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Kommentar Globale HandelskonflikteDie wahren VerliererInnen

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Trump sucht den Handelskonflikt. Zunächst werden die Industrienationen verlieren. Die wahren Leidtragenden aber sind andere.

Verlieren werden am Ende wieder die Schwächsten in der Freihandelskette Foto: dpa

W er wird der Verlierer sein in einem Handelskonflikt zwischen den USA und ihren Handelspartnern? Wohl erst mal China, Europa und so weiter. Die Rechnung von US-Präsident Trump ist so schlicht wie richtig; die Außenhandelsdefizite der Vereinigten Staaten sind ein Druckmittel, Strafzölle zunächst ein Problem für die Lieferanten – auch wenn letztlich die Verbraucher in den USA draufzahlen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dort abnimmt.

Formuliert man die Frage aber nur ein klein wenig um, fällt die Antwort anders aus: Wer wird Verlierer sein in einem Handelskonflikt zwischen den reichen Industrienationen und großen Schwellenländern? Wer ist der Verlierer, wenn diese Länder ihre Märkte noch mehr als bislang abschotten und den Welthandel beschränken?

Zwar haben 2017 seit langer Zeit wieder mehr Menschen gehungert als im Jahr zuvor. Doch insgesamt hat der Freihandel in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, die Zahl der Menschen zu senken, die in Armut leben. Zudem interessiert es die Konsumenten im reichen Norden immer mehr, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen Smartphones, T-Shirts und Kakaobohnen herstellt und angebaut werden. Zahlreiche Konzepte und Strategien für einen gerechteren Welthandel werden entwickelt oder schon verfolgt, sowohl in der Zivilgesellschaft als auch auf staatlicher und supranationaler Ebene – von Fair-Trade-Initiativen über Textilbündnisse in Europa bis zu den UN-Normen für Unternehmensverantwortung. Sie alle wollen Globalisierung nicht zurückdrehen, sondern fairer machen.

Insgesamt hat der Freihandel in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, die Zahl der Menschen zu senken, die in Armut leben

Wenn es schlecht läuft, wird diese Idee zwischen den Interessen der großen Wirtschaftsmächte erdrückt. Dann lässt deren Versuch, die eigenen Industrien zu schützen, keinen Raum mehr für globale Solidarität, nationaler Egoismus wird legitim. Die wahren VerliererInnen des Handelskrieges zwischen den USA und ihren Partnern wären dann – nur ein Beispiel – die Textilarbeiterinnen in Bangladesch.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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8 Kommentare

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  • Wer im Glashaus sitzt...

     

    Zitat: „Die Rechnung von US-Präsident Trump ist so schlicht wie richtig; die Außenhandelsdefizite der Vereinigten Staaten sind ein Druckmittel, Strafzölle zunächst ein Problem für die Lieferanten – auch wenn letztlich die Verbraucher in den USA draufzahlen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dort abnimmt.“

     

    Auch hier wird wieder der Eindruck erweckt, als seien Strafzölle eine Erfindung Trumps und die EU ein Hort der Freinhandelsorthodoxie. Sieht man genauer hin, ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Dem Leiter des Zentrums Wirtschaftspolitik am Kieler IfW Henning Klodt zufolge erhebt die EU ihrerseits seit langem drastische Strafzölle, allein im Stahlbereich für mehr als 40 Produktbereiche. Mit einer Kombination aus Mindestpreisen und Strafzöllen von fast 50 Prozent schotte Brüssel die heimische Industrie zudem gegen chinesische Solarpanele ab. Dasselbe gelte etwa für diverse chemische Produkte mit Strafzöllen bis zu 72 % sowie für Lebensmittel und Lebensmittelzusätze bis zu 126%. Auf 126 Prozent beliefen sich die Aufschläge bei Süßstoff zugunsten v. a. des zum Celanese-Konzern gehörenden Frankfurter Weltmarktmonopolisten Nutrinova. 10% betrage der Importzoll auf Personenwagen (gegenüber 2,5% in den USA) und 22% auf die als LKW eingestufte Pick-ups.

     

    "Insgesamt“, so Henning Klodt, „ist die EU bisher jedenfalls eindeutig protektionistischer ausgerichtet als die Vereinigten Staaten." (FAZ, 3.3.2018)

  • Der ganze Handel ist nur mit Kohle (Dampfschifffahrt und Eisenbahn) sowie Schweröl (heutige Tanker und LKW) möglich. was denken sie, was passiert, wenn diese beiden Energiequellen nicht mehr billig verfügbar sind?

    Wieviele Konsumenten kaufen Fairtrade, Fairphone oder auch nur mal beim Bauern nebenan? Verlogen, verlogen, verlogen das Ganze.

