Kommentar CSU und Schwarz-Grün: Ein völlig anderer Kulturkreis
Mit ihrem rechtspopulistischen Kurs sabotiert die CSU alle schwarz-grünen Gedankenspiele. Aber es gäbe einen Ausweg.
M arkus Söder hat sicher recht, wenn er sagt, dass es „selbst beim besten Willen“ nicht gelingen könne, „so viele Menschen aus einem völlig fremden Kulturkreis erfolgreich zu integrieren“. 66 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik leben sie noch immer in einer Parallelgesellschaft („Freistaat“), halten an archaischen Sitten und Gebräuchen fest („Oktoberfest“), stellen ihre religiösen Überzeugungen über das Grundgesetz und die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (Kreuze im Klassenzimmer) und fügen sich den autoritären Traditionen einer feudalen und archaischen Stammesstruktur („CSU“).
Aber Markus Söder meinte nicht die Bayern, sondern die Flüchtlinge, denen er pauschal eine ebenso sturköpfige Beharrungskraft unterstellt, wie sie jenen Volksstämmen nachgesagt wird, die sich unter dem Dach des Freistaats vereint haben. Der ehrgeizige Franke will schon lange CSU-Chef an Stelle des CSU-Chefs werden und versucht deshalb gelegentlich seinen Parteichef rechts zu überholen – was gar nicht so einfach ist, folgt Horst Seehofer doch der Devise, dass es rechts von der CSU keine Partei mehr geben dürfe, womit er der AfD nicht mehr allzu viel Raum zum Atmen lässt.
Mit seiner jüngsten Forderung, Hunderttausende Flüchtlinge aus Deutschland in ihre Heimatländer zurückzuschicken, liegt Markus Söder mal wieder auf einer Linie mit AfD-Chefin Frauke Petry – und mal wieder quer zu den Grünen, die für eine großzügigere Aufnahme von Flüchtlingen plädieren.
Auch wenn Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer mit solchen Ideen liebäugelt – die ständigen rechtspopulistischen Vorstöße aus der CSU machen deutlich, warum eine Koalition mit der Union auf Bundesebene für die Grünen nur um den Preis der Selbstaufgabe zu haben ist. Jedenfalls so lange, wie Bayern noch zur Bundesrepublik oder die CSU noch zur Union gehört. Aber das muss ja beides nicht auf ewig so bleiben. Es wäre Zeit für eine ehrliche Scheidung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?