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Kolumne MachtDebatte mit hysterischen Zügen

Bettina Gaus
Kolumne
von Bettina Gaus

Nach der „Spiegel“-Affäre: Nicht mehr „schön“ schreiben, keine Auslandsreportagen mehr, Interviewpartner gegenchecken? Das wäre grotesk.

Im Fokus: der „Spiegel“ Foto: dpa

W ieder einmal sitzen viele Tausend Kaninchen vor einer ziemlich abgetakelten Schlange. Wer von „Lügenpresse“ rede, werde sich nun bestätigt fühlen, greinen viele in der Branche, nachdem der preisgekrönte Spiegel-Reporter Claas Relotius als Betrüger enttarnt wurde. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein wäre schön. Gerade jetzt.

Denn in Wahrheit bestätigt die Affäre Relotius nicht jene Leute, die für ihre Ressentiments sowieso keine Argumente brauchen – sie widerlegt sie. Wären nämlich Erfindungen und andere Lügen an der Tagesordnung, dann hätte es keinen Grund für den Spiegel gegeben, den Vorgang im eigenen Haus zu skandalisieren. So viel dazu.

Natürlich muss darüber geredet werden, was genau passiert ist und welche Kontrollmechanismen möglicherweise versagt haben. Allerdings liegt die Betonung auf möglicherweise. Für Kontrolle gibt es nämlich Grenzen, will man ein halbwegs freies Arbeitsumfeld bewahren.

Die Forderung, man möge bei jedem Interview ein Aufnahmegerät einschalten oder einen zweiten Kollegen mitnehmen, ist weltfremd. Manche Zitate fallen eben erst nachts um elf in einer Bar, nachdem man fünf Stunden mit einem Inter­view­partner verbracht hat. Sollen wir künftig solche Zitate weglassen? Auch das wäre ein Verzicht auf Abbildung der Realität.

Keine internen Ermittlungsbehörden

Die Debatte nimmt mittlerweile hysterische Züge an. Alle Preise abschaffen, sofort. Nicht mehr „schön“ schreiben. Vielleicht ganz auf Auslandsreportagen verzichten, weil die sich so schwer überprüfen lassen. Alle Interviewpartner von der Redaktion aus noch einmal anrufen, um sicherzustellen, dass ein Gespräch tatsächlich stattgefunden hat.

Wenn ein Heiratsschwindler entlarvt wird, dann steht doch deshalb nicht die Institution Ehe insgesamt auf dem Prüfstand. Auf den Abwehrkampf gegen systematischen Betrug können – und sollten – sich zivile Unternehmen in ihren Arbeitsabläufen nicht einstellen.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Eine Ärztin, die einem Patienten aufgrund eines Laborberichts bestimmte Medikamente verschreibt, verlässt sich darauf, dass das Labor tatsächlich Proben untersucht und ihr keine Fantasiedaten übermittelt hat. Soll sie jedes Mal ein zweites Labor zur Kontrolle beauftragen? Im Journalismus sind Abteilungen wie Dokumentation, Archiv oder Korrektur keine internen Ermittlungsbehörden, sondern zunächst einmal dafür da, Texte zu verbessern. Nicht mehr, nicht weniger.

Hätte Claas Relotius nicht immer dreister gefälscht, am Ende sogar bei einer gemeinsamen Recherche mit einem Kollegen – dieser Kollege, Juan Moreno, ist übrigens der Held in der Affäre, er hätte einen Preis verdient! –, vielleicht wäre er nie aufgeflogen. Der Eindruck drängt sich auf, dass Relotius am Ende enttarnt werden wollte, dass er die inneren Widersprüche nicht mehr ausgehalten hat.

Das müssen Fachleute klären. Gegenüber seinen Vorgesetzten soll er gesagt haben, dass er sich selbst für krank hält und Hilfe in Anspruch nehmen will. Ferndiagnosen, noch dazu von Laien, verbieten sich. Befremdlich aber ist die Gnadenlosigkeit, mit der sein ehemaliger Arbeitgeber ihn an den Pranger gestellt hat.

Überhaupt, der Spiegel. Wenn an dieser ganzen, traurigen Geschichte irgendetwas lustig ist, dann die Hybris des Magazins. Allen kann so etwas passieren, aber uns doch nicht. Uuuuuns doch nicht.

Doch, auch euch. Uns allen eben. Es hat Medienskandale in der Vergangenheit gegeben, es wird sie in der Zukunft geben. Und wenn alle mal wieder von den Bäumen runterkommen, auf die sie in den letzten Tagen geklettert sind, dann können wir uns vielleicht sogar sachlich darüber austauschen, wie sich Risiken verringern lassen. Es wäre der Mühe wert.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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32 Kommentare

 / 
  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Wer schön schreibt, schreibt nicht richtig und wer nicht richtig schreibt, schreibt schön. Das Schöne dem Richtigen gegenüberzustellen, ist gewagt, heisst es denn nicht alles Schöne ist gut? Und was gut ist, ist auch wahr? Der Stil bestimmt den Inhalt und Relotius mit seinem herrlich lateinisch klingenden Namen wäre vielleicht der Plutarch des neudeutschen Journalismus geworden, aber jetzt ist er nur der Märchenonkel der bundesdeutschen Berichterstattung. Die Mär hat in der Verniedlichung des Märchens etwas Positives, wenn auch oft Unheimliches, in der französichen und englischen Abwandlung( cauchemar, nightmare) bedeutet es Alptraum, also etwas Schreckliches. Relotius erfundene Geschichten sind also ein Alptraum für die freie Berichterstattung. Für die Lügenpresseschreihälse ist die freie Berichterstattung freierfundene Berichterstattung als Machtinstrument. In einer Zeit der fake news und massiver Manipulation kann sich die Presse keinen noch so kleinen Fehltritt leisten, denn nur gut recherchierte und wahrheitsgemäss widergegebene Informationen, können der freien Presse ihr Überleben sichern, abgesehen von finanzieller und redaktioneller Unabhängigkeit.

  • Der Artikel hat mich restlos überzeugt. Alles nur ein Kavaliersdelikt. Kommt vor.

  • Der Absatz über die Ärztin und die Laborwerte zeigt, das die Autorin keine Probleme damit hat, Dinge zu beschreiben, von denen sie keine Ahnung hat. Kein Mensch bekommt ein Medikament nur aufgrund eines Laborwertes. Jeder Laborparameter wird mindestens täglich kalibriert. Diese Kontroll-Messergebnisse werden dokumentiert und sind im Archiv jederzeit abbrufbar. Für Journalistenarbeit wünsche ich mir weniger Mythos (Geschichten mit Wahrheitsanspruch) und mehr Logos (verstandesmäße Beweise).

    • @Perseus Narkose:

      zur Erinnerung: Sie lesen die TAZ.

  • Schlimm, das so darzustellen und ein Symptom, keine kritische Auseinandersetzung.



    Die Ärztin mit Laborbericht vergleichen mit Journalismus. Wie lächerlich.



    Ja, gegen Betrug ist man nicht gefeit. Aber in einer Branche die so zur Elite gehört wie Medien, die Meinungen beeinflussen und Gesellschaften prägen verändern, gar Kriege oder Frieden mit ihrer Arbeit beeinflussen können so achselzuckend, hemdsärmelig gar zu argumentieren ist nicht gut.

    • @Tom Farmer:

      Ja wie*¿* machense sich mal nich klein



      &



      Blasen - “…Aber in einer Branche die so zur Elite gehört…“ diese Subspezies des politischen Systems mal nich künstlich auf. Gellewelle. Vergebliche Mühe - wa.

      Nö. Die kochen auch nur mit Wasser.



      Was leider häufig genug allenfalls lauwarm & oft dazu mehr als reichlich suppig-dünn & kalkhaltig ist.

      Daß das mit überzogenem auf eitel - Dicke Hose korrespondiert einschl. gut ahnungslos & dreist - mit “Hoppla jetzt komm ich“ - bevor andern “auffe Lackstiebel jestiegen wird - wa!“



      Geschenkt - vxxl-fach kopfschüttelnd & von Kindesbeinen an beobachtet erlebt.



      &



      Det allet immer wieder a gähn. Newahr

      & Leider & folgerichtig - nochens - ditte



      Eben - Nicht nur aus dem Blickwinkel a professione. Gellewelle. Nö. Normal.

      unterm——-btw —



      Red da nicht wie‘n Blinder von der Farbe. Sondern hab dazu - a kommune e-taz - usw reichlich Beispiele genannt.



      Muß die nicht wiederholen & bin auch weiterhin gern bereit - doch doch.



      Ha no. Solches unbedarft Klägliches a taz & …ff ;) Gelle - Aufzuspießen. Klar. Versprochen.

      Soll mal genügen

  • "Nicht mehr „schön“ schreiben, keine Auslandsreportagen mehr, Interviewpartner gegenchecken?"

    Welcher Journalist (bei der taz?) hat das Meme "schön schreiben" eigentlich in die Welt gesetzt? Klinkt zwar griffig und "schön", aber irgendwie nicht richtig.

  • Das ist wohl wahr, Betrug kann allen passieren, in jeder Arbeitswelt und er geschieht auch. Im Normalfall geht es um Veruntreuung oder Unterschlagung von Firmengeldern, aber man übt sich in Schweigen, entlässt den fehlbaren Mitarbeiter geräuschlos und erstattet keine Anzeige. Firmen geben nicht gerne zu, dass sie beschissen wurden, denn allzu oft handelt es sich um Personen des Kaders. Das ist natürlich peinlich, wenn Spitzenleute mit Spitzenlöhnen in die Firmenkasse greifen.



    Der Spiegel reagiert vergleichsweise transparent, muss er ja, wenn er als Nachrichtenmagazin, das man ernst nimmt, überleben will. Daher erscheint mir auch die Gnadenlosigkeit gegenüber dem Betrüger nicht befremdlich. Glaubwürdigkeit wieder herstellen, heisst sagen, was Sache ist und wer die fehlbare Person war. Diskretion verhilft nicht dazu, im Gegenteil, schnell ist dann der Spruch "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" zur Hand. Betrogen werden heisst auch, dass Vertrauen missbraucht wurde und das hinterlässt Verletzungen auf menschlicher Ebene. Wut ist eine normale Reaktion darauf. Herr Relotius hat sich den Pranger selbst zuzuschreiben.

  • Journalismus mit Anspruch und Haltung? Da scheint es auf jeden Fall viel Freiraum und wenig Kontrolle gegeben zu haben. Da wurden die Leserkommentare wohl viel strenger geprüft.

  • „Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.“ Friedrich Nietzsche (Menschliches, Allzu menschliches)

    In seinem Antwortschreiben an Grenell entschuldigte sich der stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit, den Vorwurf des Anti-Amerikanismus wies er aber zurück. „Wir entschuldigen uns bei allen amerikanischen Bürgern, die durch diese Reportagen beleidigt und verunglimpft wurden“, schrieb Kurbjuweit. „Uns tut das sehr leid. Das hätte niemals passieren dürfen.“

    Wieder einmal entschuldigt sich ein Deutscher… bei anderen. Wer entschuldigt sich bei den Deutschen?

  • Relotius hat emotional zur Flüchtlingsdebatte (des)informiert. Das ist hier der eigentliche Grund für den Aufruhr. Hätte er über Dürrehilfen für die deutsche Landwirtschaft oder Florian Silbereisens Tatoo desinformiert, gäbe es kein Problem. Beim Tatoo bin ich mir allerdings unsicher.

  • AUTOR: Ich habe eine Attacke vor, die eine Reihe scharfer Thesen ins Feld führen wird.

    These 1: Der SPIEGEL-Stil ist kein Stil, sondern eine Masche.

    These 2: Das "deutsche Nachrichten-Magazin" ist kein Nachrichten-Magazin.

    These 3: Der SPIEGEL übt nicht Kritik, sondern Pseudo-Kritik.

    These 4: Der SPIEGEL-Leser wird nicht orientiert, sondern desorientiert.

    Kluge Thesen aus 1957 von Herrn Enzensberger.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @siri nihil:

      Wie wahr, wie wahr.

      Manchmal ist das Alte tatsächlich das Echte, Wahre und Gute. So wie die Aussagen Enzensbergers.

      Wohingegen sich der häufig bemühte, aber ebensowenig erreichte Fortschritt meist nur zu einem Wort-Schritt verkümmert.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @siri nihil:

      .



      General knowledge, dazu braucht's eigentlich keinen Enzensberger - schadet natürlich trotzdem nicht, noch mal darauf hinzuweisen

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Nachschlag -

        “Seine bekannteste Auseinandersetzung mit den Medien, vor allem mit dem Fernsehen, ist sein Text Baukasten zu einer Theorie der Medien (1970). Enzensberger bezeichnet darin die elektronischen Medien als Hauptinstrumente der „Bewusstseins-Industrie“ im Sinne Adornos und Horkheimers, der er weitgehende Steuerungs- und Kontrollmacht über die spätindustrielle Gesellschaft zuschreibt. Enzensberger fordert in dem Text eine sozialistische Medientheorie und zugleich einen emanzipatorischen und emanzipativen Umgang mit den Medien. Probleme sieht er im „repressiven Mediengebrauch“ (ein zentral gesteuertes Programm mit einem Sender und vielen Empfängern, der die Konsumenten passiv macht und entpolitisiert). Spezialisten produzieren den Inhalt, werden dabei jedoch durch Eigentümer oder Bürokratie kontrolliert. Ein „emanzipatorischer Mediengebrauch“ dagegen würde jeden Empfänger zum Sender machen. Durch die Aufhebung der technischen Barrieren würden die Massen mobilisiert und politisch eingebunden. In seinen 1988 veröffentlichten Gesammelten Zerstreuungen bezeichnete Enzensberger das Fernsehen als „Nullmedium“.…“ wiki

        Vance Packard Marshall McLuhan Paul Virilio et al. als Schlagobers.

