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Kommentar Griechenlands ReformpaketTsipras hat kapituliert

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die Reformliste macht keine Hoffnung. Sie ist eine Kopie der harten Maßnahmen, die die Troika Athen schon im Juni aufdrücken wollte.

Das Referendum hat nichts gebracht: Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras geht auf die Gläubiger zu. Foto: ap

D ie griechische Regierung hat geliefert. Am Donnerstag um 22.10 Uhr bestätigte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem den Eingang des Athener Sparpakets – knapp zwei Stunden vor Ablauf des Ultimatums aus Brüssel. Damit wurde die Frist eingehalten. EU-Kommissionschef Juncker muss seine Drohung mit dem Grexit – also dem Rauswurf aus dem Euro – nicht sofort in die Tat umsetzen.

Doch das ist auch ungefähr das einzig Gute, was sich an diesem Tag sagen lässt. Die 13-seitige Reform- und Streichliste selbst macht wenig Hoffnung. Sie ist, wenn nicht alles täuscht, eine Kopie der harschen neoliberalen Maßnahmen, die die Troika Athen schon Ende Juni aufoktroyieren wollte. Premier Tsipras hat letztendlich kapituliert, das Referendum gegen die Austerität hat nichts gebracht.

Das Schlimmste dabei sind nicht einmal die unverständlichen Rückzieher in alten Streitfragen, etwa bei den Renten oder der Mehrwertsteuer. Das Fatale ist, dass Tsipras den Sparkurs sogar noch verschärft. Er geht damit über die Zielvorgaben hinaus, die Anfang Juni bei einem Troika-Treffen im Berliner Kanzleramt formuliert worden waren. Diese Vorgaben verdammen Griechenland nämlich zu wirtschaftlich völlig unsinnigen Sparprogrammen.

Der Primärüberschuss soll wie von Kanzlerin Merkel und den Gläubigern vorgeschrieben von 1,0 Prozent in diesem Jahr auf erst 2,0, dann 3,0 und 2018 sogar 3,5 Prozent ansteigen. Und das, nachdem von Brüssel und Frankfurt erzwungene Kapitalkontrollen und Bankenschließungen die griechische Wirtschaft zuletzt fast stranguliert hätten. Auf die finanzielle Erpressung folgt ein Crash-Programm.

Grexit ist nicht vom Tisch

Ein wenig abmildern ließen sich die Folgen nur, wenn Griechenland nun sofort vom Schuldendienst befreit, mit einer kurzfristigen Finanzspritze aufgepäppelt und mit einem echten Wachstumsprogramm unterstützt würde. Das ist der Deal, auf den Tsipras nun hofft. Doch nichts davon zeichnet sich ab. Jetzt haben erst einmal die Hardliner der Eurogruppe das Wort. Sie könnten die Konditionen weiter verschärfen oder doch noch den Daumen über Tsipras senken. Der Grexit ist nicht vom Tisch.

Immerhin liegt der Ball nun wieder auf der anderen Seite des Felds – in Brüssel und Berlin. In Berlin muss Kanzlerin Merkel beweisen, dass sie es ernst meint und sich bei den Schulden bewegt. Und in Brüssel müssen Kompromissbereite wie Frankreichs Präsident Hollande versuchen, ein neues Foul der Gläubiger zu verhindern. Harte Sparmaßnahmen gegen großzügige, auch kurzfristige Finanzhilfen und Erleichterungen bei den Schulden – das ist die letzte Hoffnung für Tsipras, aber auch für Europa.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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84 Kommentare

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  • Attac kritisiert Teil II

     

    Noch zwei Wochen vor dem Referendum hatte die EZB gemeint, dass die griechischen Banken solvent seien und die ELA daher fortgesetzt werde (1). Nach der Ankündigung des Referendums war plötzlich alles anders. Zusätzlich haben EZB und europäische PolitikerInnen gezielt die Verunsicherung und die Liquiditätsschwierigkeiten der Banken in Griechenland verstärkt, indem sie immer wieder Kapitalverkehrskontrollen und ein Ende der ELA in Aussicht gestellt haben. (2)

     

    Die Versorgung mit Bargeld (Liquidität) gehört zu den vertraglich festgelegten Kernaufgaben einer Zentralbank – auch der EZB. Die ELA wurde genau für Situationen geschaffen, in denen die Menschen in Krisenzeiten mehr Bargeld nachfragen. „Leider können zahlreiche PolitikerInnen nicht zwischen dieser nötigen Liquiditätshilfe und einer Bankenrettung als Folge einer Insolvenz unterscheiden. Eine Insolvenz der griechischen Banken droht aber genau dann, wenn die Wirtschaft durch eine Weiterführung der Verarmungsprogramme weiter abgewürgt wird“, kritisiert Walch.

     

    (1) http://www.ft.com/intl/cms/s/0/8d1332d8-1373-11e5-ad26-00144feabdc0.html

     

    (2) Die EZB hatte schon im Februar beschlossen keine griechischen Staatsanleihen als Sicherheiten für die „normale“ Liquiditätsbereitstellung zu akzeptieren. Das ist der Grund, warum die ELA überhaupt gestartet werden musste.

  • EZB erledigt das politische Geschäft der Erpresser Griechenlands

    Mit dem Einfrieren und der Verteuerung der Notkredite (Emergency Liquidity Assistance, ELA) für griechische Banken verweigert die EZB der griechischen Bevölkerung an den Bankomaten ihr Eigentum und erledigt das politische Geschäft der Erpresser Griechenlands, kritisiert Attac Österreich.

    „Der Zeitpunkt die griechischen Banken von der Geldversorgung abzuschneiden ist politisch motiviert. Der einzige Zweck besteht darin die griechische Regierung endgültig in die Knie zu zwingen. Die EZB handelt damit keineswegs unabhängig vom politischen Einfluss der Gläubiger, jedoch völlig frei von demokratischer Kontrolle“, kritisiert David Walch von Attac Österreich.

    Quelle: attac Österreich

  • KME-Martin

    Selbstgefällig wie immer? Wie konnte Deutschland 1953 überhaupt etwas fordern? Deutschland hat bis heute seine eigenen Schulden nie zurückbezahlt, fordert aber das von anderen? Zumal ja nicht einmal Griechenland zu90% die Gelder nicht bekommt, sondern internationale Gläubiger die sich zu Lasten der Steuerzahler verzockt hatten? Schon vergessen, Finanzkrise, aber nachdem man die Banken gerettet hatte, wurde daraus eine Staatschuldenkrise, und die kleinen trifft es zu erst?

     

    Richtig oder Falsch darum geht es, weil das Spardiktat sprich die Austerität genau das Gegenteil gebracht hat, als man "erwartet hatte" daran glaube wer will. Ich bin davon Überezeugt, dass die Verantwortlichen von Anfang an wussten, dass Austerität nicht funktionieren kann, weil die Geschichte dies schon oft genug bewiesen hat. Schon vergessen Deutschland musste doch auch schon einmal unter Brüning, schmerzhaft erfahren, was Austerität bedeutet? Wer danach kam, wissen wir doch noch oder?

    • @heino Ewerth:

      Thema verfehlt, wie immer? Was hat denn das Londoner Abkommen mit der Situation in Griechenland zu tun? An welcher Stelle habe ich mich gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland ausgesprochen? Wo habe ich Zusammenhänge zwischen Banken- und Staatskrisen negiert? Ich werde mir sicher nicht verbieten lassen, darauf hinzuweisen, dass nicht nur die griechische Regierung demokratisch legitimiert ist, sondern auch die Regierungen der 18 anderen Euro-Mitgliedstaaten. Ich werde auch weiterhin mit dem Mythos aufzuräumen, dass sich neoliberale Kräfte gegen die älteste Demokratie der Welt verschworen haben. Die Völker der 18 Geberländer waren und sind zur Solidarität mit Griechenland bereit, knüpfen ihre Hilfen aber an Erwartungen und Bedingungen. Ich will diese Bedingungen gar nicht inhaltlich bewerten, erwarte aber, dass sie ernst genommen und nicht als Erpressung o.ä. abgetan werden. Demokratie ist keine Einbahnstraße. Mann darf sich nicht nur dann auf sie berufen, wenn sie einem gerade annehmlich ist.

      • @kme-martin:

        Herr Ewerth hat doch nur darauf hingewiesen, dass Deutschland ohne Schuldenerlasse und sinnvolle finanzielle Aufbauprogramme allein auch nicht existenzfähig wäre. Hätten die Siegermächte eisernes Sparen und gleichzeitige Schuldentilgung zur Bedingung gemacht, wär das hier mit "Exportweltmeister" jedenfalls nix geworden.

        • @Rainer B.:

          Obwohl die Rahmenbedingungen 1953 nun wirklich nicht mit denen 2015 vergleichbar sind, haben Sie zweifellos recht. Deshalb habe ich ja auch angemerkt, dass ich keineswegs gegen einen weiteren Schuldenschnitt oder eine Umschuldung bin. Dass Griechenland bereits mehrfach Schulden in erheblichem Ausmaß erlassen wurden, wird gerne verschwiegen oder vergessen. Eine solche Maßnahme macht aber nur Sinn und ist gegenüber den Völkern, die ihre Forderungen abschreiben müssen, nur dann vertretbar, wenn erkennbar ist, dass Griechenland aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und fehlende Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit nicht wieder durch gigantische Neuverschuldung kaschiert,

          • @kme-martin:

            Griechen und Touristen werden kaum Interesse daran haben, dass Griechenland mal ein hoch-produktiver, wettbewerbsfähiger Industriestandort wird. Manche Dinge schließen sich einfach aus und daran kann auch Geld nichts ändern.

  • Jetzt kann nur noch ein "Wunder " helfen; das letzte war vor über 2000 Jahren.

    Das war auch das Letzte!!

  • Griechenland braucht jetzt kurzfristig Geld.

    Das erreicht Tsipras damit.

     

    Da niemand erwartet, dass die Mehrwertsteuern auch innerhalb der nähsten Tage schon erhöht werden, wird das Geld erstmal fließen. Was dann die griechische Regierung wirklich macht, werden wir noch sehen.

     

    Griechenland brauchte erstmal ein bisschen was flüssiges. Da hat Tsipras den eitlen Eierköpfen der Eurogruppe den Gefallen getan, dass die das Gesicht nicht sofort verlieren. Jetzt kann die Regierung in Ruhe überlegen, was sie tatsächlich macht.

     

    Als gelernter Bankkaufmann kann ich nur sagen, dass man manchmal gar nicht glaubt, wie glücklich man ist, wenn einem ein säumiger Schuldner mal wieder das Blaue vom Himmel verspricht, damit man wenigstens nicht selbst derjenige sein muss, der dem Chef die Quittung zur Abschreibung der Forderungen vorlegen muss.

  • Yanis Varoufakis hatte wohl wichtigeres zu tun, als an der Abstimmung teilzunehmen:

    http://www.focus.de/politik/videos/waehrend-europa-zittert-varoufakis-macht-urlaub-dort-kommt-es-zum-eklat_id_4809513.html

    • @DJ Boemerang:

      @DJ BOEMERANG

      Ja wer auf so ein unterirdisches Blatt, noch verlinkt, hat nicht verstanden um was es hier geht, oder will es nicht verstehen. Aber merke, wer sein ganzes Wissen aus dem Boulevard bezieht, könnte am Ende genau so schlau, als wenn man gleich Analphabet geblieben wäre. Ich fordere ein "Foxit"

      • @heino Ewerth:

        dumm, überhebliche antwort. ja was hat denn dj nicht verstanden, worum es hier geht? varoufakis macht Urlaub, während einer absolut geschichtlichen Abstimmung und meint auch noch, er würde mit ja stimmen, wo er doch vorher sein Volk zu einem nein für die gleichen pläne aufgefordert hat. der man ist eben kein Demokrat.

  • Das ist alles beschissen und die Gewinner glauben natürlich an ihre "Marktwirtschaft".

    Dabei ist es nur das Diktat der Herrschenden

  • Was hat die griechische Regierung denn erwartet? Dass der Schwanz mit dem Hund wedeln kann? Es geht hier doch längst nicht mehr um die Frage, was richtig oder falsch ist, sondern darum, was politisch durchsetzbar ist. Ich persönlich finde die rigorosen Sparmaßnahmen falsch, habe aber längst erkannt, dass es für die Forderungen Griechenlands in den Euro-Mitgliedsstaaten und auch den anderen EU-Staaten weder parlamentarische noch außerparlamentarische Mehrheiten gibt. Das hat man als Demokrat zu respektieren und nicht Referenden anzuzetteln, die das Land spalten und die eigene Integrität als Verhandlungspartner massiv schädigen. Mit seiner jetzigen 180-Grad-Wende hat Tsipras nicht nur jeden Rest Vertrauens nach innen und außen vollends verspielt sondern er steuert geradewegs auf bürgerkriegsähnliche Zustände in seinem Land zu. War das der Plan?! Anstatt möglichst schnell und mit aller Kraft die massiven strukturellen Probleme des Landes anzugehen, hat man Monate mit ideologischen Grabenkämpfen und sinnlosen Verhandlungen verplempert. Leidtragende sind wieder einmal die Griechen, die spätestens heute jedes Vertrauen in die Politik verloren haben dürften.

    • @kme-martin:

      "Was hat die griechische Regierung denn erwartet? "

       

      Nun,- sie hat erwartet, dass man sie in Europa nicht anders behandelt, als z.B. die Iren auch. Dh., dass man die Schulden, die derzeit praktisch gar nicht zurückgezahlt werden können, zunächst im EZB-System versenkt, um zu einem Schuldenmoratorium zu kommen, mit dem es dem Land möglich gemacht wird, seine Wirtschaft wieder aufzubauen, die durch die jahrelange Sparpolitik zum Stillstand gekommen ist. Das wäre fair, vernünftig und auch durchaus erwartbar gewesen. Frau Hermann hat dies zuletzt im 'Presseclub Nachgefragt' vom 28.06.15 dargelegt.

      • @Rainer B.:

        ja, die Griechen haben weniger bekommen, die versprochen Reformen umgesetzt und zahlen das geld auch schon fleißig zurück. Irland ist eine moderne, flexible Demokratie, die ihre fehler korrigiert hat. Griechenland macht einfach weiter.

      • @Rainer B.:

        Das hat man bei Griechenland doch genauso gemacht, nur ist die Konstruktion eine andere als bei Irland. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass Athen bereits jetzt beispiellose offene und verdeckte Schuldenschnitte bekommen hat und auch noch bekommen wird. Aus politischen und formaljuristischen Gründen wird man es nur nicht so nennen, sondern "Umschuldung". Aber das ist gar nicht der Punkt und daran sind die Verhandlungen der letzten 6 Monate auch nicht gescheitert.

        • @kme-martin:

          Wenn man das genauso gemacht hätte, wäre der Grexit heute doch kein Thema.

          Waren Sie bei den Verhandlungen der letzten 6 Monate dabei?

          • @Rainer B.:

            Nein, ebenso wenig wie Sie oder Frau Hermann. Das ist aber eine ziemlich wertlose Feststellung, denn dass auch griechische Schulden "im EZB-System versenkt" wurden und künftig noch werden, ist keine Mutmaßung sondern Fakt. Der Grexit droht Griechenland auch nicht wegen des Schuldendienstes sondern weil die griechische Regierung viel zu viel Zeit und Energie darauf verwandt hat, mit den Institutionen um Bedingungen zu feilschen, anstatt die krassen Missstände und Defizite im aufgeblähten und vollkommen handlungsunfähigen Staatsapparat anzugehen. Die rechtskräftigen Steuerschulden sind in Griechenland Anfang 2015 auf den historischen Rekordstand von 70 Milliarden Euro gestiegen. 6.000 juristischen Personen wie Aktiengesellschaften und GmbHs stehen beim Fiskus mit weiteren 30 Milliarden Euro in der Kreide. Die Schattenwirtschaft boomt. Jeder vierte Euro wird schwarz erwirtschaftet. Das ist ein europäischer Spitzenwert. Geschätzt gehen dem griechischen Staat so jährlich mehr als 30 Milliarden Euro Steuereinnahmen flöten. Steuern werden - wenn überhaupt - nach dem 40/40/20-Prinzip gezahlt: 40% Schmiergeld für den Finanzbeamten, der die Steuerlast um 40% kleiner rechnet und 20% gehen (irgendwann) an den Staat. Ich kann diese Liste gerne weiterführen, wenn Sie wollen.

            • @kme-martin:

              Das alles ist ja schon sehr lange bekannt und wird von der Regierung Zsipras und den Griechen generell auch überhaupt nicht bestritten. Obwohl Griechenland schon beim Eintritt in die EU sehr hoch verschuldet war, wurde den Vorgängerregierungen von Tsipras die Euro-Milliarden oben und unten nur so rein geschoben, weil es politisch opportun schien. Wer jetzt von der Regierung Tsipras in sechs Monaten das erwartet, was die Vorgängerregierungen in 14 Jahren nicht zustande gebracht haben, der kann doch gar nicht seriös argumentieren.

              • @Rainer B.:

                Leute, Leute! Erst lesen, dann antworten! Das Schubladendenken in diesem Forum ist wirklich unerträglich! Ich habe angemahnt, dass Tsipras die unbestritten extremen Strukturprobleme seines Landes ANGEGANGEN hätte, anstatt sich in monatelangen Verhandlungen zu verlieren. Jeder, der seine 5 Sinne beieinander hat, weiß, dass Syriza für die Missstände nicht verantwortlich ist und sie in 6 Monaten nicht beseitigen kann.

                • @kme-martin:

                  Na also, warum nicht gleich so?

                  • @Rainer B.:

                    Ja Moooment! Das bedeutet nicht, dass die griechische Regierung nicht längst hätte z.B. Gesetzesentwürfe auf den Weg bringen oder gar beschließen können, die die dringend notwendigen Reformen endlich einleiten und die von den Vorgänger-Regierungen verweigert oder verschleppt wurden. Das wäre doch auch ein enorm wichtiges Signal an die Institutionen und die Völker Europas gewesen, nach dem Motto: "Seht her, wir sind anders als unsere verbrecherischen Vorgänger! Wir sind gewillt, alte Zöpfe abzuschneiden und stehen für Aufbruch und Neuanfang!". Die Symbolwirkung wäre eine ungeheure gewesen und hätte den Hardlinern den Wind aus den Segeln genommen. Mit ihrer mir unerklärlichen Passivität in diesem Bereich und den unzähligen, ergebnislosen Gesprächen, Gipfeln und Treffen hat Syriza ihren Gegnern in die Karten gespielt und sich in der öffentlichen Wahrnehmung ins Abseits gestellt. Viele, die Anfangs durchaus noch Verständnis und Sympathie für Athen hatten, haben sich mit zunehmender Dauer des Tauziehens um ökonomische Theorien und Ideologien immer mehr frustriert von der griechischen Regierung abgewandt. Es hat sich bei vielen einfach der Eindruck verfestigt, dass es Syriza an Strukturreformen gar kein echtes Interesse hat, sondern letztlich auf eine dauerhafte Transferunion hinarbeitet.

                    • @kme-martin:

                      Die Schulden, die teilweise Ende Juni fällig waren, kriegt man doch auch nicht weg durch Maßnahmen, die erst langfristig Effekte bringen können. Tsipras blieb aus meiner Sicht gar nichts anderes übrig, als intensiv mit den Gläubigern zu verhandeln. Das hätten andere auch nicht anders gemacht. Eine Lösung ist das alles selbstverständlich nicht. Ich bin im übrigen der Meinung, weder Griechenland noch der Rest der Euro-Gruppe hätten es zu einer derartigen Verschuldung jemals kommen lassen dürfen. Ich glaube auch nicht, dass sich ein Grexit ohne Schuldenschnitt auf Dauer abwenden lässt. Alle Beteiligten auf allen Seiten dürften das ganz genauso sehen, sagen es aber nicht. Es stellt sich doch eigentlich nur noch die Frage: Was kann man tun, um die Situation der Bevölkerung nicht unendlich zu verschlechtern und die Menschen nicht der Hoffnungslosigkeit zu überlassen? Was da jetzt auf dem Tisch liegt, trägt dazu jedenfalls auch nichts bei - im Gegenteil.

              • @Rainer B.:

                den vorgängerregierungen sind die Kredite gegen Reformen gegeben wurden. allein, während Irland, Spanien und Portugal die Reformen umgesetzt haben, hat man in Griechenland die Beraterteams der Institutionen rausgeschmissen, weil man die Reformen gar nicht umsetzen wollte. die Erinnerung scheint bei einigen menschen sehr kurz zu sein oder politisch verblendet.

                • @Helge Schneider:

                  Kredite nicht gegen Reformen, sondern gegen Sparpolitik. Das wird hier ständig immer miteinander verwechselt. Die sogenannte "Troika" wachte jahrelang über die Einhaltung der Sparpolitik. Was das gebracht hat, konnte man deutlich sehen. Es hat das Land ruiniert.

    • @kme-martin:

      Gut zusammengefasst. Chapeau !

  • Ja nun, die Maßnahmen sind ja noch nicht umgesetzt. Es bleibt also noch Hoffnunug, daß die Griechen nochmal einen verzweifelten Haken schlagen. Wie sonst soll Griechenland seine Unabhängigkeit bewahren, wie überleben?

     

    Die Realität ist bitterer als bitter. Griechenland ist das Versuchsgelände der radikalkapitalistischen Troika: Wie viel Zerstörungskraft können finanzielle Massenvernichtungswaffen entfalten? Wie weit kann man ein Land, ein Volk unterwerfen, demütigen, tyrannisieren, ja mittels gesteuerter Verarmung indirekt vernichten, ehe dem Einhalt geboten wird oder es kaputt geht?

  • Was auf der Reform-Liste steht ist solange völlig unerheblich, solange die Gesetze nicht im gr. Parlament entsprechend umgesetzt werden - und dabei erinnert man sich an die Aussagen von Troika-Beamten, die sich die Augen rieben, wie Reformansätze letztlich das gr. Parlament verlassen haben.

     

    Interessanterweise haben die Finnen beim letzten Sparpaket eine Kompensationszahlung von knapp 1 Mrd. EUR bekommen - also fast den Betrag, den die Finnen für das Sparpaket aufzubringen hatten.

     

    Das lässt mich fürchten, dass Merkel die Unwilligen in der Euro-Gruppe mit derart faulen Zugeständnissen auf Linie bringt.

     

    Offizieller Konsens nach außen und hintenrum wieder Schmu und dadurch eine überparitätische Belastung Deutschlands.

  • Hat Tsipras wirklich schon kapituliert? Nein, denn dann wäre er konsequenterweise heute als Regierungschef zurückgetreten. Kapituliert hat er erst, wenn er die der EU zugesicherten Reformen tatsächlich umsetzt, und das wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Fakt ist, dass sich aufgrund des letzten Ultimatums die Hinhaltetaktik, die wahrscheinlich auch das Ziel hatte, offen zu legen, wie verletzlich und instabil das EU-Finanzsystem ist, nicht mehr funktionierte. Daher dürfte das (scheinbare?) Einlenken jetzt die beste Möglichkeit sein, um weitere Zeit zu gewinnen und die für viele seiner Landsleute existenzbedrohende Situtation im eigenen Land zu entschärfen. Ich bin nur gespannt, wie er er schaffen will, seinem Volk klar zu machen, dass der Kampf gegen die die Austeritätspolitik und das internationale Finanzsystem keinesfalls abgeblasen, sondern nur vertagt ist, ohne dass die EU-Institionen und die Finanzminister davon Wind bekommen.

    Tsipras ist doch nicht blöd. Er weiß ganz genau, dass das neue Geld von der EU nur zur Überbrückung reicht, aber keines der Probleme lösen wird. Ich denke, er hat – mit den Herren Professoren im Hintergrund – nach wie vor das große Ziel vor Augen, das »System« insgesamt neu auszurichten, aber er weiß, dass er sich jetzt erst einmal ganz schnell um die »Alltagsprobleme« seiner Landsleute kümmern muss, damit die nicht auf die Barrikaden gehen.

    Ein anderes mögliches Szenario wäre, dass Tsipras darauf spekuliert, dass der Bundestag und auch die Parlamente der Finnen und der baltischen Staaten sein Reformpaket ablehnen. Dann wäre ein für allemal geklärt, wie es um die Solidarität in der EU bestellt ist. Tsipras müsste dann nur noch seinen Leuten erklären, dass ihm das von vornherein klar war und die Mail nach Brüssel nur ein Bluff war.

    Wie auch immer: Es bleibt spannend.

    • @Inka Lykka Korth:

      Tsipras spekuliert? Er blufft? Er fährt eine Hinhaltetaktik und lenkt "scheinbar" ein? Hören Sie sich eigentlich selbst mal zu? Hier geht es um Menschen, um Existenzen!! Griechenland steht am Abgrund und Sie finden das spannend? Hier ist kein Platz für eitles Getue, politisches Kalkül oder ideologische Grabenkämpfe! Glauben Sie Tsipras oder Varoufakis geht es auch nur einen Deut schlechter, wenn der Grexit kommt? Ausbaden muss es mal wieder das Volk, das zu einer großen Mehrheit ganz klar im Euro bleiben will und das langsam zu ahnen beginnt, welche katastrophalen Folgen ein Grexit wirklich insbesondere für die Armen und Rentner im Land haben würde. Das kann doch alles nicht wahr sein!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Schäuble hat gesiegt.

     

    "Mir tun die Griechen leid."

    (Schäuble im Januar)

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @571 (Profil gelöscht):

      Mir tut Herr Schäuble leid.

      (Wolfgang Leiberg, heute)

  • Ich weiß nicht, was ich davon halten soll! Die taz verlinkt sich mit sich selbst (Meinung auf Grund einer Meinung?) und schreibt: "...wenn nicht alles täuscht...".

     

    Was, wenn die Hoffnung trügt? Will sagen: Wer einem Mann, der bis vor Kurzem noch der Hoffnungsträger eines ganzen Kontinents gewesen ist, unterstellt, er hätte "kapituliert", der sollte zum beweis dafür doch wohl ein wenig mehr vorzeigen können als die vage Hoffnung darauf, dass er sich nicht irrt. Zu spekulieren oder abzuschreiben (und dann auch noch ohne zu sagen bei wem) ist keine Kunst sondern Boulevard.

     

    Der Troika traue ich ja durchaus zu, dass sie verlautbaren lässt, Tsipras' Vorschlag wäre der eigene. Gesichtswahrung ist schließlich ein Lieblingssport der Machthaber in Brüssel. Ohne Unterwerfungsgeste aus Athen kann die Troika unmöglich weitermachen. Sie hat schließlich erklärt, dass ihre alten Vorschläge längst nicht mehr gelten. Aber was, zum Henker, könnte die taz dazu bringen, das blöde Spiel auch noch zu beklatschen?

    • @mowgli:

      Ich bin jetzt mal alle Kontinente durchgegangen und habe auch nochmal in der einschlägigen Literatur nachgeschaut, dass ich nicht einen übersehen habe, aber mir ist nach wie vor absolut schleierhaft, der Hoffnungsträger welchen Kontinents Tsipras gewesen sein soll.

  • Mit dem griechischen Widerstand läuft es so, wie es mit der Nelken Revolution in Portugal lief (und auch daran war Deutschland damals maßgeblich beteiligt). Mit demokratischen / rechtsstaatlichen Mitteln wird man dieser (Geld/Macht) Elite auch nicht bei kommen, dazu haben sie das Spiel zu perfekt gespielt / die betroffenen Menschen lange genug eingelullt, bis sie selbst fast unangreifbar waren.

    • @Togijak:

      Hallo,

       

      wie meinen Sie das? Dass in Griechenland eine Art Diktatur herrscht und das Volk sich dieser nur in einer radikalen aber friedlichen Revolution entledigen kann? Ich hoffe ja noch, dass in Griechenland eine neue demokratische, marktwirtschaftliche Partei entsteht oder sich reformiert, welche die Kraft hat Griechenland vom Inneren zu reformieren. Ich glaube in Portugal war dies einfacher, da es sich um eine Revolution handelte, die im Kern die Freiheit beinhaltete. In Griechenland muss aber ein ganzes System und das Denken der Menschen reformiert werden.

  • ...da scheint mir jemand den Willen eines stolzen Volkes nicht so richtig ernst zu nehmen! das wird böse enden für Tsipras

  • Das schlimme ist, dass hier Ideologien vor dem Wohl von Menschen gehen.

     

    Leider speziell auf Seiten Syriza. Dermaßen viel leere Versprechen, undurchdachte Aktionen, jubenlde Menschen bei Volksentscheid "wir haben jetz in 2 tagen eine Einigung"..... usw.

    Alles Lügen und Träume von Hardlinern. Unerträglich!

     

    Man kann nur Mitleid haben, insbesondere auch Frust wegen der Bevölkerung dermaßenen Scharlatanen auf den Leim gegangen zu sein.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Wohl denen, die nichts zu sagen haben und auch schweigen können.

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Schauen Sie sich mal die Arbeitslosenquote, die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung etc. der letzten Jahre (nicht erst seit Antritt der Syriza) an, dann verstehen Sie vielleicht, dass es eine ganz andere Seite ist, die eine Ideologie vor das Wohl der Menschen stellt.

      • @628 (Profil gelöscht):

        Wenn es doch die böse EU/Euro ist, dann erläutern Sie mir bitte einmal, wie es in Griechenland heute aussehen würde, wenn das Land nicht der EU beigetreten wäre und noch die Drachme hätte!?

        • @Helge Schneider:

          Hätte, hätte - Fahrradkette.

          • @Rainer B.:

            Bo - das ist ein wirklich kluge Antwort und Beitrag um die Herausforderungen zu meistern.

             

            Gut gemacht!!

            • @anton philips:

              Danke! Immer gern doch!

            • @anton philips:

              Und was konkret trägt "Was wäre, wenn alles anders gewesen wäre?" zur Problemlösung bei?

              • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

                es trägt erst einmal dazu bei, dass man erkennt, dass man nicht die Institutionen für alles verantwortlich machen kann. Griechenland hat sich selber in diese lage gebracht. in anderen ländern geht es wieder aufwärts, dank erfolgter Reformen, in Griechenland wird nichts angepackt.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Es ist nicht so, dass Griechenland keine Reformen nötig hätte. Der Staat ist auch mehr oder weniger Pleite. Keine von diesen Tatsachen wurde von Syriza bestritten.

