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Kommentar Kataloniens AutonomieDie EU schaut weg

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Madrid setzt vor dem Referendum Grundrechte außer Kraft. Während die EU in Polen und Ungarn Kritik übt, sieht sie in Spanien keinen Grund dafür.

Vier Finger als Zeichen für die vier Balken der Flagge Kataloniens Foto: ap

I m Vorfeld der für den 1. Oktober geplanten Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens setzt Spanien demokratische Grundrechte außer Kraft. Gegen mehr als 700 Bürgermeister, Parlamentarier und die Autonomieregierung wird ermittelt wegen Delikten, die mit Haftstrafen enden können. Druckereien und Redaktionen werden durchsucht, Plakate und Flugblätter beschlagnahmt, die Adressen derer aufgenommen, die Infomaterial für den 1. Oktober verteilen oder Plakate kleben.

Selbst im restlichen Land werden Veranstaltungen zum Thema Katalonien verboten. Allein die Debatte wird damit kriminalisiert. Und all das, weil die Verfassung ein Unabhängigkeitsreferendum nicht vorsieht. Ein Dialog, der wie in Schottland in einer gemeinsam organisierten Abstimmung enden könnte, findet nicht statt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die konservative Regierung der von Korruptionsskandalen gebeutelten Partido Popular (PP) unter Mariano Rajoy die Bürgerrechte beschneidet. Bereits vor zwei Jahren wurde das Strafrecht geändert. Mit dem sogenannten Knebelgesetz werden Aufruf und Teilnahme an spontanen Demonstrationen und die Verbreitung von Fotos von Polizeibeamten im Einsatz mit Bußgeldern zwischen 100.000 und 600.000 Euro geahndet.

Ein Anti-Dschihadisten-Gesetz dient dazu, die sozialen Netzwerke auf mutmaßliche „Verherrlichung des Terrorismus“ zu durchsuchen. Opfer dieses Gesetzes sind bislang vor allem Linke, die schwarzen Humor über den von der baskischen ETA 1973 ermordeten Nachfolger von Diktator Franco, Carrero Blanco, verbreitet haben.

Und die Europäische Union schaut weg. Es handele sich um einen innerspanischen Konflikt, so die Begründung. Dann aber stellt sich die Frage, mit welchem Recht sich Brüssel in Polen und Ungarn einmischt. Bürger- und Menschenrechte gelten überall und dürfen nicht konjunkturellen politischen Interessen untergeordnet werden.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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58 Kommentare

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  • Die Katalanen sind gewiss kein unterdrücktes Volk, das ein Recht auf Widerstand geltend machen könnte. Dieser Fall liegt ganz anders als etwa Kosovo.

    Die einseitige Sezessionsversuch verstösst klar gegen die Verfassung, die damals auch die Katalanen mit grossem Mehr angenommen haben. Welcher Rechtsstaat würde solchen Machenschaften einfach zuschauen?

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Peter Meier:

      Aber Opfer sein, macht ja so viel Spass, siehe AfD.

      Und wenn man nicht teilen will mit den Menschen im Lande brauchts halt ein rot-gelbes Mäntelchen um den eigenen Egoismus zu kaschieren.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Ich habe per se nichts gegen eine Unabhängigkeit Kataloniens. Aber wenn diese Methoden Schule machen - gute Nacht Europa!

        Dass die Katalanen ein stolzes Volk sind, zeigen sie in ihrem Land auf Schritt und Tritt. Wichtige Bekanntmachungen gibt es oft nur in der Landessprache, was die meisten Touristen hoffnungslos überfordert. Der Stolz auf die Eigenart wird manchmal rücksichtslos ausgelebt. Etwas aber sind sie gewiss nicht: unterdrückt und ausgebeutet.

  • Ist das eigentlich sowas wie eine unheimliche Anhäufung von Reichsbürgern?

  • Was soll aus den 50% Nichtkataloniern werden, wenn Katalonien selbständig würde? Doppelte Staatsürgerschaft? Dürften sich Regionen Kataloniens in denen es keine Mehrheit für eine Unabhängigkeit gab, wiederum abspalten und sich Spanien anschließen?

    • @Rudolf Fissner:

      Schauen Sie sich bitte mal dieses:

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/katalonien-carles-puigdemont-im-interview-ueber-den-bruch-mit-spanien-a-1168858.html

       

      Interview an. Es beantwortet Ihre Frage. Und die Antwort ist überhaupt nicht chauvinistisch.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nichts ist klar. Das ganze Referendum ist vom Zaun gebrochen und sehr fragwürdig in kürzester Zeit durchs Patalamanet gepeitscht worden.



        Ein MInister, der Zweifel an dem Referendum geäußert hat, wurde entlassen. Die Bürger haben bislang keine Wahlbenachrichtungen bekommen. Wo die Urnen stehen, ist auch unklar. Die Zentralregierung nennt die Abstimmung illegal, neun Millionen Wahlzettel sind beschlagnahmt. Ein Quorum für das Referendum gibt es nicht.



        Egal. So ein Referendum hat auf der Krim ja auch geklappt, dank grüner Männchen, die es eigentlich nicht gibt ...



        Es reicht nach Ansicht von Puigdemont eine Ja-Stimme bei 99,999999999999999999999999999 % Enthaltungen.



        Barca soll aber weiterhin in der spanischen Liga spielen (wenn es will) weil angeblich niemand will, dass es de Clásico nicht mehr gibt.



        Mit der EU will man verhandeln, denn ma will ja keinen "abrupten Bruch".

         

        Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

        Die Moderation



         

        • @60440 (Profil gelöscht):

          Kriegen Sie sich wieder ein.

           

          RUDOLF FISSNER hatte gefragt, was nach dem Referendum mit den Nichtkatalanen geschehen soll. Diese Frage wird im Interview beantwortet. Und die Antwort ist nicht die eines Chauvinisten.

           

          Ich halte eine Abspaltung auch für keine gute Idee. Allerdings ist der Wunsch nach einer Abstimmung sehr groß (ca. 70%). Also warum sollen die Menschen nicht über ihr Schicksal entscheiden? Und wer qualifiziert ausgerechnet Sie dazu, eine Entscheidung für die Katalanen zu treffen?

          • 6G
            60440 (Profil gelöscht)
            @warum_denkt_keiner_nach?:

            Die Frage wird eben so wenig beantwortet, wie alles was kommen wird. Wenn Sie schon nen link setzten, sollten Sie den Inhalt kennen.

            Nett übrigens, dass Sie mir absprechen, mich dazu äußern zu können. Ist in etwa so intolerant wie die Chauvis aus Kakaphonien.

            • @60440 (Profil gelöscht):

              Im Interview wird eindeutig gesagt, wie sich der katalanische Ministerpräsident das Zusammenleben nach der Unabhängigkeit vorstellt. Da Sie es nicht finden wollten, zitiere ich mal:

               

              "Der katalanische Nationalismus ist nicht ethnisch. Das ist unsere Stärke, darauf sind wir stolz. Katalonien ist ein Land der Einwanderer. 70 Prozent aller Katalanen haben mindestens ein Elternteil, das Wurzeln außerhalb unseres Landes hat. Es gibt viele Identitäten und Traditionen, sie widersprechen sich nicht. Wir stehen nicht für das alte Konzept: Ein Staat, eine Nation, eine Sprache, ein Volk. Katalane ist, wer hier lebt und arbeitet - und das auch will."

               

              Mit den von Ihnen ständig unterstellten Chauvinismus hat das nichts zu tun.

               

              PS: Natürlich können Sie Ihre Meinung äußern. Allerdings habe ich von Ihnen zu dem Thema bis jetzt nur Unterstellungen und Beschimpfungen gelesen. Mit einem zivilisierten Meinungsaustausch hat das wenig zu tun. Und Sie Maßen sich an, den Katalanen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Das steht keinem von uns zu.

