piwik no script img

Kommentar Reisen und KlimaschutzBahnfahren muss billiger werden

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Deutsche Bahn will Deutschland beim Klimaschutz voranbringen. Besser spät als nie – aber dann muss sie als Erstes ihre Preise anpassen.

Endlich! Bahnchef Lutz entdeckt sein Unternehmen als tragende Säule der Verkehrswende Foto: Michael Kappeler/dpa

E s klingt durchaus ermutigend: Die Deutsche Bahn will schneller als geplant klimafreundlich werden und schon bis zum Jahr 2038 – statt erst bis 2050 – nur noch mit Ökostrom fahren. Die ManagerInnen möchten, dass der Konzern die Bundesrepublik beim Klimaschutz „entscheidend voranbringt“. Sie sehen offenbar ein, dass die Bahn eine tragende Säule der Verkehrswende hin zu einer klimafreundlichen Mobilität ist. Eine verspätete Einsicht ist besser als keine.

Die Bahn bekenne sich zu ihrer Verantwortung für die Gesellschaft, sagte Bahnchef Richard Lutz, nachdem der Aufsichtsrat seine neue Strategie „Starke Schiene“gebilligt hatte. Es mutet dabei seltsam an, dass der Vorstandsvorsitzende eines zu 100 Prozent in Staatsbesitz befindlichen Konzerns so etwas betont. Die Bahn ist Teil der Daseinsvorsorge. Selbstverständlich hat sie als Rückgrat des Verkehrsnetzes gesellschaftliche Verantwortung.

Leider ist Lutz’ Bekenntnis eben alles andere als selbstverständlich – und deshalb umso wichtiger. Es zeigt: Anders als alle seine Vorgänger seit der großen Reform mit dem Zusammenschluss von Bundes- und DDR-Bahn im Jahr 1994 sieht der heutige Bahnchef in dem Großunternehmen nicht nur einen Konzern, der auf Kosten gesellschaftlich nötiger Aufgaben unbedingt Profit erwirtschaften soll.

Das ist eine überfällige Kurskorrektur. Sie weckt Hoffnungen auf die neue Bahn der Zukunft – mit guten Verbindungen, pünktlichen Zügen und unbeschwertem Reisekomfort.

Rückendeckung von Scheuer

Nur: Es ist ungewiss, ob es die Wohlfühlbahn als Alternative zum Auto in Deutschland in absehbarer Zeit wirklich geben wird. Denn für all die schönen Ankündigungen wie den Kauf von 120 weiteren Fernzügen oder die Einstellung von 100.000 neuen Leuten fehlt der Finanzierungsplan.

Zwar erfolgt Lutz’ Kurskorrektur mit der Rückendeckung von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Aber dass der Minister die nötige Durchsetzungskraft in der Bundesregierung hat, um die erforderlichen vielen, vielen Milliarden Euro im Bundeshaushalt lockerzumachen, darf bezweifelt werden. Falls er das überhaupt will.

Vor allem fehlt eines: Die Bahn hat keine Pläne, ihre Tickets billiger und das komplexe Preissystem einfacher zu machen. Das ist fatal. Solange es billiger ist, das Flugzeug zu nehmen, werden viele Menschen trotz besseren Wissens nicht auf die Bahn umsteigen – die einen können, die anderen wollen es sich nicht leisten.

Wenn Bahnchef Lutz und seine KollegInnen den Klimaschutz wirklich voranbringen wollen, dann müssen sie für günstige Fahrkarten sorgen. Und zwar schnell.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Bahnfahren muss insbesondere schneller und komfortabler werden.

    Wenn man mit der Bahn von Zürich nach Wien acht Stunden braucht, steigt man lieber ins Auto (ebenfalls acht Stunden) oder ins Flugzeug (80 Minuten), um früher am Ziel zu sein.

    Es ist auch bedauerlich, dass Railjet (Österreich) die Premium-Klasse eingestellt hat. In Zeiten der Klimawandel-Proteste würde die mangels Nachfrage (und Business-Class-Konkurrenz) eingestellte Luxusklasse wieder mehr Kunden locken.

  • Man sollte sich von der Illusion eines billigen Bahn(fern)verkehrs verabschieden.Er ist jetzt schon schon billig wie nie zuvor.Zwar mit einschränkenden Bedingungen,aber die Kapazitäten geben nicht mehr her.DB ist auch kein Billiglohnunternehmen und kann mit den Preisen eines ausbeuterischen Bus-oder Flugunternehmens nicht mithalten.Rosinenpickerei a la Flixtrain ist auch nur ein Nischengeschäft.Mit dem Ticketpreis zahlen sie den realen Aufwand für einen Transport...Material,Personal,Infrastruktur,Energiekosten etc...noch eine Bemerkung zur Familienfahrt:Sie erwarten die Vorhaltung von 6 Plätzen,bei denen Sie für 4 nichts oder fast nichts bezahlen würden,während die Auto-Vergleichskosten mit mindestens 1 Euro/Km anzusetzen wären.Solche Vergleiche sind nicht möglich,solange die öffentliche Hand nicht Milliarden in das System stecken würde...danach sieht es aber nicht aus..

    • @Bruno Schötz:

      "Er ist jetzt schon schon billig wie nie zuvor."

      Schauen Sie mal über die Grenzen. Da wird's billiger. Und besser.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Pauschalantworten sind wie immer aussagelos...welches Land ?Nah/Fernverkehr?Organisation staatlich/privat?wie gross ist das Netz?Wird der Verkehr öffentlich gestützt;Rabatte für welche Gruppen?welche Investitionen pro Einwohner?etc...dann kann man vergleichen,wenn überhaupt...

        • @Bruno Schötz:

          Fakt ist, dass bei meinen Reisen z.B. nach Frankreich, sofort spürbar ist, wenn man wieder deutsches Gebiet erreicht. Da fangen dann die Probleme an. Und teurer ist es in der Regel auch.

          Natürlich kann man einzelne Faktoren betrachten. Für die Reisenden zählt aber, ob es funktioniert oder nicht.

  • In Kürze fahren wir (Familie) zu 6 übers Wochenende weg. Die Bahn ist mit allen Rabatten immer noch 3 mal so teuer, wie unser Auto.



    Wenn ein Kind krank wird, zu spät aus der Schule kommt, etc. ist das Ticket, dank Zugbindung futsch.



    Im Flexpreis, ohne Sitzplatzreservierung, eigentlich die nötwendige Variante wäre es 8 mal teurer als mit dem Auto.



    4 Kinder sind online gleich gar nicht zu buchen, dazu muß man an den Schalter.

    • @nutzer:

      Das Bahnfahren erscheint Ihnen nur dreimal so teuer wie die Autofahrt, da Sie falsch rechnen. Haben Sie die Anschaffungs- und Unterhaltskosten sowie die Steuer und die Versicherung für Ihr Auto mit einberechnet, oder rechnen Sie nur die Spritkosten?

      Bahnfahren ist dann teuer, wenn man nebenbei noch ein Auto betreibt, das i.d.R. in Gesamtsumme mit mehreren hundert Euro pro Monat zu buche schlägt. Das Bahnfahren selbst ist ansonsten gar nicht so teuer. Bitte rechnen Sie richtig, alles andere sind Milchmädchenrechnungen.

      • @True at First Light:

        Es bringt aber auch nichts, wenn man auf eine Milchmädchenrechnung mit einer anderen Milchmädchenrechnung antwortet. Wer auf dem Land ein Auto haben muss, hat die Fixkosten so und so.

        Fakt ist, dass man bei einer Bahnreise mit mehreren Personen ganz schnell beim Vielfachen der Autofahrt ist.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Wer die Fixkosten für ein eigenes Auto so und so hat, der muss im Mindesten noch die Kosten für den Verschleiß mit einberechnen. I.d.R. wird aber nur mit dem Spritkosten gerechnet - eine klassische Milchmädchenrechnung.

