Kommentar US-Engagement im Irak: Völkermord muss verhindert werden
Der Einsatz der US-Luftwaffe verdient Unterstützung. Hilfe für die Verfolgten ist jetzt notwendig, unabhängig davon, ob die USA noch andere Interesse verfolgen.
D ie USA bomben wieder im Irak: Zwangsläufig kommen da Erinnerungen hoch an den letzten Krieg unter Präsident George W. Bush, der mit lügnerischen Behauptungen über den Besitz von Massenvernichtungswaffen von Diktator Saddam Hussein seinen Waffengang begründete. Dieser Einsatz beendete zwar die Karriere dieses blutigen Herrschers, doch er führte das Land auch in einen Bürgerkrieg und zur Destabilisierung eines Staates und einer Region. Zur Nachahmung nicht empfohlen.
Die US-Luftwaffe ist weder die Heilsarmee noch das Internationale Rote Kreuz. Sie fliegt und kämpft für die Interessen der letzten Supermacht – dies vorausgeschickt. Dennoch verdient ihr Einsatz im Irak unsere Unterstützung. Schließlich geht es darum, Zehntausende Menschen vor dem Zugriff durch islamistische Terroristen zu schützen und diese Flüchtlinge vor dem Hungertod zu bewahren.
Und dazu zählen eben nicht nur Kampfeinsätze, sondern auch der Abwurf von Lebensmitteln für die bedrängten Menschen. US-Präsident Obama behauptet – anders als weiland George W. Bush – weder, damit den Krieg beenden zu wollen, noch eine politische Lösung des Konflikts herbeiführen zu können. Das ist nur den lokalen Machthabern möglich.
Vor 20 Jahren starben Hunderttausende Menschen beim Völkermord in Ruanda. Sie starben auch deswegen, weil die internationale Staatengemeinschaft die Hände in den Schoß legte und diesen Genozid ohne einzugreifen geschehen ließ. Die Gefahr, dass sich eine ähnliche Entwicklung wiederholt, ist zu groß, um als Vertreter der reinen Lehre auf Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats und auf eine internationale Eingreiftruppe zu warten. Hilfe ist jetzt nötig, nicht in drei Wochen. Es mag sein, dass die USA auch mit ganz anderen, unlauteren Motiven vorgehen. Doch das macht den Einsatz nicht weniger notwendig.
Eine ganz andere Frage ist es, ob dieser militärische Eingriff nicht, wie in vielen Fällen zuvor, aus dem Ruder läuft. Wir wissen heute nicht, welche Konsequenzen daraus folgen werden. Wenn es schlecht läuft, verwickeln sich die USA gerade wieder in einen Krieg, den sie nicht gewinnen können, und der Hass und Mord zwischen den religiösen und ethnischen Gruppen im Irak wird noch weiter angestachelt. Aber dieses Risiko muss in Kauf genommen werden: für nichts Geringeres, als einen Völkermord an den Jesiden zu verhindern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier