Kommentar Trumps Pleite in Hanoi: Gipfel des Versagens
Das Treffen von Donald Trump und Kim Jong Un musste einfach scheitern, so schlecht war es vorbereitet. Alles andere sind Ausreden.
I n diesem einen Punkt mag Donald Trump ja Recht haben: Besser gar kein Deal als ein schlechter. Nur: Das Versagen hat schon vor dem Gipfel begonnen.
Dass das zweite Treffen des US-Präsidenten mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Vietnams Hauptstadt Hanoi vorzeitig abgebrochen werden musste, ist auf die miserable Vorbereitung von Trumps Stab auf den Gipfel zurückzuführen. Nicht ein Papier haben die beiden Staatschefs beim Gipfel unterzeichnet.
Vordergründig schiebt Trump das Scheitern darauf zurück, dass Kim mit dem Angebot, die umstrittene Atomanlage Yongbyon schließen zu wollen, nicht ausreicht. Trump war nicht bereit, dafür sämtliche Sanktionen fallen zu lassen, die gegen Nordkorea nach wie vor in Kraft sind. Das jedoch hatte Kim für jeden weiteren Schritt einer Annäherung zur Bedingung gemacht.
Dass sich Trump darauf nicht einlassen wollte, ist richtig. Die Befürchtung vorab war groß, Trump könnte Kims Charme erlegen und ihm allzu viele Zugeständnisse machen, ohne dass sich die atomare Bedrohung, die von Nordkorea ausgeht, substanziell verringert hat. Allzu oft schon hat sich Trump in seiner Entscheidungsfindung davon lenken lassen, ob er jemanden persönlich mag oder nicht. Und Trump scheint für den Diktator Sympathie zu hegen. Dieses Mal hat sich Trump von Kim offensichtlich nicht einlullen lassen.
Der Gipfel in Hanoi offenbart jedoch ein sehr viel größeres Problem: Außer großen Sprüchen hat Trump keinen Plan. Weder gibt es auf US-Seite eine Strategie, noch ein einheitliches Vorgehen. Die Behauptung seines Stabs, das erratische Verhalten Trumps sei Teil seiner Verhandlungsstrategie, hat sich in Hanoi einmal mehr als Farce entlarvt. Stattdessen schwafelt er unermüdlich davon, was für ein „großartiger Führer“ Kim doch sei und weckt auf diese Weise völlig falsche Hoffnungen. Seit ihrer ersten Begegnung vor acht Monaten in Singapur haben sich beide Seite nicht einmal darauf verständigen können, was sie mit „Denuklearisierung“ genau meinen.
Trumps planloses Vorgehen hat sich in Hanoi gerächt. Und die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung in einer der wichtigsten Wirtschaftsregionen der Welt ist nicht ein Stück geringer geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass