Kommentar Enquete-Kommission Heimerziehung: Eine echte Chance
Bisher lief die Aufarbeitung fataler Kinderschutzfälle nach einem einseitigen Muster: Hier die anklagende Opposition, dort die Fachbehörden
U nd wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis. Die Idee einer Enquete-Kommission zur Jugendhilfe kommt etwas abstrakt und spröde daher. Aber sie wird zu Recht von Fachleuten propagiert.
Denn bisher verlief die Aufarbeitung fataler Kinderschutzfälle nach einem einseitigen Muster: Hier die Opposition, die anklagt und zum Gefallen der Medien schärfere Kontrollen und Regeln für Jugendämter und Familien fordert. Dort eine Fachbehörde, die ein uhrwerkartiges Regelsystem aufbaut, mit dem Versprechen, dass keine Fehler passieren.
Es ist schwer zu verstehen, warum etliche Pflegekinder nicht wie vorgeschrieben zweimal im Jahr besucht wurden. Aber auch mit Hausbesuchen kann es passieren, dass die überforderte Oma gewalttätig wird. Trotzdem mag es richtig gewesen sein, dass Kind in dieser Großfamilie zu lassen.
Wichtig ist, dass die Jugendämter einen Draht zu den Familien behalten, dass die Familien eine soziale Infrastruktur vorfinden, die sie trägt. Auch die Armut, die Wohn- und Lebensbedingungen müssen mit in den Blick genommen werden. Erziehungshilfe darf sich nicht nur auf Kinderschutzfälle konzentrieren.
Bisher hat die Politik allein das Spiel bestimmt. Zehn Jahre lang reihte sich ein Sonderausschuss an den nächsten. Wer den Vorsitz inne hat, machte später Karriere. Die Kritik von Fachleuten, dass der Kontrollwahn kontraproduktiv sei und die Lebensbedingungen und Rechte der Kinder verbessert werden müssten, wurde als linke Spinnerei abgetan. In einer Enquete-Kommission, bestünde die Chance, diesen Diskurs auf Augenhöhe zu führen.
Vertane Zeit wäre dies nicht. Besagte Hausbesuche blieben ja auch deshalb aus, weil die Fluktuation hoch ist und sich kaum noch Personal findet, dass diesen schwierigen Job machen will.
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