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Kommentar Regierungsoptionen der SPDAlles ist möglich

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Altkanzler Schröder hat Bedenken bei R2G und ist damit nicht allein. Was soll Schulz jetzt machen? Am besten: Über eigene Wünsche sprechen.

Gerhard Schröder und Martin Schulz (rechts) – immer weiter lächeln Foto: dpa

S oso, Gerhard Schröder glaubt nicht an Rot-Rot-Grün. Das allein könnte Martin Schulz egal sein. Den gerade frisch gewählten 100-Prozent-Chef der SPD muss nicht kümmern, was ein Mann denkt, der seine Kanzlerschaft im letzten Jahrhundert begann und der heute allenfalls noch im Aufsichtsrat von Hannover 96 über Trainerwechsel in der zweiten Liga entscheidet. Zumal Schröder als einziges Hindernis für Rot-Rot-Grün „die Familie Lafontaine“ benannte.

So unverblümt hat selten jemand seine rachsüchtige Macho-Weltsicht als treibendes Motiv offenbart wie Schröder jetzt im Spiegel. Weil Oskar 1999 mit ihm brach, soll die SPD auch heute nicht mit der Linkspartei. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht muss dabei nicht einmal namentlich erwähnt werden – Ehefrau von Oskar reicht. Come on. Also: Schröder vergessen und weitermachen mit rot-rot-grünen Plänen?

So leicht kann es sich Schulz leider nicht machen. Schröders Interview bekommt ja nur deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil es einen wunden Punkt der Schulz-Kampagne trifft. Die Vorbehalte gegen eine Regierungsbeteiligung der Linken gehen weit über den Kreis der nachtragenden Altkanzler hinaus. Bedenkenträger gibt es auch nicht nur im Saarland, wo sie lieber eine biedere CDU-Frau als Rot-Rot wollten, sondern im ganzen Land – selbst in linksliberalen Milieus. Sei es die Haltung der Linken zur Stasi oder die zur Nato, Gründe, mit ihr zu fremdeln, gibt es viele. Was aber folgt daraus für Schulz? Soll er Rot-Rot-Grün wieder ausschließen wie einst Peer Steinbrück? Wenig verlockend.

Denn was sind die Alternativen? Wieder eine große Koalition? Eine mit der FDP? Soll ausgerechnet der Kandidat mit dem bisher halbwegs glaubwürdigen Anliegen Gerechtigkeit die Liberalen wieder beleben, nur weil die nicht mehr gleich Nein sagen? Eine ideale Koalition ist nicht in Sicht, aber alle sind möglich. Das ist erst mal gut und eröffnet neue Möglichkeiten – wenn man keine ausschließt.

Gründe, mit der Linken zu fremdeln, gibt es selbst im linksliberalen Milieu

Das Beste wird sein: mehr über eigene Wünsche und weniger über mögliche Partner reden. So wie Schulz in den ersten Wochen nach seiner Nominierung. Und wenn doch jemand fragt: Die meisten Bedenken kann man als Schreckgespenster entzaubern. Oder glaubt jemand wirklich, dass „Familie Lafontaine“ einen Kanzler Schulz zum Nato-Austritt bewegen wird?

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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31 Kommentare

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  • Armani-Schröder mal wieder reichlich dannemännisch und cohibadinös. Der Audi-Chauffeur von Wetten-Das aus Hannover hat also Bedenken bei R2G. Sowas kommt dann dabei raus, wenn einer regelmäßig seine Zigarre mit in die Diktatoren-Sauna nimmt.

    • @Rainer B.:

      "Armani-Schröder" Ein bekanntes Politiker Bild, welches Sie da skizizieren. Zur Zigarre fehlt nur noch die krumme Nase und das bekannte hässliche Klische wäre perfekt.

      • @Rudolf Fissner:

        Sie verwechseln ein Image, das Schröder ja von sich selbst gepflegt hat, mit einem Klischee, das andere jemandem zusätzlich aufdrücken wollen. Deshalb ist die „krumme Nase“ hier für mich auch ganz sicher nie eine Option gewesen.

  • Der Punkt ist doch, dass eine weitere große Koalition den Zustand der SPD sehr gut treffen würde. Erst heute warnte Olaf Scholz vor Rot-Rot-Grün und sprach sich damit indirekt für eine weitere Regierung Angela Merkel aus.

     

    Wenn man sich über die SPD wundern will, dann darüber, wie beknackt sie an ihrer neoliberalen Haltung namens Agenda 2010 festhält und darüber bereits sehr viele Mitglieder und Wähler verloren hat.

     

    Ausgedacht hat sich das der große alte Mann der SPD, Gerd Schröder - ohne Not, sondern aus Überzeugung. Er lebte als Kind am Rande der Gesellschaft und hat solche Lebensformen durch die Hartz-'Reformen' und die Riester-Reformen jetzt für eine immer größer werdende Gruppe von Menschen ausgedacht.

     

    Die steigenden Verarmungstendenzen in Deutschland feiert er logischerweise als Erfolg und Gefahr droht allenfalls von der 'Familie' Lafontaine, die im Kontrast zum Ruheständler Schröder noch nicht edelverrentet wurde, sondern weiterhin in der Politik aktiv ist. Und die kann sich freuen: Sie ist brandgefährlich - jedenfalls für diese SPD.

     

    P.S. Und die Wirkung von Schulz konnte man letztlich in der Heimat der Lafontaines, im Saarland begutachten: Sie war nicht dar. Dort regiert eine CDU-Frau im Merkel-Modus - Ende nicht abzusehen.

  • "Was soll Schulz jetzt machen? Am besten: Über eigene Wünsche sprechen."

     

    Jepp!

     

    Schulz wird nicht drumrumkommen sich deutlich zu einer Koalition mit der DIE LINKE zu positionieren. Alles ander wird vom Wähler als ein lavierendes "Ja" gedeutet und dem Schulz-Hype einen starken saarländischen Dämpfer auch in der Bundestagswahl geben.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Sie können es nicht lassen, schon jetzt über alle möglichen Koalitionen zu spekulieren.

    Am Ende zählt nur noch die Arithmetik und dann kann es gut sein, dass da plötzlich und unerwartet ein Lindner mit sechs Prozent ein paar Fäden in die Hand nimmt und mit den Volksparteien sein Marionettentheater aufführt.

    Bis Schröder, Heil und Schulz ihren Senf zugegeben haben, die Linke ihre Vorstellungen ausformuliert und Grün bei der Themenwahl auf einen Zweig gekommen ist, zwingen die Ausschläge in den Umfragen schon wieder zu neuen und vllt. ganz anderen Überlegungen.

    Im Juni sind es immerhin noch drei Monate bis zur Wahl...

  • Dann sollen Sie eben nochmal Juniorpartner einer großen Koalition werden und dann 2021 im Nichts versinken wenn es Ihnen Spaß macht.

    • @Rudolf Ditzen:

      Immerhin hat Schulz schon die EU, die in einem doch sehr stabilen Zustand war, als er im Parlament die Präsidentschaft übernahm, in einem völlig zerrütteten Zustand hinterlassen und als erster EU-Parlamentspräsident war die EU am Ende seiner Amtszeit kleiner wie vorher.

       

      Das wäre doch eine Möglichkeit für ihn, dies auch mit der SPD hinzubekommen.

  • Es zeichnet sich bereits ab, wie die Arbeitsverteilung in einer RRG-Koalition aussehen würde: Die Alpha-Tiere von SPD und Linkspartei würden sich ständig um die Planstelle „Koch“ streiten. Den Grünen bliebe dann nur noch die wenig lukrative „Kellner“-Funktion; sie müssten dann dem Volk die misslungene Kompromiss-Suppe als „großen Erfolg“ verkaufen.

     

    Vermutlich waren die Saarländer Wähler klüger als gedacht, als sie ausgerechnet den potentiellen RRG-Partnern schmerzhafte Punktabzüge bescherten, um genau diese Koalition zu verhindern!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Ganz einfach: "Die Saarländer" wollten nichts verhindern, sondern weiterhin Schwarzrot, leicht abzulesen an den Ergebnissen von Linkspartei und Grünen.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    "Sei es die Haltung der Linken zur Stasi oder die zur Nato, Gründe, mit ihr zu fremdeln, gibt es viele."

     

    Es gibt noch ein viel wichtigeres Problem, über das sich Rot und Grün vor einer Koalition mit der "Linken" Gedanken machen müssen: Wie sieht es mit der Verlässlichkeit der "Linken" aus?

     

    Führende Parteivertreter*innen haben die SPD in den letzten Wochen wiederholt zum Koalitionsbruch aufgefordert. Wer anderen zu so etwas rät, kann es mit Verträgen und Zusammenarbeit nicht so genau nehmen. Erst wenn sich die Linke klar zu einem Wert wie Verlässlichkeit bekennt, könnte über eine Koalition im Bund nachgedacht werden.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      Auf Landesebene sind Koalitionen mit den LINKEN bislang nie gescheitert, da haben die Grünen eher in Hamburg weniger Verläßlichkeit bewiesen oder die CDU in Schleswig-Holstein.

      Ansonsten sind es meistens irgendwelche Hinterbänkler aus der SPD, die angedachte Koalitionen aus der Deckung beschossen wie bei Ypsilanti und Simonis damals.

       

      Auf Bundesebene hat sich nur die FDP und die SPD (2005 unter Schröder selbst mit seiner Neuwahl) als unzuverlässig dargestellt.

       

      Die Linke erweist sich hier eher als zu zuverlässig. Eine Vorgängerorganisation der LINKEN hat die Nationale Front in der DDR sogar über 40 Jahre nicht aufgekündigt. Das ist doch wirklich verläßlich.

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Die Bundeslinken sind schon immer ein anderes Völkchen als die Landeslinken. Aus den Ländern kam meines Wissens auch keine Aufforderung an die SPD koalitionsbrüchig zu werden. Außer vielleicht von Herrn Lafontaine. Und dass der nicht zuverlässig ist, wissen wir alle.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      ja kann mich noch gut erinnern, wie das gute Lörchen aus NRW RRG starten wollte, und selbst Kraft und Löhrmann nach 1 Wochen die Faxen dicke hatte, weil immernoch die Maximalforderung der Linkspartei stand die Verfassungssschutzbeamten zu Lehrern zu machen.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      "Wenn Renegaten Renegaten Renegaten nennen"¿ (~K.T. Schnipsel;)

      Empf. "Wahrheit&Lüge in der Politik" by Hannah Arendt

      • @Lowandorder:

        Wollten DIE GRÜNEN nicht seit ihrer Gründung aus der NATO austreten ?

        Und nach der Wiedervereinigung, als der Warschauer Pakt aufgelöst wurde, haben Sie sogar für den Balkankrieg gestimmt !

        Da sind die LINKEN viel zuverlässlicher und werden keine neue Aussenpolitik in ihre Verhandlungen bringen.

        Handschlag, o.k.!

        • @Johannes Spark:

          Uppsala - Spitzbart&Bauch - auch?;)((

          • @Lowandorder:

            & nochens - es könnte Ihnen mit Verlaub schonn auffallen -

            Daß ich auf @Dimitry antworte!

            Die Boden&Haltlosigkeit der Grünen

            Ist mir - sorry - & Gar nicht witzig!

            Gerichtsnotorisch! - klar SPD - too!;((

  • Die SPD und auch die Grünen sollte in meinen Augen klar Farbe bekennen. Wenn man einer der beiden Parteien wählt, findet man sich entweder in einer GroKo, GroK-Grün, Grün-Schwarz oder R2G. Als Wähler würde mich diese Vielfalt abschrecken, da ich die Folgen meiner Wahl nicht im geringsten Abschätzen kann.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Schorsch2468:

      Dann am besten überall ein Kreuzchen machen, und schon sind die Folgen Ihrer Wahl abschätzbar.

