Glaubensgemeinschaft Jesiden: Monotheisten und Engelsverehrer
Die Jesiden glauben an einen Gott und verehren sieben Engel. Von Anhängern anderer Religionen werden sie oft als „Teufelsanbeter“ diffamiert.
BERLIN taz | Die kurdischen Jesiden sind Anhänger einer monotheistischen Glaubensgemeinschaft, die bis in altorientalische Zeiten zurückreicht. Sie enthält Elemente anderer Religionen wie der Zoroastrier, Juden, Christen und Muslime.
Jesiden sprechen mit Außenstehenden nicht gern über ihre Religion. Man wird in den Glauben hineingeboren und darf nicht konvertieren. Dies führt häufig zu Missverständnissen über die Lehre und zum Vorwurf, Jesiden seien „Teufelsanbeter“. Daher blickt die Gemeinschaft auf eine lange Geschichte der Verfolgung und des Exils zurück. Weltweit gibt es schätzungsweise 600.000 Jesiden. Ursprünglich lebten sie im Nordwesten des Irak und Syriens sowie in der Türkei.
Kleinere Gemeinschaften leben auch im Kaukasus. Auf der Flucht vor Verfolgung haben sich viele Jesiden in Europa niedergelassen, die meisten in Deutschland.
Traditionell glauben die Jesiden an einen Gott und verehren sieben Engel. Der wichtigste ist Malak Taus, der Pfauenengel. Dieser wird im Christentum und im Islam als „gefallener Engel“ oder Teufel angesehen, weil er sich nicht vor Adam verbeugen wollte. Den Jesiden zufolge bestand der Engel mit seinem Verhalten eine Prüfung seines Glaubens und seines Bekenntnisses zu Gott.
Die „Anbeter Gottes“
Auch der Name erregt Anstoß, beispielsweise bei den Anhängern der Gruppe, die sich Islamischer Staat (IS, ehemals Isis) nennt. Sie führen den Begriff „Jesiden“ auf den unbeliebten Kalifen Jesid Bin Muawija zurück. Neuere Forschungen gehen jedoch davon aus, dass sich der Name Jesiden von dem persischen Wort „ised“ ableitet, das Engel oder Gottheit bedeutet, wie etwa die britische BBC auf ihrer Website berichtet. „Isiden“ sind also „Anbeter Gottes“ – so, wie sich auch die Jesiden selbst beschreiben. Die jesidische Gesellschaft kennt Priester und Laien, Fastentage, Tieropfer, Beschneidung und eine jährliche Pilgerfahrt zu einem Grab nördlich von Mossul.
Jesiden ist es verboten, außerhalb der Gemeinschaft zu heiraten oder einen anderen Glauben anzunehmen. In diesem Zusammenhang gibt es einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge auch Fälle sogenannter Ehrenmorde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe