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Kommentar Rehabilitation von SchwulenSogar nachträglich diskriminiert

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Union und SPD fädeln in die Jahrzehnte verspätete Wiedergutmachung eine ungeheure Unterstellung ein: dass alle Schwulen Päderasten seien.

Selbst jetzt noch versuchen Union und SPD, diskriminierende Vorurteile gegen Schwule zu verbreiten Foto: dpa

D er Bundestag wird heute endlich das Gesetz verabschieden, das die Opfer des bis 1994 geltenden Paragrafen 175 nicht nur rehabilitiert, sondern auch – mit viel zu kleinen Summen – entschädigt. Allerdings hat diese von Linken und Grünen schon vor 13 Jahren lancierte Initiative inzwischen einen bitteren Beigeschmack.

CDU/CSU und SPD setzten im Rechtsausschuss des Bundestags durch, dass diese Rehabilitation nur für jene Männer gilt, die nicht mit männlichen Personen unter 16 Jahren Sexuelles teilten. Das diene nachträglich dem Jugendschutz. In Wahrheit lugt in dieser großkoalitionären Präzision dessen, was Sache ist, der alte Vorwurf hervor, Schwule seien eigentlich alle Päderasten, Kinderschänder, denen man mit Jugendschutzparagrafen beikommen müsse.

Denn: Die Schutzaltersgrenze für Heterosexuelle lag damals bei 14 Jahren – also werden in diesem Rehabilitationsgesetz homosexuelle Männer nachträglich diskriminiert. Und davon abgesehen, dass es keine Strafakten mehr gibt – sie sind so gut wie alle in den Behörden geschreddert worden –, müssen die eigentlich zu entschädigenden Opfer nachweisen, dass sie wirklich keine Pädos waren.

Dabei sind die in Strafregistern noch erfassten Delikte eben jene nach Paragraf 175 – die den Jugendschutz und Sexualität mit minderjährig Abhängigen betreffenden Strafen sind die nach den Paragrafen 174 und 176. Um diese ging es aber nie. Was der Bundestag mit SPD-Hilfe beschließen soll, ist eine vergiftete Wiedergutmachungsleistung.

Diese Debatte ist ein Vorgeschmack auf die in der nächsten Legislaturperiode sicher geführte Debatte über die „Ehe für alle“. Auch hier werden die Unionsparteien die Ressentiments gegen Homosexuelle abrufen. Und vermutlich auch die SPD, die offenbar keine Courage hat, sich der eigenen Geschichte der Homophobie zu stellen. Stattdessen bezieht sie sich immer noch auf das Bild vom Schwulen als Jugendverderber. Bewusst oder unbewusst.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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14 Kommentare

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  • Sorry, aber den Artikel kann ich nicht nachvollziehen.

    Eine Rehabilitation erfolgt in diesem Fall, weil die Tat aus heutiger Sicht keine Straftat darstellt.

     

    § 182 StGB stellt noch immer Sex von Über-21-Jährigen mit Jugendlichen unter 16 unter Strafe, sofern die Jugendlichen keine Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung haben. https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__182.html

    Das bedeutet, unter Umständen wären die Handlungen, die nicht rehabilitiert werden sollen, auch heute noch strafbar.

     

    Das Letzte, was diese Rehabilitation, so richtig sie ist, braucht, ist jemand, der dann kommt und sagt:"Ich war damals 15 und war zur sexuellen Selbstbestimmung noch gar nicht fähig. Und nun rehabilitiert Ihr den Täter von damals. Obwohl er auch nach heutigem Recht bestraft werden würde."

     

    Dass der Bundestag hier vorsichtig ist, kann ich verstehen und liegt im Interesse der Schwulen. Ein Fehler hier würde genau dem Päderastenvorwurf Vorschub leisten und damit das Gegenteil von dem gewünschten Effekt bewirken.

  • Na ja, auch hier zeigt sich, dass die SPD nichts anderes ist als die CDU:

     

    Eine Partei.

     

    Und während die CDU das Christliche so lange biegt, bis es zur Partei passt, biegt die SPD das Soziale so lange, bis es zur Partei passt.

     

    Beide haben das Ihre in den letzten Jahren so stark zurecht gebogen, dass es kurz vor'm Brechen ist.

     

    Einen kleinen Unterschied gibt's: bei der SPD war das Biegen nicht von Anfang an, es fing erst irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhundert's an.

  • Keineswegs sind alle Schwulen Päderasten, aber wohl alle Päderasten sind schwul.

    • @Nikolai Nikitin:

      @Nikolai Nikitin Hübsche kleine rhetorische Sprengfalle. Viel Spaß noch beim ausgelösten Thread :-))

    • @Nikolai Nikitin:

      Um dieses hässliche Bild gleich mal gerade zu rücken: Päderasten sind eine sehr kleine Untergruppe der Pädophilen. Die allermeisten Kindesmissbräuche sind heterosexueller Art.

      • @GeBrau:

        Selbstverständlich. Etwas anderes habe ich auch nicht behauptet.

    • @Nikolai Nikitin:

      Sagt wer?

      • @mowgli:

        Konfuzius :-)

         

        nein, z.B. der Duden meint

         

        'Homosexueller mit besonders auf männliche Kinder und Jugendliche gerichtetem Sexualempfinden'