              • 6G
                60440 (Profil gelöscht)
                @warum_denkt_keiner_nach?:

                Richtig, es sind Spanier, die in dieser wie auch allen anderen Regionen Spaniens leben. Das Referendum ist also quatsch.

                Danke für den Hinweis.

                • @60440 (Profil gelöscht):

                  Einige dieser Spanier fühlen sich eben mehr als Katalanen (nicht in ethnischen Sinn). Das ist wie mit den Russen und ukrainischen oder weißrussischen Russen...

                  • 6G
                    60440 (Profil gelöscht)
                    @warum_denkt_keiner_nach?:

                    Ich fühle mich ja als Marsianer, nicht so im ethnischen Sinn ...

                    Allerdings klar als Weißmarsianer, mit den Gelmarsianern hab ichs nich so.

                    Merken Sie eigentlich noch, was Sie so daherreden, bzw. nachreden ?

                    • @60440 (Profil gelöscht):

                      Sie haben es vielleicht überlesen. Ich halte nicht viel von solchen Abspaltungen und es fällt mir schwer, den Drang danach nachzuvollziehen.

                       

                      Allerdings verachte ich Menschen nicht dafür. Und ganz besonders fällt es mir nicht ein, Abspaltungen von einem Land toll zu finden und sie bei einem anderen zu verdammen. Wenn die Katalanen abstimmen wollen, sollen sie es halt tun...

                       

                      PS: Hatte mir doch gedacht, dass Sie mein Vergleich aufregt. Mit gleichen Rechten für alle Menschen haben Sie es ja nicht so :-)

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Wie üblich ist das den Chauvinisten egal. Wer nicht mit ihnen ist, ist gegen sie. Punkt.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Ich wünsche den Katalanen viel Erfolg!

    Sollen sich die Spanier mit ihrer korrupten Königsfamilie und der ebensolchen Regierung doch alleine rumschlagen.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die Katalanen könnten schon bald die Kurden Spaniens werden.

     

    (Nochmals reinschauen - Kommentar von Jost Maurin am 8.9. unter dem Titel

    "Dieses Projekt gefährdet die EU")

    • @571 (Profil gelöscht):

      Sie müssten es schon sein. Nur dann zieht der Vergleich. Sind sie aber nicht.

  • Bemerkenswert wie manche am Status Quo hängen.

     

    Als wäre es nie anders gewesen. Obwohl sich bekanntlich Landkarten alle paar Jahrzehnte ändern.

     

    Auch die heutige Bunderepublik wird irgendwann im Rückblick nur eine Momentaufnahme sein.

  • Man könnte die Katalonen aus der Spanischen Fußballliga ausschließen. Der FC Barcelona gewinnt dann wahrscheinlich regelmäßig die katalonische Meisterschaft.

  • Die EU darf sich nicht einmischen, den sie ist nicht zuständig. Das der Autor die auf der Hand liegenden Unterschiede zu Polen und Ungarn nicht erkennt ist höchst fragwürdig.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Der Autor hat völlig recht. Es ist unfassbar, dass die EU einfach wegschaut und die Chauvinisten in Kakalonien einfach machen lässt.

    Die EU muss den Anfängen wehren und den unverantwortlichen Hanseln die Folgen ihres Tuns unmißverständlich deutlich machen: Bei einer Abspaltung fliegen die Kakaphonienser aus der EU, verlieren sämtliche Rechte und Vergünstigungen, die eine Mitgliedschaft mit dieser mit sich bringt und werden diese auch nicht wieder erhalten. Keine Freizügigkeit, kein Binnenmarkt, keine Fördergelder, kein Erasmus-Programm.

    Sie werden erkennen, dass man eine Fahne nicht essen kann.

     

    Um mit Robert Menasse zu sprechen (Der Freitag, 14.09.2017, Kultur, S. 13):

     

    "Ich sage es brutal - die verschissenen Nationen produzieren autoritäre Systeme, Bürgerkriege, Misere, Trümmerhaufen."

