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Kommentar Trump beim Nato-GipfelEr will doch nur dealen

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Sich über Trump aufzuregen, ist nicht neu und kaum zielführend. Tatsächlich könnten die Nato-Mitglieder aus seinem Besuch etwas lernen.

Alles dreht sich mal wieder um ihn: Donald Trump Foto: ap

M al ehrlich: Eigentlich haben doch alle nur darauf gewartet, dass Donald Trump einen Eklat provoziert. Ein Besuch im „Höllenloch“ Brüssel, noch dazu bei der ungeliebten EU und der „obsoleten“ Nato, konnte doch nur mit neuen Provokationen und Misstönen enden.

Deshalb ist die Aufregung, mit der nun echte oder vermeintliche Trump-Zitate aus Brüssel enthüllt werden, reichlich übertrieben. Dass er Deutschland „böse, sehr böse“ nennt oder die Nato-Mitglieder wie kleine Schuljungen und -mädchen zusammenstaucht, ist keine Überraschung.

Eine Überraschung ist vielmehr, dass die Europäer diesem US-Präsidenten den roten Teppich ausrollen. War es wirklich nötig, dass die gesamte EU-Führungsriege für Trump Spalier steht? Nein, es war nicht nötig. Ein kurzer Handshake eines EU-Politikers hätte völlig gereicht.

Eine Überraschung ist auch, dass die Europäer immer noch nicht auf Trumps Provokationen vorbereitet sind. Hat man denn wirklich geglaubt, nach dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Washington sei die Welt wieder in Ordnung? Das wäre nicht nur naiv, sondern fahrlässig.

Merkel als Zielscheibe der Attacken

Denn schon Merkel hat sich getäuscht. Diesem Präsidenten ist nicht mit gutem Zureden, viel Geduld und pädagogischen Übungen beizukommen. Wer versucht, ihm die EU zu erklären, der hat schon verloren. Trump will keine Erklärungen, er will einen Deal. Und zwar bald.

Das ist die eigentliche Lehre aus dem missglückten Besuch in Brüssel. Die neue US-Administration geht beim Handel, bei der Rüstung und in der Klimapolitik auf Konfrontationskurs. Sie zögert vielleicht noch bei der Wahl der Mittel. Doch in Washington braut sich etwas zusammen.

Vor allem für Merkel heißt das nichts Gutes. Denn sie war die eigentliche Zielscheibe der Brüsseler Attacken. Trumps Standpauke zu den angeblich zu niedrigen Nato-Beiträgen und seine Klage über die „bösen“ Exporte zielte vor allem auf Deutschland und seine Kanzlerin.

Aus „Trump“ lernen?

Das ist ärgerlich, aber kein Grund, Merkel zu bedauern. Die CDU-Chefin hat es versäumt, den Falken in der Nato etwas entgegenzusetzen, die seit Jahren für Aufrüstung trommeln. Trump trommelt am lautesten, doch das Wettrüsten ging schon unter Merkels Liebling Barack Obama los.

Merkel hat es zudem versäumt, die völlig einseitige Export-Orientierung der deutschen Wirtschaft zu korrigieren. Statt heimische Investitionen und die Binnennachfrage zu fördern, setzt sie auf die totale Liberalisierung, bis in den letzten Winkel dieser Welt.

Das kann nicht gut gehen, auch nicht für Europa. Deshalb ist es fatal, dass die EU-Politiker nichts Besseres zu tun haben, als sich über Trumps Provokationen aufzuregen. Sie sollten sich an die eigene Nase fassen und eine andere Sicherheits- und Wirtschaftspolitik formulieren. Dann hätte Trump in Brüssel doch noch etwas Positives bewirkt.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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17 Kommentare

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  • "Er will doch nur dealen" könnte auch heißen "Er will doch nur spielen". Und wenn man ihm den kleinen Finger gibt, ist man in zwei Minuten ein Einarmiger.

  • Unsinn ohne Fakten.

     

    Mich regt es auch auf, aber wer

    nicht 2% des Brottosozialproduktes

    für "Verteidigung" ausgeben möchte

    sollte halt _keine_ Verträge unterschreiben in denen man (Deutschland / Merkel) sich auf 2% verpflichtet.

    "Pacta sunt servanda" meine Freunde in der Rudi Dutschke Straße.

    -------------------------------------------------------------------------------- http://www.zeit.de/news/2017-02/18/international-erreicht-deutschland-das-zwei-prozent-ziel-der-nato-18160205

  • Warum lassen sich so viele Deutsche, die Ausbeutung im eigenen Land gefallen. Lassen sich nun schon über Jahre wie "dumme Kälber" zur Ausbeutungsschlachtbank führen? Wo bleibt der Aufschrei der Massen? Statt dessen wie eh und je, wird der Kotau gegenüber den Herrschenden perfektioniert, und nach Oben wird regelmäßig gebuckelt und nach Unten regelmäßig getreten.? Lassen sich aufhetzen, und zeigen mit dem Finger auf die, denen es noch schlechter geht. Weder Zuwanderer, noch Flüchtlinge sind dafür verantwortlich, die dürfen nicht wählen und machen auch nicht die Gesetze für eine kleine Elite. Sondern ihr Deutschen habt die gewählt, niemand sonst ist dafür verantwortlich. Wer sich ohne zu murren für 8,70 € brutto die Stunde ausbeuten lässt und zu allem noch Danke sagt, ist selber Schuld.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Die Anti-Trump-Berichterstattung wirkt auf mich wie laufend aufgekochter kalter Kaffee. Nur noch Brühe, null Analyse. An den Berichten kann man mehr über den Wandel im Journalismus als über Machtpolitiken im 21 Jahrhundert lernen. Wenn ich schon lese, Merkel verteidigen oder Vermessung des roten Teppichs. Das sind Begriffe und Horizonte des Boulevards.

