geifernd und inhuman abkanzelt, habe ich auf Ihren Post geantwortet, ohne Sie zu beleidigen oder sonstwie herabzuwürdigen.

           

          Wer also ist hier der Geiferer?

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @43879 (Profil gelöscht):

            Sie haben recht, ich nehme den Geiferer zurück.

             

            Ich bin kein Anhänger des Stierkampfes, mir ging es lediglich um die Reaktionen in den sozialen Medien auf diese Sache.

             

            Da wurde dann tatsächlich gegeifert und die Gewalt- und Verletzungsfantasien der Schreiber und Schreiberinnen waren von einer Menschenverachtung, wie man sie eher im rechten Milieu vermutet.

             

            Mir sind solche Leute einfach fremd und zutiefst unsympathisch. Und das sind ja keine Einzelfälle. Ich erinnere an die schreckliche PETA-Kampagne mit dem Holocaustvergleich.

             

            Für mich steht so jemand meilenweit außerhalb jedes demokratischen Diskurses. Das ist für mich ein NoGo.

             

            Und ja, ich finde Tierleiden schlimm und nein, ich kaufe kein Fleisch beim Discounter. Aber ich finde selten soviel Fanatismus und Gnadenlosigkeit wie bei Tierschützern.

             

            Und jetzt können Sie mit ihren ganzen Schlachthofgeschichten anrücken.

            • @88181 (Profil gelöscht):

              Gut gebrüllt, Löwe und Ihren Standpunkt sachlich dargelegt.

              Leider wird Herr Kuba das nicht verstehen, aber das liegt nicht an Ihnen