     

    So ist es !

    • @60440 (Profil gelöscht):

      "Ich sage es brutal - die verschissenen Nationen produzieren autoritäre Systeme, Bürgerkriege, Misere, Trümmerhaufen."

       

      Das haben Sie falsch verstanden, er meinte nich Nationen sondern NATO

    • @60440 (Profil gelöscht):

      Sie sind doch sonst ein großer Fan von Abspaltungen und Chaos. Was ist los?

      :-)

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @60440 (Profil gelöscht):

      Genau, dann fangen wir doch gleich mit der Auflösung des spanischen Nationalstaats an, den Rajoy so hartnäckig verteidigt. Und die BRD können wir auch gleich mitauflösen, da würden sich einige freuen. Und dann machen wir nur noch kommunale Selbstverwaltung.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @82236 (Profil gelöscht):

        Gern ! Ich bin Europäer.

    • @60440 (Profil gelöscht):

      Wie kommen Sie darauf, dass die Katalonen "Chauvinisten" sind?

  • Man stelle sich vor, in Bayern gäbe es Bestrebungen, einen Volksentscheid über den Austritt Bayerns aus der Bundesrepublik abzuhalten. Was würde da wohl passieren?

    • @Hartwig Lein:

      Was da aktuell passieren würde? Nichts!

       

      Weil nur etwa 30 Prozent der Bayern derzeit für eine Wiederherstellung unserer Eigenständigkeit sind.

       

      Wären es 50 Prozent, dann würde über kurz oder lang ein Eigenstaatlichkeit eintreten. Sicher!

    • @Hartwig Lein:

      Bayern ist zwar ein schönes, aber nicht ganz zutreffendes Beispiel. Aber im in D zu bleiben: Es gibt eine Bevölkerungsminderheit mit eigener Sprache in der Oberlausitz, die Sorben. Könnten sich diese unabhängig erklären, einen eigenen Staat gründen und auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker pochen? Wie würde Berlin auf ein solches Anliegen reagieren, auf eine sorbische Volksabstimmung mit dem Wunsch, sich von Deutschland loszulösen?

      • @Tom Tailor:

        Bei aller Sympathie für die Sorben, aber es gibt von ihnen gerade mal noch höchstens 60.000, eher weniger. Und sechzigtausend Menschen reichen wohl doch nicht so ganz aus, um einen tragfähigen eigenen Staat zu bilden.

    • @Hartwig Lein:

      Ich würde schon mal Holz zurecht schneiden, um die A3 zu blockieren.

  • Katalonien sollte schnellstmöglich eine eigene Gerichtsbarkeit herstellen (inkl. eigenem Verfassungsgericht). Die spanischen Richter gelten dann als ausländische Kollegen, deren Privatmeinung zwar zur Kenntnis genommen wird, aber für katalanisches Gebiet unwirksam ist.

    Der spanischen Regierung sollte bereits vor dem 1. Oktober eine freundschaftliche Koexistenz mit wechselseitiger Entsendung von Botschaftern in Aussicht gestellt werden.

    Spanien muss kleiner werden.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      Genau, ein Staatsstreich von oben zur Etablierung des Chauvinismus.

      Mit 180 Sachen gegen die Wand, das ist die Lösung !

    • @Linksman:

      Eine solche In-Aussicht-Stellung würde das Referendum und eine einseitige Unabhängigkeitserklärung zumindest inoffiziell seitens der spanischen Regierung genehmigen.

  • "Und die Europäische Union schaut weg."

     

    Was soll sie machen? Eigentlich ist die EU für die Zerstücklung von Staaten immer zu haben. Und jetzt, da es ein Mitglied trifft, dass brav auf Linie marschiert, ist man in Brüssel halt ratlos.

  • Wollen Katalanen freien Warenverkehr verhindern/abschaffen? Was spricht für eine NATO-Mitgliedschaft? Wer würde die Personenfreizügigkeit verhindern? Die Katalanen? Über eine Mitgliedschaft in der Lobbykratie EU muss wenigstens diskutiert werden ... und wenn diese Diskussion durch ein Referendum zum Austritt angeregt wird. Und Ausgaben für Polizei und Militär reduzieren sich von selbst, wenn man nicht mehr in die Kriegskassen der EU und der NATO einzahlen muss

  • Ich bin persönlich gegen Sezessionsbestrebungen in Europa, da ich einen anderen Zukunftsgedanken für die EU habe. Aber Katalonien ist ein Sonderfall, denn das die Unabhängigkeitsbefürworter so stark sind, ist fast ausschließlich die Schuld der regierenden PP. Das Autonomiestatut für Katalonien war ja schon durch, bis es die PP per Klage vorm Obersten Gericht gekippt hat. Man macht den Katalanen kein Angebot, wie eine gemeinsame Zukunft aussehen könnte, sondern man droht ihnen nur. GB und Kanada hatten erkannt, dass das das Dümmste ist was man machen kann und darum haben die Separatisten eine Chance zu gewinnen.

  • Die EU hat sich nicht in diese inneren Angelegenheiten ihres Mitgliedslandes einzumischen. Dafür fehlt ihr die Zuständigkeit.

     

    Was soll dieser Vorwurf?

     

    Die EU kann sich erst nach einer Unabhängigkeitserklärung und Anerkennung Kataloniens mit dem dann neuen Staat beschäftigen. Bereits jetzt wird mantraartig wiederholt, dass Katalonien dann Drittland wäre. Mehr kann und darf die EU nicht sagen.

    • @DiMa:

      Zuständigkeiten

       

      Zitat von @DiMa „Die EU hat sich nicht in diese inneren Angelegenheiten ihres Mitgliedslandes einzumischen. Dafür fehlt ihr die Zuständigkeit.“

       

      Die polizeistaatlichen Praktiken des korrupten Rajoy-Regime der rechtspopulistischen CDU-Schwesterpartei Partido Popular, ein Derivat der Franco-Diktatur, verstoßen gleich reihenweise gegen elementare Menschrechtsstandards wie etwa die Art. 9 und 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (das allgemeine, jedermann zustehende Recht auf freie Meinungsäußerung, Informationsfreiheit, der Presse- und Rundfunkfreiheit). Grob verstößt Madrid überdies permanent gegen Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO und Art. 19 des UN-Zivilpaktes. Das EU-Parlament prangert regelmäßig Verletzungen dieser Grundrechte auch in jenen Ländern an - meist zu Recht -, die nicht Mitglied der EU sind, fühlt sich also durchaus „zuständig“.

      • @Reinhardt Gutsche:

        Meinungs- und Pressefreiheit sind ohne Frage höchste Rechtsgüter, können jedoch im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, usw. eingeschränkt werden.

         

        Eine verfassungwidrige Sezession dürfte wohl zumindest die territoriale Unversehrtheit berühren.

         

        Ja, das EU-Parlamtent hat sich in der jüngsten Vergangenheit oftmals ein wenig weit rausgehängt. Dies mag daran liegen, dass sich dessen langjähriger Vorsitzender selbst nicht um Zuständigkeiten geschert hat.

  • Sehr geehrter Herr Wandler,

     

    ihr Vorwurf aus der Überschrift ist überzogen.

     

    Madrid kann es sich einfach nicht leisten nur mit fairen Mitteln das Referendum zu verhindern. Katalonien ist viel zu wichtig für die Stabilität Spaniens. Und wer gibt freiwillig schon gerne Teile seines Staatsgebietes ab?

     

    Die Katalanen sind naiv wenn sie glauben, dass sie umgehend nach der Unabhängigkeit in die EU aufgenommen werden. Die Zustimmung der EU-Länder muss einstimmig sein und Spanien wird auf jeden Fall dagegen stimmen. Ganz zu schweigen von Italien, Frankreich und Belgien, die sich auch mit Separatisten (Norditalien, Korsika, Flandern) herumschlagen müssen.

    Außerdem wage ich zu bezweifeln, dass den Katalanen unterm Strich wirklich mehr Geld übrig bleibt. Die Ausgaben für Sicherheit (Polizei, Militär) und die Infrastruktur werden ja aktuell nicht nur von der Regionalregierung sondern auch mit Geld aus Madrid und der EU finanziert.

     

    Die Organisation und die rechtliche Grundlage des Referendums ist außerdem fraglich. Möglicherweise schafft man es rechtzeitig Urnen und Wahlunterlagen zu stellen. Aber das Referendum bleibt durch die spanische Verfassung immer noch nichtig. Rein rechtlich ist das Referendum damit nicht mehr als eine kostspielige Meinungsumfrage ohne rechtliche Verbindlichkeit.

     

    Falls Katalonien wirklich unabhängig wird, sind die Folgen aktuell nicht kalkulierbar. Natürlich ist es eine wirtschaftlich starke Region (vergleichbar mit NRW).

    Aber kann Katalonien überleben wenn es in Europa isoliert ist?

    -keine EU-Mitgliedschaft

    -keine Nato-Mitgliedschaft

    -kein freier Warenverkehr

    -keine Personenfreizügigkeit

     

    Von der Taz bin ich eigentlich Gegenwind gewohnt, sobald irgendwer sich patriotisch äußert. Im Fall der Katalanen bin ich ausnahmsweise mal dafür!

    Hier kann nur noch ein föderales System das Schlimmste verhindern.

    • @FrankUnderwood:

      Stumpfe Folterinstrumente

       

      Zitat von @FrankUnderwood

      „Keine Freizügigkeit, kein Binnenmarkt, keine Fördergelder, kein Erasmus-Programm.“

       

      Wie kommen Sie denn nun da drauf? Katalonien stünde der Weg offen, über die EFTA dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beizutreten, in welchem nach dem Abkommen vom 2.Mai 1992 die vier Freiheiten des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs herrschen. Es bekäme einen vergleichbaren Status wie etwa Island und Norwegen. Auch die Schweiz genießt über bilaterale Verträge mit der EU jene Freiheiten.

       

      Ähnliches gilt für das ERASMUS-Programm, für dessen Teilnahme eine EU-Mitgliedschaft nicht zwingend ist. Auch die Ehemalige jugoslawische

      Republik Mazedonien, Island, Norwegen, Liechtenstein und die Türkei gehören zu den Programmländern außerhalb der EU, warum nicht auch ein souveränes Katalonien. Und wenn schon der Zwergstaat Montenegro, ebenfalls das Szessions-Produkt, Mitglied der NATO werden kann, warum dann nicht auch Katalonien?

       

      Also, die Folterinstrumente, die Sie hier vorzeigen, erweisen sich als stumpf.

    • @FrankUnderwood:

      Es gibt Länder, die ohne EU oder NATO prima klarkommen. Ohne korrupte Zentralregierungen lebt es sich auch besser. Und um die eigene Sprache zu verwenden, braucht man keine Erlaubnis von irgendwelchen Despoten.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @uvw:

        Welche bloß ? Nordkorea ?

    • @FrankUnderwood:

      Nur dumme Menschen setzen den Gegenüber unter Druck, die Cleveren machen Ihnen ein vernünftiges Angebot.

      Und das versaut die PP einfach kolossal.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Die Dummheit des Gegenüber ist noch lange kein Grund diese zu überbieten.

        • @60440 (Profil gelöscht):

          Das Thema Unabhängigkeit wäre weiterhin ein Thema einer relativ kleinen Gruppe in Katalonien gewesen, wie in Euskadi, hätte die PP nicht den Autonomiestatus 2012 vorm Obersten Gericht kippen lassen. Das war dumm, sich daraufhin Unabhängig zu erklären ist nicht dumm, es ist folgerichtig.