  • Nur weil Trump bald einen Deal will, sollte Europa doch nicht kuschen.

    Es war genau das Richtige, das alle EU- und NATO- Regierungen anwesend waren, um Trump zu zeigen, das die USA nur einer unter diesen Partnern ist.

    Das ist serwohl eine nötige pädagogische Übung für ihn.

  • Es ist doch offensichtlich, dass der Trump niemanden kennt, nicht kennen lernen will und auch deren Meinungen nicht hören will.

     

    Wie man mit so jemandem umgeht, das sollen doch bitte mal Psychologen beantworten.

    Politisch ist dem nicht beizukommen!

    • @Tom Farmer:

      Einfach spiegeln hilft meist. Also bilaterale Abkommen zwischen der EU und Kalifornien vorschlagen. Was für die USA richtig ist, kann ja wohl für die EU nicht verkehrt sein!

       

      Außerdem sollte man Trump das US-Monopol im Internet, Suchmaschinen, Betriebssystemen etc. gründlich aufs Brot schmieren und auch mal Zölle ins Gespräch bringen. Die bösen USA exportieren viel mehr Software als sie importieren! Bad, bad USA!

    • @Tom Farmer:

      Politisch geht das schon, nur halt nicht im Konsens.

  • böser trump hin böser trump her, die übersetzungen in teilen der deutschen medien kann man eigentlich nur noch als bewusst alarmistisch bezeichnen.

     

    "bad" ist im englischen ein vielseitiges wort. "böse" ist eine eher abwegige übersetzung. "schlecht" im sinne von "deutschlands export überschuss ist schlecht für die anderen staaten" macht eindeutig mehr sinn.

     

    "obsolete" heisst im englischen je nach kontext auch "veraltet" und das ist wohl im kontext "nato" auch gemeint

  • eine Korrektur des Übersetzungsfehlers der durch die Medienlndschaft weht:

    "bad, very bad" heißt schlecht, nicht böse, wie in bad food, bad policy..

     

    evil bedeutet böse

     

    @CV: Trump als wirtschaftlicher Isolationist ist eher selten für einen Republikaner, die eher auf marktliberale Free-Trade-Politik setzen.

  • Da muss ich doch mal Merkel verteidigen.

     

    Sie hat was gegen das AufrüstenTrommelFeuer gesetzt: ihre (zu) ruhige Beharrlichkeit. Es gibt nichts frustrierenderes als immer wieder einfach ins Leere zu laufen.

     

    Und beim Export, nun so einfach ist es auch wieder nicht die Binnennachfrage anzukurbeln. Klar könnte und sollte man die niedrige Geldpolitik lockern. Aber davon kauf ich mir keine Werkzeugmaschine oder neues Auto. Und andere Länder kann ich auch die Nachfrage nicht vorschreiben. Offensichtlich gibt es da irgendwas, warum die anderen hier kaufen.

     

    Wenn man gegen die Liberalisierung ist, hilft nur ein ganz anderes Wirtschaftsmodell. Aber wer will schon von heute auf morgen freiwillig auf seinen Lebensstandard verzichten.

    • @fly:

      Und beim Export, nun so einfach ist es auch wieder nicht die Binnennachfrage anzukurbeln.

       

      nur ein Stichwort: Lohnzurückhaltung.

       

      Will man die Binnennachfrage abwürgen, muß man auf staatlicher Ebene sparen und die Lohnzahlungen deckeln.

      Will man das nicht mehr, muß man das Gegenteil tun.

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @nutzer:

        Schon mal was von "Tarifautonomie" gehört?

        • @2730 (Profil gelöscht):

          Meinen Sie, die Tarifabschlüsse wären die gleichen, wenn der Staat morgen Hartz IV auf 2000 € pro Person heraufsetzen würde?

           

          Ich glaube, dann müssten einige Unternehmer den Arbeitnehmern, die ihren Profit steigern sollen, doch etwas großzügigere Angebote machen.

        • @2730 (Profil gelöscht):

          Tarifautonomie? Die wurde spätestens seit Schröder zerstört. Deutschland müsste mindestens die nächsten 5 Jahre seine Löhne jährlich um ca. 5% erhöhen, damit die Binnennachfrage steigt, und auch unsere Europäischen Nachbarn, wieder aus der Krise kommen.

  • Super, endlich kommt das mal zur Sprache! Es ist seit langem ärgerlich, wie in den Medien auf jeden Blödsinn dieses Mannes reagiert wird, anstatt über die US-Politik, die eigentlichen Ziele zu reden. Reagen, die Bushens - nun der. Trump offenbart doch das politische System der USA endlich richtig. Und ich bin kein US-Hasser. All das, was in diesem Kommentar angesprochen wird, zusammen mit dem Thema Iran, ist meiner Meinung nach extrem wichtig. Und besorgniserregend. Da rasseln die Säbel und nun werden alle NATO-"Partner" auf Linie gebracht - und die machen alle mit! Es ist grausig...