Kommentar Facebook-Gesetz: Ein wenig albern
Facebook-Freundschaften zwischen Schülern und Lehrern sind per Gesetz untersagt. Es scheint nicht mehr möglich, Dinge ohne das große, väterliche Gesetz zu regeln.
D as Verhältnis zwischen Pädagogen und SchülerInnen ist von jeher ein Schwieriges. Pädagogik ist schon an sich ein umstrittenes Feld. Schlimm wird es, wenn es ins Psychologische geht. Oder sich das Thema mit einem anderen Lieblingsthema kreuzt, nämlich der Frage, wo beginnt Transparenz und wo Überwachung und was hat das alles mit dem Internet zu tun.
In Rheinland-Pfalz, Hauptstadt Mainz, hat man jetzt das ein Gesetz beschlossen, nach dem Lehrer und Schüler keine Facebook-Freundschaften mehr unterhalten dürfen. Daran ist natürlich vieles aberwitzig. Das Aberwitzigste daran ist, dass es in Deutschland nicht mehr möglich zu sein scheint, Dinge ohne das große, väterliche Gesetz zu regeln, so banal sie auch sind. Darf also nicht, weil: steht so im Gesetz.
Dabei wird übersehen, dass aufgeklärte SchülerInnen – also die, die nicht ganz auf den Kopf gefallen sind – ohnehin darauf achten, mit wem sie virtuelle Freundschaften pflegen. Obere, also die sogenannten Autoritätspersonen, fallen da eh durchs Raster. Denn wer will schon, dass Oma oder Frau Mathelehrerin die Absturzfotos vom letzten Samstag sieht? Man muss schließlich nicht mit Leuten befreundet sein, vor denen man sich auch sonst besser in Acht nimmt – schon gar nicht im Internet. Reicht schon, dass Amerika alles weiß.
Nächster Aberwitz: Da bietet ein Unternehmen für virtuelle Unterhaltung ein überall empfangfreies Unterhaltungstool an – ein soziales Netzwerk. Und irgendwelche Provinzregierungen beschließen Gesetze über den Umgang damit. Klar ist Facebook für manche die Welt. Und klar produziert der ominöse Erfolg dieses Netzwerks alle möglichen sozialen Fragen. Aber wie würde man heutzutage ein Gesetz aus dem Jahr 1956 bewerten, nachdem das Umwerfen von Schach- oder Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Brettern vor dem regulären Ende der Partie verboten und also strafrechtlich verfolgbar war? Als ein wenig albern, oder?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“