Kommentar „Rock gegen Überfremdung“: Versammlungsfreiheit für alle
Für Rechte und Linke darf es keine unterschiedlichen Regelungen geben. Es gibt nur ein Versammlungsrecht – und das ist auch gut so.
ber das Festival „Rock gegen Überfremdung“ in der thüringischen Kleinstadt Themar am vergangenen Wochenende kann und sollte man sich aufregen. So wie man sich stets über nationale Borniertheit, weißes Überlegenheitsdenken und ängstliche Ausgrenzungsbedürfnisse aufregen kann und sollte.
Dass das Festival von den Thüringer Gerichten jedoch als politische Versammlung eingestuft wurde, ist kein Grund zur Empörung. Dass es hier um Politik ging, zeigt sich ja schon daran, dass wir uns zu Recht über die dort propagierten rechtsradikalen Inhalte aufregen. Auch zu Gegendemonstrationen wurde doch deshalb aufgerufen, weil man den dumpfen und gefährlichen politischen Botschaften der Veranstalter eigene Bekenntnisse zu Weltoffenheit entgegensetzen wollte. Das ist öffentlicher Diskurs.
Eintrittsgelder sind auch nicht grundsätzlich ein Signal, dass es nicht um Politik geht. Nicht alle Versammlungen können auf die Finanzmittel von Großorganisationen wie Gewerkschaften, Kirchen und Parteien zurückgreifen.
Natürlich können auch Rockkonzerte politisch sein. Die rechten Veranstalter orientieren sich ja sogar an linken Vorbildern wie „Rock gegen Rechts“ oder „Arsch huh – Zäng ussenander“ in Köln. Dass die Botschaft der Rechten nur vorgeschoben war, wäre zwar schön, aber leider waren das in Themar wirklich überwiegend Nazis, die hinter den propagierten Inhalten auch stehen.
Es wäre auch widersinnig, gegenüber Rechten einen engen Versammlungsbegriff zu vertreten, reduziert auf klassische Kundgebungen und Demonstrationen, während für die Linke in Hamburg ein erweiterter Versammlungsbegriff propagiert wurde, der mehrtägige „Protestcamps“ inklusive Verpflegung und Übernachtung umfasst. Es gibt nur ein Versammlungsrecht, und wer anderen die Versammlungsfreiheit nicht gönnt, schneidet sich am Ende meist ins eigene Fleisch.
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