          Zudem wissen wir nicht, ob "Nutzer" tatsächlich auf den Besitz und durchgehenden Betrieb eines eigenen Autos angewiesen ist. Dies kann natürlich durchaus sein. Viele sehen aber die hunderten Euro Kosten pro Monat für ihr Auto gar nicht, die insgesamt betrachtet die einzelnen Autofahrten durchaus teuer machen, was aber nicht in den Vergleich mit der Bahnfahrt nicht einbezogen wird. Verglichen werden damit Äpfel und Birnen, und genau das hat "Nutzer" hier getan ("Die Bahn ist mit allen Rabatten immer noch 3 mal so teuer, wie unser Auto.")

          Fakt ist und bleibt: Bahnfahren für sich ist nicht besonders teuer im Vergleich mit dem Auto. Teuer ist es, Bahn zu fahren, wenn man zusätzlich ein Auto anschafft, besitzt und betreibt.

          • @True at First Light:

            "Wer die Fixkosten für ein eigenes Auto so und so hat, der muss im Mindesten noch die Kosten für den Verschleiß mit einberechnen."

            Ja. Aber dadurch verdoppeln sich nicht die Kosten...

            "Teuer ist es, Bahn zu fahren, wenn man zusätzlich ein Auto anschafft, besitzt und betreibt."

            Das wird Sie jetzt überraschen. Aber die Meisten haben ein Auto. Und die Wenigsten haben es, weil sie Motorsportfans sind...

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Na, da muss ich jetzt aber mal reingrätschen. In der Stadt braucht eigentlich keiner ein Auto, doch fast alle haben eins. Ich glaube nicht, dass die alle Motorsportfans sind, sie kennen es nur eben nicht anders. Die Bahn muss trotzdem billiger und einfacher werden.

              • @Maike Lala:

                Natürlich haben auch Leute Autos, die eigentlich keine brauchen. Schon weil in D eine Art kultureller Zwang besteht, eins zu haben.

                Aber das ist nicht die Regel. Ich brauche z.B. ein Auto, weil ich auf dem Land wohne, fahre aber trotzdem gern Bahn.

  • In erster Linie sollte das Preissystem ein Produkt nicht verschechtern.

    Am Beispiel der Sparpreise: Habe ich ein Ticket um 17 Uhr, gilt das auch nur für diesen Zug, auch wenn ich lieber erst zwei Stunden später losfahren würde und dieser Zug leerer ist und zu jedem Zeitpunkt teurer verkauft wurde als Stze in dem ursrünglich gewählten Zug.

  • Guter Artikel.

    Öffentlicher Transport sollte eine Staatsaufgabe sein. Leider ist es nur schwer vereinbar mit der AG Form, die einen ja zwingt profitabel zu sein.

    Die Aufgabe der öffentlichen Verkehrsmittel sollte jedoch nicht sein Gewinn zu erwirtschaften, sondern das soziale miteinander zu fördern.

    Sprich auch abgelegene Dörfer erreichbar zu machen. Und auch der Klimaschutz der eine Gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein sollte.

    • 6G
      68514 (Profil gelöscht)
      @Sascha:

      Wenn der Verlust dieser Staats-AG durch Staatszuschüsse ausgeglichen werden, dann sollte es doch keine Probleme geben. Bei vielen kommunalen Verkehrsbetrieben wird dies so gemacht, zb. über Querfinanzierung seitens bestehender Stadtwerke. Alleine der politische Wille könnte hier Berge versetzen.

    • @Sascha:

      Für entlegene Dörfer ist in der Regel nicht die Bahn zuständig. Ich fände auch nicht schlimm, wenn aus entlegenen Dörfern ein Stück "individuell" zurückgelegt wird, mit dem Fahrrad zur nächsen Bushaltestelle oder mit einem Auto zum nächsten Bahnhof. Bei kurzen Strecken kann das dann auch ohne weiteres ein E-Auto sein. Die Verkehrsmittel müssten aber öfter fahren, damit das attrativ ist.

  • Ja, bitte!

    billiger und... das blöde Hütchenspiel mit den Preisen einfach lassen. Für einen, der bewusst und freiwillig (seit je) auf das Auto verzichtet wäre das ♥