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Kommentar Klimaschutz in GebäudenVerdämmt und zugenäht

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Ein Drittel der deutschen Klima-Emissionen kommt aus Gebäuden. Dieses Einsparpotenzial wird von der Politik sträflich missachtet.

Werbung fürs Dämmen Foto: ap

U nter Energieexperten gilt das Energiesparen bei Gebäuden als „der schlafende Riese“. Ein Drittel der deutschen Klima-Emissionen kommt aus Gebäuden. Aber wenn erst mal das Bauen und Heizen effi­zienter werde, ja dann werde es richtig losgehen mit der Einsparung der klimaschädlichen CO2-Emissionen. So lautet seit Jahren das Versprechen.

Leider schnarcht der Riese Energieeffizienz weiter vor sich hin, und niemand kann ihn wecken: Die nötigen Sanierungsraten werden weit verfehlt, seit Jahren scheitert eine steuerliche Entlastung der Eigentümer im Streit zwischen Bund und Ländern. Richtig gestört hat bislang kaum jemanden, dass hier ähnlich wie beim Verkehr Jahr für Jahr keines der Klimaziele erreicht wird.

Als Folge gab es nur eine seltsame Debatte: Wenn das mit dem Energiesparen nicht geht, warum nicht mit Gas heizen, das sauberer ist oder sogar vielleicht ökologisch korrekt hergestellt wird? Wenig Anstrengung bei Politik und Hauseigentümern und damit einen neuen Markt erobern, das klang wie eine Option, bei der alle gewinnen. Die neuen Daten des Agora-Gutachtens sprechen jetzt eine andere Sprache: Demnach gibt es zur mühevollen Arbeit an der Effizienz keine wirklich Alternative. Der Traum vom einfachen Ausweg ist wohl geplatzt. Verdämmt und zugenäht!

Die Konsequenz daraus muss eine neue Ernsthaftigkeit sein. Die Regierung muss nicht nur beim Kohleausstieg oder im Verkehr handeln, sondern endlich auch beim Klimaschutz in Gebäuden: Mehr Anreize, mehr klare Regeln, eine Einigung über Steuererleichterungen mit den Ländern. Der politische Wille sollte da sein, wenn SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil derzeit dauernd von Klimaschutz spricht und sogar CDU-Dinosaurier Friedrich Merz ihn als Großaufgabe nennt.

Alles kann vom Dämmen profitieren: neue Jobs, Wachstum, weniger Emissionen, ein gemütlicheres Zuhause. Es müsste sich nur endlich mal jemand in dieser Regierung zuständig fühlen und sich dahinterklemmen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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16 Kommentare

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  • Der Artikel stimmt von A bis Z.

    Dass Einige eine individuelle Verantwortung übernehmen für Viele ist für die meisten nicht vorstellbar. Daran krankt das Zusammenleben auf diesem Planeten.

    Die Qualität der derzeit verfügbaren Dämmstoffe auf Basis Holz- oder Kunstfasern gekoppelt mit KfW Darlehen ist ausgereift und finanziell oft sehr interessant.



    Bei Denkmal geschützten Gebäuden kommt eine Turbo-Abschreibung dazu.



    Weiterhin kommen von der BAFA, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle attraktive Zusatzförderungen in Frage; z.B. 8.000 € für einen Biomassekessel oder 4.000 € für einen Partikelfilter oder Kostenerstattung für Energieberater (ebenfalls bis 8.000 € pro Objekt).

    www.bafa.de/DE/Ene...B1D5D4EEC.1_cid362

    Da kann man in der Politik natürlich noch mehr machen und das wäre auch wünschenswert! Die Wärmewende wäre ein zentrales Thema für die Einhaltung von CO2 Einsparzielen.

    Das ganze Rumgeknatsche der z.T. erheblich uninformierten Leser ist da wenig hilfreich. Weiter so, Kampagne bitte!

    • @Tom Farmer:

      ich frag mich gerade, wie hoch ist eigentlich der Anteil an CO2 in der Luft?



      10%, 20% 50% ???



      Oh je. Es sind unglaubliche 0,038%. Damit dieser Wert größer scheint ist er in ppm /Parts per million angegeben, dann sieht das so aus - 380ppm.

      Habe mir neulich ein CO2-Messgerät zugelegt und in deraufstellen. Man sieht gut, man ist selbst der größte Emittent. Denn ruckzuck steigt der Wert auf 1600ppm.

      Und, CO2 hat ein Molgewicht (22,4L Gas) von 44,01 Gramm, trockene Luft dagegen nur von 28,95 Gramm. Klar CO2 ist deshalb immer unten.



      Wie aber das schwere CO2 bis in 6km Höhe in der Atmosphäre kommen soll um eine Absorptionsschicht (Treibhaus-Effekt) zu bilden, weiß ich auch nicht

      Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen, wie es die Physik fertig bringt, etwas schwereres als Luft in glaubliche Höhen steigen zu lassen.



      Irgendwie verbinde ich das mit PR und den Gewinnen der Bauwirtschaft und Industrie.

      • @Fantastin:

        Satire?

        Dennoch:



        Was Sie ausatmen ist Kohlenstoff den Sie vorher gegessen haben...als z.B. Gemüse. Dieser hat seinen Kohlenstoff vorher aus der Atmosphäre geholt. Sie und IHre Nahrung sind Teil des Kohlenstoffkreislaufs. Fossiler Kohlenstoff den Sie verbrennen nicht. Der kommt zusätzlich und ist daher KLima-schädlich.

        Mit ach so niedrigen % Angaben kommen Sie nicht weiter...versuchen Ihre Argumentation mal mit Blei in Ihrer Nahrung.. Gesundheit wünsch ich! Literatur wie CO2 klimatolgisch wirkt gibts zu Hauf. Und wieso muss der erst 6 km in die Höhe? ...woher haben Sie den Schmarrn?

        • @Tom Farmer:

          Wo her ich das habe ? Na, die Physik sagt mir das. Recherchieren Sie selbst mal.



          Und das in 6km Höhe CO2 eine sogenannte Reflexionsschicht bilden soll, die die Wärmeabstrahlung in den Weltraum verhindere, das ist uns ja allen eingetrichtert worden.



          Übrigens - Pflanzen brauchen CO2, wollen Sie denen die 0,038 % nicht mal gönnen ? Immerhin sind das nur 1 CO2 Molekül auf 3000 Luftmolekule.



          Sonst wird wieder der "Waldsterben"-Wahn aktiviert.

          • @Fantastin:

            Schweres Gas bleibt immer unten? Gase schichten sich? Und das dauerhaft in thermodynamischen Prozessen?

            Ist das Ihr Ergebnis?

  • Wirklich "vom Dämmen profitieren" hauptsächlich die Hersteller der Dämmstoffe, die in zwei, drei Jahrzehnten von den schimmligen Fassagen bröckeln werden und als Sondermüll zu entsorgen sind. Die "Großaufgabe" für die Dämmstoffindustrie ist wohl auch das, was "CDU-Dinosaurier" Friedrich Merz wirklich am "Klimaschutz" interessiert.

  • In Ihrem o.g. Artikel wird die jährlichen CO2-Emission von Gebäuden auf über 30% angeben Diese Zahl enthält alle Gebäude. Für Wohngebäude ist die Zahl falsch. Diese Zahl von über 30% ist auch enthalten in dem Magazin des Bundesministers für Wirtschaft und Energie "Zukunft leben - Wege in ein energieeffizientes Zuhause" von - ich meine - Dez 2015 / Januar 2016 siehe dort auf Seite 12/13 das Schaubild. Da wird ein Wohngebäude gezeigt .Die dort angegebenen Quellen habe ich alle kontaktiert und keine hat sich bereit erklärt, diese Zahl für Wohngebäude zu bestätigen. Schließlich hat der Bundesminister eingeräumt, dass dies der Fehler eines Redakteurs sei. So wird in Deutschland Politik gemacht.



    Auch in Ihren Artikel werden doch schleichend indirekt die Wohngebäude gemeint.



    Hingegen hat das UBA bisher die CO2-Emisssion von Wohngebäuden für Heizung und warmes Wasser auf etwa ca 11% publiziert und bezogen auf die Treibhausgase auf unter 9% der bundesweiten Emissionen.

  • Die KfW bietet mit dem Programm 151 bereits eine sehr günstige Möglichkeit um die eigene Immobilie energetisch zu sanieren, der Zinssatz beträgt 0,75% und es gibt einen Zuschuss zur Kredittilgung, zumindest für Private ist es schon sehr günstig.

  • Haben Sie schon mal ihren genauen Jahres-Heizenergieverbrauch in m3 oder kW angesehen? Also nicht nur die Kosten.



    Bei meinem Haus von 1955, ungedämmt, habe ich einen Jahresverbaruch von 9,81 m3 Gas / m2. Wenn ihr gedämmtes Haus 5,0 m3 Gas / m2 verbraucht freuen Sie sich. Aber der Aufwand und die Kosten rechnen sich nicht für Sie. Unter dem Strich gilt so gut wie immer - es rechnet sich nicht. (BGH- Amortisation = max. 10Jahre) Bauschäden entstehen, Allergien - wenn man in einer luftdichten Plastik-Bude leben muss.