     

    Jetzt haben sie also angenommen, was ihnen die letzten 6 Monate als ultimative Medizin angepriesen wurde. Wahrscheinlich aus purer Angst vor einer Währungsumstellung, die gegen alle Regel von einer besseren zu einer schlechteren Währung führt. Die Konsequenzen kann man sich vorstellen.

     

    Also, warum nicht gleich so und wozu das Referendum?

    Mit Ausnahme von wutschnaubenden Politikern jeglicher Colouer hatten wir in den letzten Wochen/Monaten die Diskussion darüber, ob die Reformen sinnvoll sind (ja), sinnvoll auch ohne Schuldenschnitt (eher nicht), v.a. habe wir wohl viel gelernt über politische Kultur oder eher Mangel an derselbigen und durften mit Erstaunen zusehen wie eine mediale Hetze zwischen Tollwut, Spott und im besten Falle Ironie wie eine Walze über dieses Land zog.

    Keine schlechte politisch-mediale Standortdefinition. Da weiß man wo man dran ist.

     

    Und die Griechen? Wenn die jetzt liefern, da soll besser die andere Seite alles tun und zu ihrem neoliberalen Gott beten, dass es klappt. Sonst können Zweifel an der Wirksamkeit und Nebenwirkungen dieser Medzin nicht mehr aufzuhalten sein. Besser nicht.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Gerade kleine Länder mit eigenen politischen Konzepten werden es in der durchgängig auf Konsens ausgerichteten, von den großen Ländern dominierten EU immer schwer haben, sich durchzusetzen. Sie geben einen Großteil ihrer eigenen Souveränität ab, ohne einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten. Verfolgen die europäischen Staaten überwiegend neoliberale Politik, wird sich das kleine Griechenland mit seiner neuerlichen Links-Regierung leider kaum dauerhaft dagegen stemmen können. Das ist die bittere Wahrheit.

  • "Tsipras hat kapituliert"

    Interessant! Also läuft in Merkels Europa alles nach Plan - oder wie?

    • @Rainer B.:

      Marktkonform muß alles sein,

      sonst pisst die Merkel Dir ans Bein,

      was zuvor sie soff als Wein.

      Und solltest Du Dich wehren

      oder Dich beschweren,

      schlägt man Dir die Zähne ein

      und Gauck wird Dich belehren.

  • Es ist davon auszugehen, dass die Troika nun nehr verlangt. Eine einfache Unterwerfung unter alle Forderungen dürfte Schäuble & Co. nicht genug sein.

    • @Kaboom:

      Es waren lediglich die Forderungen um die letzte Tranche des 2. HPs zu bekommen, das ohnehin nur bis November reichen sollte. Würde er es jedoch schaffen, dass diese Anforderungen für ein neues und zeitlich viel langfristiger angelegtes HP übernommen würden, hätte Tsipras unglaublich viel durchgesetzt bzw. verhindert.

       

      Ob das gut wäre für Griechenland sei dahin gestellt, da das Siechtum, ohne echte Reformen oder dauerhafte Transfers, wie bisher weitergehen würde.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ich vermag nicht zu beurteilen, ob Tsipras bereits kapituliert hat. Ich hoffe, nicht. Aber selbst wenn, könnte ich es ihm nicht verdenken, denn er steht seit Amtsantritt unter einem geradezu unmenschlichen Druck, dem er standhalten muss. Man schaue sich Tsipras´Fotos von Anfang des Jahres an und vergleiche sie mit aktuellen:

    Die Veränderungen sprechen Bände!

     

    In einem anderen Portal las ich soeben in der Terminologie der hinlänglich bekannten Griechenhetze davon, das Zocken und Tricksen der Griechen ginge weiter. Natürlich aus dem Munde genau derer, deren alltägliches Geschäft dieses Zocken und Tricksen ist und die die 10 Billionen € Steuerausfälle in Europa Jahr für Jahr erst möglich machen: die Steigbügelhalter der EU Parlamentarier.

     

    Auf Phoenix lief gestern um Mitternacht die äußerst anschauliche Sendung "Steuerfrei. Wie Konzerne Europas Kassen plündern". Ekelerregend und widerlich.

  • Wenn die Troika wirklich die Regierung hier in Griechenland stuerzen will, dann koennte sie ja jetzt diese "neue" griechische Reformliste ablehnen...mit der Begruendung, dass sie uebertrieben waere wenn man das grosse "nein" der Griechen und die humanistische Krise beruecksichtige - und dann koennte die EU eine etwas lightere Reformliste vorschlagen --> schach matt ;)

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Naja, was sollte er machen. Dass er den Grexit um jeden Preis vermeiden wollte, kann ich gut verstehen. Dass das Programm Wahnsinn und zum Scheitern verurteilt ist (insbesondere aufgrund der aberwitzigen Primärüberschüsse, die bei einem Land in tiefster Depression völliger Irrsinn sind), ist klar. Schlussendlich war das Referendum der letzte verzweifelte Versuch, ein wenig mehr rauszuholen, und das ist eben gescheitert. Wenig verwunderlich angesichts der Kaltblütigkeit der Gegenseite, die Griechenland ohne mit der Wimper zu zucken über den Jordan hätten gehen lassen, freilich während sie im gleichen Atemzug irgendwas von europäischen Werten gefaselt hätten.

    Das Ganze ist eine Tragödie, aber ich sehe nicht, was man Tsipras hier vorwerfen könnte.

  • Neben Tsipras kommt ohne Einigung aber auch noch ein anderer Akteur stark in Bedrängnis, nämlich die EZB. Die kann zurzeit nur zusehen, während der Riss durch die Währungsunion und das eigene Haus geht.

     

    Nachdem sie nämlich seit Anfang des Jahres auch für die Aufsicht und Abwicklung der Großbanken zuständig ist (und damit auch in Griechenland) kann sie bei fehlender Einigung nur entweder die ELA-Hilfen erhöhen und sich damit selbst ad absurdum führen oder die Bankenabwicklung beginnen, mit diversen Risiken für den Währungsraum.

    http://www.mister-ede.de/politik/der-riss-der-waehrungsunion/4001

     

    Das erklärt aus meiner Sicht auch die Bereitschaft der Geldgeber, über eine Schuldenumstrukturierung zu sprechen und damit mindestens genauso einzuknicken wie Tsipras.

  • Das ist noch lange nicht das Ende... Ich freue mich schon auf seinen nächsten Schachzug, sicherlich wieder einer, mit dem niemand rechnet.

    Das Feudengeheul der Hardliner wird zu früh sein.

    • @robby:

      ganz toll, von Schachzügen zu faseln, während die griechische Bevölkerung leidet. syriza nimmt es in kauf, dass die menschen unter der völlig verfehlten Politik leiden. das ist unmenschlich.

      • @Helge Schneider:

        Nee, völlig okay. Nix anderes, was jeder verantwortliche Unternehmer macht, der die Arbeiter in seinem Betrieb nicht auf die Straße setzen will, weil er eine Liquiditätskrise hat.

        Denn nix anderes hat Griechenland. Von Schuldenstand sehen viele andere Länder schlechter aus.

        Ich schätze, Tsipras hat sich jetzt der britischen Logik angeschlossen, die die Beraterin der konservativen (!, aber nix mit Euro am Hut habenden) britischen Regierung, Vicky Pryce, empfohlen hat. Allem zustimmen und das Geld kassieren und dann nix machen. Sie werden sehen, die Griechen sind klüger wie die meisten anderen Eurostaaten und bekommen jetzt noch Knete.

      • @Helge Schneider:

        Bislang litten die Griechen immer nur unter dem Spardiktat aus Brüssel und wie würden noch viel mehr lieden, wenn Syriza sich nicht auf die Hinterbeine stellen würde. Es ist die Aufgabe des Regierungschef und Auftrag durch den griechischen Wähler, das Beste für sein Land herauszuholen. Dafür ist die Diplomatie da. Was unsere verstaubten Technokraten zur Weißglut bringt und was unsere Presselandschaft nicht verdauen kann, ist die Frische und die Beweglichkeit der neuen jungen Politiker.

        • @robby:

          Vielleicht hätte man die Griechen im Zuge des Referendums auch fragen sollen, zu welchen Reformen im eigenen Land sie denn bereit sind. Nur "Nein" zu sagen ist einfach. Zu einfach.

        • @robby:

          Vielleicht hätte man die Griechen im Zuge des Referendums auch fragen sollen, zu welchen Reformen im eigenen Land sie denn bereit sind. Nur "Nein" zu sagen ist einfach. Zu einfach.

        • @robby:

          Was denn für ein Spardiktat. Die aktuelle Schuldentilgung der Griechen ist die niedrigste eines Landes im Euroraum. Sparen um die Zinsen zu zahlen muß man also aktuell nicht. Was ja auch einen Schuldenschnitt nicht sinnvoll macht. Die Griechen können aber nur so viel Geld ausgeben, wie Sie einnehmen. Und da bisher mehr ausgegeben wurde, kommt es zur Korrektur. Ohne geht es nicht. Die Griechen müssen ihre Einnahmebasis verbessern. Nur von den Reedern steht schon wieder nichts im Programm. Man will es scheinbar nicht. Beweglichkeit sehe ich bei Syriza nun überhaupt nicht.

        • @robby:

          was sind denn das für nationalistische Töne? Ich dachte, es ginge um ein gemeinsames solidarisches Europa.

           

          Wenn man Ihren Maßstab anlegt, wird man es dem Rest Europas wohl nicht verdenken können, wenn sie weitere Hilfe ablehnen.

  • »Ein wenig abmildern ließen sich die Folgen nur, wenn Griechenland nun sofort vom Schuldendienst befreit, mit einer kurzfristigen Finanzspritze aufgepäppelt und mit einem echten Wachstumsprogramm unterstützt würde.«

     

    In Deutschland würde so etwas funktionieren. Griechenland hat aber keine funktionierende Wirtschaft, die man mit einem kurzfristigen Konjunkturprogramm anheizen könnte. Wer sollte Ihrer Meinung nach diese Finanzspritze bekommen?

     

    Viel eher müsste langfristig in den Aufbau einer neuen Wirtschaft investiert werden. Man könnte das als Chance für ganz Europa sehen und in zukunftsweisende umweltverträgliche Technologien investieren. Aber das wird wohl nicht passieren.

    • @Joseph Tannhuber:

      Griechenland muss aktuell prozentual den geringsten Schuldendienst aller Euroländer leisten.

  • «Mit ihrer neuen Reformliste negiert die griechische Regierung entweder den Wählerwillen, oder sie täuscht die Gläubiger. Letzteres erscheint als plausibler.»

     

    ... http://www.nzz.ch/wirtschaft/allein-es-fehlt-der-glaube-1.18577694

  • Hallo,

     

    warum erwähnt die TAZ denn nicht, dass die lieben linken Freunde schon wieder eine Besteuerung der Reeder, noch Einsparungen beim Militär in der Höhe, die von den Institutionen vorgeschlagen wurde, noch ein klares Bekenntnis zur Besteuerung höherer Vermögen und eine Verfolgung von Steuerhinterziehung und Korruption enthält? Genau das wäre doch das, was man von einer "sozialistischen" Regierung erwartet. Kann es sein, dass die TAZ einfach zu viel träumt. Syriza ist nicht anders als die Vorgängerregierungen. Man geht die wichtigen Themen nicht an. Zudem bleiben die Vorschläge wieder einmal schön vage. Grüße an Frau Herrmann

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Helge Schneider:

      Mir fehlt die Fantasie, mir vorzustellen, wie es aussieht, wenn eine Zeitung träumt. Ich kenne nur Personen und zwar sehr unterschiedliche Personen mit ebenso unterschiedlichen Qualitäten, Positionen und Werten. Auch bei der TAZ.

    • @Helge Schneider:

      Noch 2014 sind fette Rüstungsbestellungen in den USA durch die Vorgängerregierung erfolgt.

