Kommentar Schulpflicht und Klimaschutz: Böse, böse, prima, prima
Politiker*innen diskutieren, ob schwänzen für einen guten Zweck legitim ist. Wenn es um Klimapolitik geht, sollen sie das nicht dürfen.
E igentlich schön. Deutschland streitet um eine Frage, die es wert ist: Dürfen Schüler während des Unterrichts zu den Demonstrationen für mehr Klimaschutz gehen – oder ist die Schulpflicht wichtiger? Brauchen sie Demokratieunterricht zum Anfassen, um eines Tages besser auf dem Boden des Grundgesetzes stehen zu können – schließlich geht es ja um die „Zukunft des Planeten“? Oder ist der Anreiz für viele Kids zu groß, einfach blau zu machen?
Quer durch die politischen Lager wird die Causa debattiert. Schließlich wächst gerade eine neue globale Klimabewegung mit einer unglaublich zielstrebigen Führungsfigur heran. Zu besichtigen am Freitag in Hamburg: Hier zog Greta Thunberg (16) Tausende Protestler an. In Deutschland gibt es bereits über 220 Ortsgruppen von „Fridays for Future“. Sie werden noch einige Stundenpläne durcheinanderwirbeln.
Schäbig ist, wie sich die Bundesregierung des Themas annimmt. Nämlich gar nicht. Während Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) in der FAZ an konservative Lehrer heranwanzt, wenn sie sagt, „auch unterstützenswertes Engagement gehört in die Freizeit und rechtfertigt nicht das Schulschwänzen“, macht Bundeskanzlerin Angela Merkel (ebenso) es in ihrer Videoansprache dem Rest des Wahlvolks recht: F4F sei eine „sehr gute Initiative“, die Klimaschutzziele seien nur mit Rückhalt in der Gesellschaft erreichbar.
Sollten wir uns von diesem Guter-Bulle-Böser-Bulle-Spiel einseifen lassen? Nicht von einer Regierung, deren Klimapolitik so wachsweich ist, dass die Leute verzweifelt dagegen demonstrieren. Beispiel: Kohleausstieg 2038. „Die Klimawandelverzögerer sind nicht viel besser als die Klimawandelleugner“, twitterte unlängst die linke demokratische US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez.
Und meinte: Wer nur so tut, als würde er mit seiner Politik die Erderwärmung verhindern wollen, steht mindestens genauso im Abseits wie die Betonköpfe, die meinen, 97 Prozent der Wissenschaftler würden sich irren.
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