          • 6G
            60440 (Profil gelöscht)
            @Sven Günther:

            Sie meinen sicher das Autonomiestatut von 2006, das 2010 in wenigen Punkten vom Verfassungsgericht in Madrid geändert und zum größten Teil für verfassungskonform erklärt wurde ?

             

            "Am 10. Mai 2006 stimmte das Spanische Parlament dem Statut schließlich mit den Stimmen von PSOE, CiU und IU zu. ERC, EA und PAR enthielten sich, und PP stimmte dagegen. In einem abschließenden Referendum am 18. Juni 2006 sprachen sich 73,9 % der Katalanen für das neue Statut aus. Eine große Enttäuschung bildete jedoch die geringe Wahlbeteiligung von etwa 49 % der Wahlberechtigten. Nachdem König Juan Carlos I. das Statut am 19. Juli 2006 unterzeichnet hatte, trat es am 9. August 2006 in Kraft.

            (...) Am 31. Juli 2006 reichte die PP (Partido Popular) eine Normenkontrollklage beim Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional) ein, mit der sie 114 der insgesamt 223 Artikel des Autonomiestatuts als verfassungswidrig angriff. Nach fast vierjähriger Beratung verkündete das Gericht am 28. Juni 2010 sein Urteil.[ Danach sind 14 Artikel insgesamt oder teilweise verfassungswidrig. Für 27 weitere Bestimmungen bestimmte es, dass und wie sie nach den näheren Ausführungen in den Urteilsgründen verfassungskonform auszulegen sind. Hinsichtlich der heftig umstrittenen Bezeichnung Kataloniens als „Nation“ in der Präambel des Autonomiestatuts urteilte es, dass diese keinerlei juristische Wirkung bei der Auslegung anderer Normen entfaltet (insbesondere daraus nichts hergeleitet werden kann, woraus sich eine Sonderstellung Kataloniens im Vergleich zu anderen Autonomen Gemeinschaften ergeben könnte, die sich nicht als "Nation" definieren). Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen."

             

            Quelle: Wikipedia "Autonomiestatut von Katalonien"

             

            Das Kind mit dem Bade ausschütten ist auch so immer dümmer und weit entfernt von "folgerichtig". Es ist nie folgerichtig, einen Fehler durch einen noch größeren zu beantworten.

            Es sei denn, Sie sprechen den Mesnchen ihre Urteilsfähigkeit ab, zB. aufgrund nationalistischer Verblendung ...

    • @FrankUnderwood:

      Bitte erklären Sie mir doch, warum die NATO-Mitgliedschaft zum Überleben notwendig ist ? Ich würde es eher umgekehrt sehen, ohne NATO lebt sich's besser !!

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Etwas verwirrend, der Artikel. Unter der Überschrift "Kommentar Kataloniens Autonomie" werden weitere mehr oder weniger (vermeintliche) Grundrechtsverletzungen der spanischen Regierung aufgezählt.

    Der journalistischen Lehrmeinung folgend, dass in der Headline das Wesentlichen eines Artikels zusammenzufassen ist, gehe ich allerdings davon aus, dass insbesondere die Verhinderung des Referendums als wesentliche Grundrechtsverletzung angesehen wird. Diese Sicht der Dinge dürfte allerdings einen gewissen Anspruch auf Exklusivität besitzen.

    Man stelle sich nur mal vor, die Reichsbüger würden in irgendeiner Ecke Deutschlands ein derartiges Referendum veranstalten. Würde die Verhinderung eines derartigen rechtswidrigen Referendums dann auch als Grundrechtsverletzung angesehen? Ich bin relativ sicher: Die taz wäre dann wohl eines der ersten Druckerzeugnisse, die dagegen protestierend anschreiben würden, oder?