      Eingebrockt hat den Griechen das die von der Kanzlerin so geliebte Schwesterpartei der CDU unter Samaras, die bis Anfang 2015 noch an der Regierung war. Und die USA und die NATO stellten aus dem Anlass nur klar, dass sie von allen NATO-Mitgliedern die Erfüllung der Bündnisverpflichtungen erwarten - auch von Griechenland.

       

      Was das Vorgehen gegen Steuerhinterziehung betrifft: Da hat Tsipras doch schon bedauert, nicht das Geld für Steuerfahnder zu haben. Das wäre schon die fehlende Anschubfinanzierung.

       

      Was die Korruption betrifft: Die können nur dafür stehen, dass sie anders als Vorgängerregierungen seit spätestens 2003 eben nicht selber korrupt sind. Vorgehen gegen Korruption wiederum kostet auch Geld.

       

      Aber Europa sehnt sich nach der Rückkehr korrupter Regierungen, mit denen die es so gut konnten. Geld um Steuerfahnder einzustellen, den Aufbau der Vermögensbesteuerung, ... - all das wünscht Europa nicht bei den verlangten Reformen.

      • @Celsus:

        um die Steuerhinterzieher zu fassen, braucht man doch nicht die Genehmigung der EU, oder?

        • @iLiAs P.something:

          Haben Sie noch nie die Hetzkampagnen in der EU mitbekommen, wenn Staaten, deren politische Auffassung der EU-Mehrheit nicht passt, gegen Betrüger und Steuersünder vorgehen?

           

          Denken Sie an Chodorkowski, Timoschenko oder Al Weiwei.

          Die werden sofort zu politischen Gefangenen umgedeutet für die europäische Öffentlichkeit.

      • @Celsus:

        Hallo,

         

        eingebrockt haben das den griechischen Volk mehrere, auch linke, Vorgängerregierungen und das Volk sich selbst.

         

        Zum Thema Korruption und die Steuerhinterziehung:

        http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-syriza-regierung-fuehrt-vetternwirtschaft-fort-a-1032576.html

         

        Der griechische Staatsapparat ist riesig. Es müssen keine neuen Leute eingestellt werden. Im Gegenteil. Wann werden endlich Kräfte umgeschult und zur Bekämpfung von Korruption und Steuerhinterziehung eingesetzt? Warum wird immer noch kein Katasteramt aufgebaut? Es passiert nichts in Griechenland.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Helge Schneider:

          Einige Ihrer Fragen sind berechtigt. Beantworten sich aber nach kurzem Nachdenken von selbst: ein Land, das kurz vor seinem Bankrott steht (mit all den bekannten Konsequenzen), hat weder Geld für Umschulungen, noch für Steuerfahnder oder den Aufbau eines Katasterwesens.

           

          Oder - wie der Volksmund sagt: "Man kann einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen". Dürfte doch auf der Hand liegen - oder?

        • @Helge Schneider:

          Man könnte auch fragen, warum bekommt Griechenland z.b. keine personelle und fachliche Unterstützung beim Aufbau eines Katasters.

          • @Jochen Rohwer:

            Gab es ja, es waren mehrere Fachteams der EU in griechischen Ministerien unterwegs. Man hat nur gegen diese gearbeitet und sie irgendwann vor die Tür gesetzt.

          • @Jochen Rohwer:

            Gute Frage, das. Und? Ich meine: Was glauben Sie?

  • Der Vorschlag der Griechen wird in der FAZ verlinkt (auf dieser Seite: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/alexis-tsipras-vorschlag-zum-griechischen-reformpaket-13695413.html)

     

    Ich traue meinen Augen nicht. Dieser Vorschlag ist - bis auf ein paar 'winzige' Änderungen - Wort für Wort (und sogar im Layout) der Vorschlag der EU, der am Sonntag vom griechischen Volk mit Nein weggestimmt wurde. Zur Erinnerung, der EU-Vorschlag ist hier verlinkt: http://ec.europa.eu/news/2015/06/20150628_de.htm

     

    Im wesentlichen gibt es zwei Änderungen:

    - die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für die Hotellerie soll auf das Ende der Sommersaison verlegt werden (ab Oktober)!

    - staatliche Stellen sollen stärker kontrolliert werden ("Strengthen controls in public entities", "Strengthen ... internal audit processes" etc.)

     

    'Mehr Kontrollen' hört sich gut an. Im Gegensatz zu den anderen Teiles des Vorschlages gibt es hier jedoch keine Auflistung von Massnahmen, wie diese Kontrolle umgesetzt werden soll. Dagegen finden sich die von Varoufakis gewohnten Floskeln wie "Develop strategy", "Implement Strategy" und "Assess existing constraints ... and propose measures to address them". Und am Ende nochmal "Develop and implement strategy."

     

    Und wieder keine Massnahmen, sondern nur schöne Reden. So redet man sich aus dem Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft raus.

    "Develop and implement strategy." Klar doch, wie seit Jahrzehnten!

     

    OXI, Tsipras!

    • @bouleazero:

      Wer lesen kann, ist echt im Vorteil. Er kann nämlich lesen, dass in beiden Links der gleiche Inhalt steckt: die Vorschläge der griechischen Regierung. Die Troika-Vorschläge von vor dem Referendum sind nicht verlinkt. Auch nicht im zweiten, dem englischsprachigen Presse-Link. Also bitte: Erst vorurteilsfrei selber lesen, dann mit anderen zusammen aufregen.

      • @mowgli:

        MOWGLI, du liegst falsch. Meine Links sind genau so wie es da steht: das erste verweist auf den von der griechischen Regierung veränderten Text des EU-Vorschlags, und der zweite Link geht zum EU-Vorschlag, welcher gewisse Einwände der Griechen bereits enthalten hatte - er war das letzte Angebot vor der Abstimmung. Die griechische Regierung hat den Text, der zur Abstimmung stand, übrigens auch auf ihrer Webseite veröffentlicht - allerdings in einer noch unformatierten früheren Version (noch dazu undatiert!): http://www.referendum2015gov.gr/en/why-a-referendum/proposal-of-the-institutions-to-the-greek-government-full-text/

  • "Greece is the latest battleground in the financial elite’s war on democracy" (George Monbiot, The Guardien, 7.7.2015)

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Reinhardt Gutsche:

      Traurig - aber wahr!