    Lasst Euch befreien von der lobbyorientierten Zwangsverordnung EnEV. befreien vom Dämmwahn gem. EnEV §25, einfach mal lesen, bevor man die Bauwirtschaft u. chem. Plastikindustrie reich macht und die Mieten durch "energetische Sanierung" steigen müssen.



    Nehmt einfach russisches Gas, benutzt eine Sockelleistenheizung und lasst Heizleitungen im Raum offen, damit sie die Wände ringsrum erwärmen.

  • Ich möchte darauf hinweisen dass man die Gebäudedämmerei im Bestand bei aller Klima-Euphorie durchaus differenziert betrachten muss!



    Nicht jedes Gebäude ist bedingungslos geeignet um in Styropor oder Glasfaser gepackt zu werden.



    Ganz besonders die historischen Fachwerkhäuser stehen dabei in Gefahr nachhaltig zerstört zu werden. Hier ist Sachverstand und Einzelfallanalyse Pflicht...

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Schrauberlehrling:

      Meine Güßte, wieviele Fachwerkhäuser, die noch nicht ab den 50'iger Jahren mit Plasteriemchen verkleidet wurden, gibt es in Deutschland denn noch?



      Da wohnen eh nur kleinwüchsige Menschen drin, die weniger Platz brauchen und ergo weniger heizen müssen.

  • Immer weiter diesen Unsinn zu verbreiten hat schon was religiöses. Gebäudedämmung ist wirtschaftlicher und ökologischer Nonsense

  • Das sind so Artikel, die vor allem die Auto- & Kraftwerkslobby freuen: Sollen doch die Mieter die Kosten der Klimawende bezahlen! Ganz von der Kleinigkeit abgesehen, daß der überwiegend verbaute Dämmstoff am Ende Sondermüll ist.

  • Siehe auch Fleischkonsum.

  • Eine Sachinformation über ein offenbar bewusst ignoriertes grundsätzliches CO2 Problem: CO2 verweilt in der Atmosphäre mehrere Jahrhunderte bis Jahrtausende. (10. Klasse Bildungsstandort Deutschland! Ökoinstitute, Bundesämter...)



    Dieses berücksichtigend stellt sich die Frage: Über was wird hier bei der Gebäudeisolierung geredet? Wie man bis 2050 oder 2100 den CO2 Ausstoß ZUSÄTZLICH erhöhen kann? Zum Wohle der technologischen Rettungsfantasien, die mit der Wachstumslogik kompatibel sind? Die der Wirtschaftsförderung und insbesondere den Immobilienspekulanten dienen, um niemanden zweifeln zu lassen, dass eine Abspeckdiät umso erfolgreicher ist, je mehr gesunde Nahrung man ZUSÄTZLICH zum Gewohnten isst?? Iss noch ein Apfelmüsli mit Bio-Sahne nach oder vor deinem Schweinebraten, und du wirst Gewicht verlieren?



    Es wird Jahrzehnte dauern, bis allein die ZUSÄTZLICHEN CO2-Emissionen für die Herstellung der Dämmmaterialien, die Transporte und dem Einbau kompensiert sind! Kein Gramm CO2 würde eingespart bis 2050! Wie viele energetisch schlechte Gebäude stehen in Berlin? München? Frankfurt? Moskau? Peking? NY?



    Nachträgliche Gebäudeisolierung ist und kann keine Klimaschutzmaßnahme sein, sondern das genaue Gegenteil, wenn man die Zeitschiene berücksichtigt und den akuten Handlungsbedarf zur CO2 Einsparung (bis 2050) ernst nimmt. In Zusammenhängen denken, ist offenbar immer noch Ketzerei in den Augen der Anhänger der „Ökonomie und Ökologie Versöhnungkirche“.

    Gleiches ließe sich auch zu den Heilspredigten über E-Mobilität sagen. ZUSÄTZLICHE Fahrzeuge und Infrastrukturen, die auf Biolandhöfen wachsen, für „Umweltbewusste“, und von konventionellen Anbauflächen kommen, für die, die noch nicht ganz so weit sind? Wäre ja schlimm, wenn man über die Grenzwerte „Fahrzeuggewichte“, „Motordrehzahlen“ oder „Fahrzeugabmessungen“ diskutieren müsste. 480 "PS" E-SUVs braucht das Land!

    Der Klimawandel, ist zu einem Marketingargument für ein „Weiter so!“ der Wachstumsökonomie geworden.

  • Nur sollte man endlich an effizienter Dämmtechnologie arbeiten.



    Häuser in Styropor einzupacken, ist nicht die richtige Lösung.