    Darüber hinaus verstehe ich auch nicht, wie eine linke Zeitung das wirtschaftlich bedingte Aussteigen einer relativ wohlhabenden Region aus einer Solidargemeinschaft befürworten kann - denn das Nichtteilenwollen ist eben ein wesentlicher Antrieb des Referendums.

    Last but not least: Wollen wir wirklich ins europäische Mittelalter zurück, in die Kleinstaaterei? Ich sehe schon den Fleckenteppich vor meinem geistigen Auge....

    • @2730 (Profil gelöscht):

      "Wollen wir wirklich ins europäische Mittelalter zurück, in die Kleinstaaterei?"

       

      Wenn die Mehrheit der deutschen Bevölkerung das nicht wollte, dann würden am Sonntag ja wenig Parteien gewählt, die sogar mit Gewalt an der Zerschlagung Jugoslawiens mitgewirkt haben. Ich schätze dennoch, dass SPD/GRÜNE/CDU/CSU/FDP einen erheblichen Stimmenanteil bekommen werden.

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Die Zerschlagung Jugoslawiens mit Gewalt wurde zuallererst von grossserbischen Chauvinisten und Kriegstreibern herbeigeführt. Mitder zweckendfremdeten jugoslawischen Bundesarmee, Tschetniks, willkürlichen Erschiessungen, Terror, Folter und Lagern,

        Die hauptverantwortlichen serbischen Kriegsverbrecher Milosevic, Mladic und Karadzic stehen, da tot oder im Knast, glücklicherweise nicht zur Wahl.

        • @60440 (Profil gelöscht):

          "Die Zerschlagung Jugoslawiens mit Gewalt wurde zuallererst von grossserbischen Chauvinisten und Kriegstreibern herbeigeführt."

           

          Und die Großkroaten werden wieder einmal vergessen. Es wäre auch interessant zu erfahren, wie jemand, der den Zerfall verhindern will, diesen herbeiführen kann. Das ist unlogisch.

          • 6G
            60440 (Profil gelöscht)
            @warum_denkt_keiner_nach?:

            Die Kroaten sind nicht vergessen. Sie stehen nur nicht an erster Stelle.

             

            Und, wie so oft, haben kriegerische Mittel zur Durchsetzung von Zielen keinen Erfolg. Milosevic wollte ein Großserbien aus Jugoslawien machen, wobei er durch seinen chauvinistischen Furor alles verspielte (selbst Montenegro sagte sich von Serbien los).

            Und am Ende wurde er zu Recht von seinen Landsleuten verjagt und vor Gericht gestellt wurde. Als Kriegsverbrecher, der er war.

            Milosevic war nicht gegen den Zerfall Jugoslaiwiens er war der Motor des Zerfalls dieser Bundesrepublik.

            Daran ist nichts unlogisch.

            Das ist der ganz normale Gang der Geschichte, seit es Menschen gibt.

            • @60440 (Profil gelöscht):

              Wenn sich 3 Alphamännchen streiten, sollte man die Schuld nicht nur einem geben. Das ist zwar bequem, aber zu einfach.

              • 6G
                60440 (Profil gelöscht)
                @warum_denkt_keiner_nach?:

                Genau. Und am Überfall auf Polen waren auch drei Alphamännchen beteiligt. Hitler, Stalin und wie hieß noch mal der Pole ?

                Ich glaube ja, wer bei Konflikten alles immer nur zusammenrührt und scheinbar differenziert überall Verantwortung verteilt, schön gleichmässig, versteht sich, macht es sich zu einfach. Aber bequem ist so eine Sicht sicher, sie befreit von Nachdenken.

                • @60440 (Profil gelöscht):

                  Dümmer geht's nicht mehr?

                   

                  Beschäftigen Sie sich doch mal mit den komplizierten Machtkämpfen in Jugoslawien nach dem Tod Titos. Dann merken Sie vielleicht, dass ihre einfachen "Erklärungen" nicht ausreichen. Wissen ist immer besser, als das Nachbeten von Propaganda.