    • @Schorsch2468:

      Genau. Insofern bleibt eigentlich nur die LINKE als wählbar übrig, wenn man keine GroKo oder Schwarz-Grün will.

    • @Schorsch2468:

      Junger Mann - da wissense mehr wie ich!

      Gab's - Letzteres schon mal¿;)

  • Es gibt gute Gründe für dieses Bündnis, und sehr gute Gründe dagegen. Deshalb würde ich mich als Sozi einfach darauf konzentrieren, in der Programmatik genügend konkrete Veränderungen zu verankern, um die Leute zu überzeugen. Nach den Wahlen sieht man weiter.

    Nicht verzichten würde ich auf die Vergesellschaftung (mit radikaler Dezentralisierung, also Übernahme durch Kommunen und Genossenschaften) der größten privaten Immobilienunternehmen und -AG's der Bundesrepublik. All das Geld, was für Mieten und shareholder veruntreut wird, könnte für Alltagsausgaben der Mieter verwendet werden.

    Das wäre mein Vorschlag, wenn die Demokratie hier nicht schon längst tot wäre, an Magersucht, Mangel an Vorstellungskraft und Solidarität gestorben. Die meisten Vorschläge dieser sehr mittelmäßigen Politiker langweilen mich zu Tode.

  • L = Sehr gut

    B = Gut

    S = Mittel

    E = Schlecht

    Auflösung: L - Lassalle, Liebknecht, Luxemburg, Lafontaine ; B - Bebel, Brandt ; S - Schmidt, Schulz ; E - Ebert

     

    S - Scheidemann zerstörte die Demokratie für alle.

    • @Johannes Spark:

      ;)) - sorry - but -

       

      Suboptimal fehlt unter

      Sch…

  • Die SPD muss die Schnittstellen nach mit und nach Links selbst abdecken.... ohne die Linken.

     

    Schafft sie das thematisch, kommt es darauf an ob eine seriöse Argumentation folgt.

    Und nein, Sozialgerechtigkeit und Umverteilung als Stichworte reichen nicht, also ganz sicher nicht!

     

    Übrigens, der nachtragende Schröder ist ein Jahr jünger als der vortragende Lafontaine.

  • WENN DIESER KILLER ...

    der sozialdemokratie doch endlich aufhören würde, der spd weitere grabgesänge anzutragen - die spd hat nur eine chance, wenn sie sich als partei der sozialen gerechtigkeit wieder vertrauen erwirbt. und das gelingt nur, wenn sie sich links wieder ein politisches terrain erobert. das aber geht nur mit einer machtoption, die die linke einschliesst. daher sollte sich schulz die ratschläge dieses "bastas" verbitten: "ratschläge" sagte einst johannes rau, sind auch immer "schläge".

    • @hanuman:

      Glaubst Du auch noch an den Weihnachstmann ?

      Die letzten Rentenreformen haben doch nur Neurentnern was gebracht.

      Alle vorherig Berenteten sind die Luser.

      Ein Zweiklassenrentensystem, wie die Nullis es aufgezwungen hat, wirkt in dem sozialen Körper wie ein schmutziges Brechmittel.

      Das könnte die Linke ehrlicher, besser und im Rahmen der Gleichbehandlung auch vordergründlich.

    • @hanuman:

      So lange ein Gerhard Schröder noch in der SPD ist, sollte jeder sozial eingestellte Mensch von der SPD Abstand nehmen und die einzig echte SPD, also DIE LINKE, wählen.

  • Was der machen soll?

     

    Mit dem Fotto plakatieren!

    Dann war's das!

    Optimal!

    • @Lowandorder:

      Meinen: "Mit DEM Fotto..." -

      jau, da hamm se recht.

      Wenn der olle Basta wieder mitmischt - keine Chance!