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Kommentar UN-KlimaberichtJa, Panik ist gut für's Klima

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Dem Weltklimarat Alarmismus vorzuwerfen ist so dumm wie durchsichtig: Der derzeitige Bericht versteckt die Dramatik des Klimawandels.

Lieber nicht allzu blauäugig sein: Protestierende vor dem IPCC-Treffen Bild: ap

G roß war die Aufregung, als letzte Woche der britische Ökonom Richard Tol seine Mitarbeit am zweiten Teil des UN-Klimaberichts kündigte. Tol wehrte sich dagegen, dass seine These aus dem Text gekippt wurde: Die Folgen des Klimawandels seien beherrschbar, wenn man sich nur rechtzeitig und clever darauf einstellt.

Diese Meinung hätte dem Bericht durchaus nicht geschadet. Aber was folgte, war der übliche und wie üblich falsche Vorwurf an den Klimarat: Alarmismus.

Das ist so dumm wie durchsichtig. Denn wenn man den jetzt veröffentlichten Bericht des IPCC liest, wird die Dramatik des Klimawandels durch die Wissenschaftssprache und nach dem Waschgang der Regierungsvertreter sehr gut versteckt. Wer nicht als Experte zwischen den Zeilen lesen kann, könnte sich vorschnell beruhigt zurücklehnen: Alles nicht so schlimm. Oder zumindest schwer zu verstehen.

Tatsächlich haben die IPCC-Berichte viel von ihrem schrillen Alarmton verloren. Denn die Forscher wissen jetzt mehr, und das Thema wird immer komplexer. Viele sind aber auch für ihre Warnungen von der Lobby der Klimaskeptiker so gegrillt worden, dass sie sich lieber hinter unangreifbaren Daten verschanzen.

Die Kritik am IPCC ist also berechtigt: Seine Berichte könnten exakter sein. Aber die Sirenen sollten nicht leiser, sondern lauter klingen. In der Vergangenheit hat das Expertengremium die Lage immer wieder falsch eingeschätzt – und zwar zu rosig: Der weltweite Anstieg des Meeresspiegels und das Schmelzen der Eismassen an den Polen wurde unterschätzt, und die Modelle rechneten permanent mit weniger Emissionen, als es sie wirklich gibt.

Der Klimawandel geht nicht weg, wenn man die Augen zumacht. Im Gegenteil: Er kommt schneller, härter und lauter, als alle dachten. Die Feuerwehr zu rufen, wenn es brennt, ist kein Alarmismus, sondern gesunder Menschenverstand.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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18 Kommentare

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  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Klimarat: Alarmismus."

     

    - Aktionismus in Kampagnendenken, für alles den systemrationalen ISMUS!

     

    Ist doch LOGISCH, denn wie die "Treuhänder" der Demokratien durch Kreuzchen auf dem Blankoscheck, sind die wissenschaftlichen und institutionellen "Experten" im Sinne der gepflegten Bewußtseinsschwäche (Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein") auch zu Suppenkaspermentalität GEBILDET, weshalb sie diese Welt- und "Werteordnung" selbstverständlich-ebenso nicht in Richtung wirklich-wahrhaftiger Vernunft verändern wollen und als "brave" Bürger nur nach einer wieder härteren Diktatur rufen, der kreislaufenden Hierarchie von und zu materialistischer "Absicherung" im GEISTIGEN STILLSTAND!

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @688 (Profil gelöscht):

      Der Klimawandel, der nun mehr und mehr doch nicht zur propagierten Klimakatastrophe wird (?), hatte in den letzten Jahrzehnten ein hervorragendes Ablenkungpotenzial, vom einzig wahrhaftigen PROBLEM unseres "Zusammenlebens", nämlich der UMWELTVERSCHMUTZUNG (durch Überproduktion von Kommunikationsmüll, wettbewerbsbedingt und im wachstumswahn), die uns nun nicht mehr nur bis an die Unterkante Unterlippe geht, sondern besonders in Größe von Nanopartikeln die Weltmeere und somit den kleinsten Winkel in ALLEN Lebewesen verdreckt und vergiftet!

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @688 (Profil gelöscht):

        Die "Energiewende", für die so viele (profitabel-subventionierte) Windmühlen und ... gebraucht werden (?), ist ein deutliches Zeichen, denn nur so wird dem DESTRUKTIVEN Wettbewerbs- und Wachstumswahn entsprechend huldigend gefrönt, wo man längst weniger Strom und ... verbrauchen müßte und könnte!

  • Nach nun rund 15 Jahren ohne jegliche Erwaermung sollte es selbst hier auffallen, dass dies nicht kompatibel mit der Meldung "er kommt schneller, härter und lauter, als alle dachten."

     

    Warten auf Godot.

    • @Manfred19:

      Ab und zu mal den Blick nach vorn richten, nicht nur auf die Füsse. Keiner kann behaupten, das Tendenz eine lineare Richtung ist !

       

      https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Oberfl%C3%A4chentemperaturen_1850-2012.svg

      • @lions:

        Eine Erwaermung seit der kleinen Eiszeit ist ja nun nichts Bedrohliches oder Unnatuerliches, war dies ja moeglicherweise die kaelteste Periode des Holozeans.

         

        Auch der Escalator von ScepticalScience liefert nicht viel bei, zeigt der doch nur die Spruenge nach natuerlichen El Ninos waehrend der ca. 30 PDO jaehrigen Warmphase. Die Kaltphase davor bleibt ausgeblendet.

         

        Das grosse Bild liefer Rosenthal 2013, nicht nur Oberflaechentemperaturen sondern den Waermeinhalt der Ozeane ueber Jahrtausende.

         

        Nach deren Daten muesste sich die Erwaermung noch 300-400 Jahre fortsetzen, um auch nur die Abkuehlung der Kleinen Eiszeit zu kompensieren und ueber 1000 Jahre fortsetzen, um wieder die Hoechtwerte des Holozaens zu erreichen.

         

        http://climateaudit.files.wordpress.com/2013/11/two_millennia_annotated.png?w=720&h=520

      • @lions:

        Zudem verweise ich gern noch auf @Daniel Neuburgs Beitrag, da meine Kurve offensichtlich veraltet ist.

    • @Manfred19:

      Is scho recht...

       

      http://www.skepticalscience.com/graphics.php?g=47

      • @anteater:

        @Anteater

         

        Das SkepticalScience Bild verfaelscht den groesseren Zusammenhang, der sofoert deutlich wird, wenn man etwas weiter in diese Vergangenheit zurueckblickt. Vor dem abgebildeten Zeitraum, 1945-1976, waehrend der negativen Phasen der Ozeanoszillationen PDO und AMO, gab es eine 30-jaehrige Pause der Erwaermung (ohne nachtraegliche "Korrekturen" sogar einen Rueckgang.) Das ist nur so zu deuten, dass die Erwaermung nach 1976 zur Haelfte natuerlichen Ozeanzyklen geschuldet, die dann in ihre Warmphase traten. Dies passt auch sehr gut mir den neuen halbierten Werten fuer die Klimasensitivitaet zusammen (Erwaermung proi Verdopplung CO2).

         

        Aber es koennte noch besser sein. Davor, von 1915-1946 war die Erwaermung praktisch kaum unterscheidbar von der Erwaermung 1976-2005. Und dies ist ein Zeitraum, in den natuerliche Faktoren noch dominant geesen sein sollen. Das spricht dann sogar fuer die These, dass selbst diese halbierte menschgemachte Erwaermung moeglicherweise in Wirklichkeit auch nur eine natuerlich Erholung aus der Kleinen Eiszeit ist.

         

        Wie auch immer, der nun negative PDO Zyklus spricht dafuer, dass diese Pause noch Jahrzehnte andauert. Und schon jetzt versagen die Klimamodelle deshalb nahezu ueberall im Vergleich mit Messdaten.

  • Das IPCC kommt mir vor wie die Scientology oder eine andere religioese Sekte. Es verkuendet eine Lehre, fuer die es weder Beweise noch Indizien gibt und fordert den Einsatz grosser Geldsummen, um seinen Horrorfantasien zu entgehen.

    Aber dass diese aberwitzigen Szenarien sowieso nicht eintreten, wollen viele einfache Gemueter(darunter zahlreiche Journalisten) nicht wahrhaben und fuettern die Sekte mit Geld und Glaubensbekenntnissen.

    Wirklich jammerschade.

    • @Udo Henn:

      Ah, ich verstehe. Sie müssten also Ihren Lebensstil radikal verändern, wenn auch nur etwas an dem Klimawandel wahr wäre.

    • @Udo Henn:

      Ich habe ja tatsächlich richtig gelesen - "keine Beweise".

      Die ganzen empirischen Fakten, die seit Jahren von dem ganz überwiegenden Teil der Wissenschaftsgemeinde anerkannt werden, sollen also keine Beweise sein?

      Hut ab, Sie haben sich ein extrem dickes Sie von der Realität abschirmendes Schneckenhaus gebaut!

      • @Informatiker:

        Es gibt keine empirischen Fakten, die die Hypothesen des IPCC stueten. Das Geenteil ist der Fall. Beispiel: Der Vergleich der Zeitreihen fuer Globaltemperatur und CO2-Gehalt in der Luft beweist, dass CO2 die Temperatur nicht beeinflusst.

      • @Informatiker:

        Udo Henn heißt in Wahrheit Palmström.

  • Schö griffig, aber es brennt nicht Herr Pötter.

     

    Jedenfalls nicht mehr als eh schon.

     

    Was den IPCC angeht, so ist zu der Bewertung der Berichte schon die Berücksichtigung der Kritereien für gute naturwissenschaftliche Arbeit ausreichend.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • Bisher waren alle Berechnungen und Prognosen des Klimarates falsch.

    Das ist jetzt aber ganz bestimmt anders. Und wer zweifelt, ist dumm.

    • @Ernst Tschernich:

      Sehen Sie mal den folgenden Link an. Da werden doch tatsächlich der beobachtete Meeresspiegelanstieg mit der IPCC verglichen. Fazit: Realität = Obergrenze der Prognose. Viel Spaß noch auf dem Planeten Erde.

       

      http://www.skepticalscience.com/climate-models.htm