  • Der Wohlstand in unserem Land beruht zur Zeit nur darauf, dass es noch genug Menschen gibt, die sich "Fairtrade" Waren leisten könnten und dies nach ermessen auch tun.

     

    Schaut man aber etwas genauer hin, muss man erkennen, dass es auch in unserem, ach so Reichem Land, immer mehr Menschen gibt, die durch prekäre Jobs, befristete Arbeitsverträge und vor allem zu niedrige Renten nicht mehr in der Lage sind, sich selbst angemessen zu versorgen!

    Die Kinderarmut, die schlechten Schulen, egal ob in der Substanz oder in der Ausbildung, tragen nicht gerade dazu bei, den Menschen Hoffnung auf Besserung aufzuzeigen!

     

    Von der Politik ist immer noch nicht erkannt worden, dass immer mehr Menschen, die zur Zeit noch einen gut bezahlten, vermeintlich sicheren Arbeitsplatz haben, sehr verunsichert sind, wie lange sie diese Privilegien noch ihr Eigen nennen dürfen.

    Durch die neoliberale Weltordnung ist es den einzelnen Regierungen nur noch selten möglich Einfluss auf die Wirtschaft zu nehmen, denn selbst wenn dies versucht wird, werden die Schlüsselwirtschaften kurzerhand in einen anderen Teil der Welt verlegt, so dass die Großunternehmer nie in die Lage versetzt werden können, wirklich auf die Regularien der Regierenden einzugehen.

    Dies ist doch auch das Hauptargument der Politik, das Wirtschaftskapital nicht zu verärgern, da es um Arbeitsplätze geht.

    Das ist der Grund, weshalb die Politik immens zögert dafür zu sorgen, das es eine gerechte Verteilung der globalen Umsätze gibt!

     

    Bei dieser ganzen Zerrerei um die Wirtschaften mit ihren Einfuhrbeschränkungen oder nicht geht es doch ausschließlich darum die Einkünfte einiger weniger dieser Welt zu erhöhen und deren Macht zu festigen.

    Wer dabei auf der Strecke bleibt, ist dort "Oben" irrelevant!

     

    Verlierer werden weltweit alle sein, die in Lohn und Brot stehen, um ihr bisschen Leben lebenswert zu machen, egal wo auf der Welt, es ist überall das gleiche, nur der Level unterscheidet den Kampf ums Überleben!!!

  • Unser aufgeblasener Wohlstand geht ohnehin auf Kosten der Menschen in den aermeren Laendern. Wuerden wir die nicht versklaven, koennten wir uns gar nichts mehr leisten, was wir als "Lebensstandard" bezeichnen. Und klar, wenn uns der Arsch auf Grundeis geht und wir unsere Standards in Gefahr sehen, lagern wir die Kosten einfach aus. Wenn die Menschen bei uns nicht mehr genug Geld haben, FairTrade und Bio zu kaufen, werden sie als erstes bereit sein, schlechtere Bedingungen anderswo in Kauf zu nehmen, insofern stimme ich dem Artikel zu.

    Ich frage mich, wie lange das alles noch gut gehen wird, bis uns das ganze Kacksystem um die Ohren fliegt. Ich will nichts gegen FairTrade und dergleichen sagen, und es ist ja ein sehr gutes Anliegen. Aber auf die gesamte Weltwirtschaft betrachtet wage ich die Bedeutung dieser Anstrengungen zu bezweifeln. Man selbst weiss oft nicht, wie weit man gehen soll um so wenig wie moeglich mitzumachen und die Ausbeutung zu unterstuetzen. Wenn man dann daran denkt, wie viele Leute sich wirklich einen Dreck dafuer interessieren, wer fuer ihren Luxus bezahlt, kann man sich dabei schon bloed vorkommen. Trotzdem kein Grund, sich denen anzuschliessen.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...bitte, die wahren Verlierer von Freihandelsabkommen waren schon immer die sog. Schwellenländer. Nicht umsonst machen sich viele Menschen z.B. aus Afrika auf den Weg in's gelobte Land, nach Europa.

    Das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Mexiko hat dazu geführt, dass in Mexiko viele Kleinbauern ihren Mais nicht mehr verkaufen konnten, kein Einkommen mehr hatten und die Landwirtschaft zwangsläufig aufgeben mussten.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Dann sind Sie, wenn ich Ihren Kommentar richtig verstehe, ein Freund von Trumps Marktabschottung?

      • @rero:

        Vielleicht ist es für die Menschheit mitsamt iher Umwelt "Erde" eine Weile besser, auf weltweiten Freihandel zu verzichten.

  • Das scheitern von TTIP ist eine peinlichkeit überhaupt und hat womöglich noch einen Trump zur Präsidentschaft verholfen. Er gebiert sich nicht anders als der Deutsche Bauernverband in dieser Hinsicht.