        Schonn. Aber - “Mut all bruukt warrn woto dat goot is - säh de Buur - treck sik‘n Wurm ut‘n Mors & bend sik 'n Steebel dormet too.“

        Enzi is *29 - leicht Snakken. Liggers.



        Als ich *45 - so ab 60/61 - mit Spiegel/Zeit-Tag begann - hatten nicht nur meine Eltern “Papier ist geduldig“ - “Na - is denn noch was schwarzes drin in der Zeitung?“ - bereits & weiter ala long - den kindlichen Lese/Gläubigkeits Wahn einschl. “Ungläubiger Thomas!;)“



        Klug & gewitzt en passant gut angesägt.



        Argumente durchaus ähnlich.

        Als ich das zum Tischfeuerwerk wg 90% Wiederholung in ner halben Stunde als Studi durch hatte.



        &



        Döhnhoff & Sommers Theo “Helmut du wirst dich nicht erinnern“;)(( mit overtopSuade - rumfuhrwerkten.



        Brauchte es eines Doppewählers di Lorenzo nicht.

        Schluß mit lustig. Problem bleibt

        • @Lowandorder:

          & Däh! Zisch - mailtütenfrisch -

          “Ahoi,







          "Schluß mit lustig. Problem bleibt."







          Problem bleibt - sie leben vom Verkaufen.



          und bei Texten sind die faulen Eier



          nicht so leicht zu erkennen.



          Es riecht immer nur nach Druckerwätze.



          Und die Parabel von den Mrd. Fliegen



          macht es vielen LeserInnen schwer,



          sich ein eigenes Urteil zu bilden.







          Merke: Nichts ist so haltbar wie ein schlechter Ruf,



          aber genauso ist ein guter nur mit viel Aufwand



          zu beschädigen...







          "Und seht nur hin, für wen Ihr schreibt:



          Wenn diesen Langeweile treibt,



          kommt jener satt vom übertischten Mahle,



          doch was das allerschlimste bleibt -



          Gar mancher kommt vom Lesen der Journale"



          (JWvG - Faust I)

          Na bitte - So geht das

  • Der Spiegel zeigt sich gerade tatsächlich von seiner unsymphatischsten - weil in der Aufarbeitung unglaublich arroganten Seite. Auch mich wundert es, wie unloyal das Magazin sich dem ehemaligen Mitarbeiter gegenüber verhält, fast als wolle man sich rächen. Darin sehe ich das eigentlich Problem: die journalistische Hybris hat den Hype um C.R. erst möglich gemacht, tief gekränkt tritt Der Spiegel jetzt auf den am Boden liegenden nach. Allerdings finde ich, dass der Vergleich des ärtzlichen Arbeitens mit dem journalistischen seinen Ursprung in einer ähnlich Hybris hat, der des omnipotenten,, allwissenden und souverän-überlegenen Journalisten. Wer so ein Selbstbild hat, ist nur eingeschränkt kritikfähig und möglicherweise weit entfernt von kritischer Selbstreflexion. Journalismus ist dann nur noch Selbstzweck.

  • Am Ende drängt sich mir ganz ungeschützt der Gedanke auf, dass Relotius beim Spiegel „Günter Wallraff bei BILD“ sein wollte, der frei flotierenden Erfindungspraxis des Blattes in seinen Reportagen, die eine Nähe zu den Mächtigen zu Prominenz im Spiegel Sprachstil suggeriert, dem Spiegel bis zum geht nicht mehr vorzuhalten, die mit Seiten schindender Sättigungsbeilage, Werbeanzeigen in Hülle und Fülle zu platzieren, nur heiße Luft ist, durch congeniale Übertreibung unter Hinzuziehung des Zeugen Juan Moreno als das zu enttarnen, was es ist bei Abbau von Recherche Ressourcen an Personal, Material, Reisespesen nur zunehmend Secondhandmaterial als exklusiv zu verhökern. Wenn es denn um wirkliche Recherche geht sich der Netzwerk Ressourcen anderer insbesondere der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu bedienen? Zumindest ist diese Frage in diesem Zusammenhang erlaubt.

    Geht es also um den stummen Schrei des jungen Relotius mit lauter Wirkung, auf einen Missstand des Qualitätsjournalismus im Lande zu verweisen, auf seinem Weg zum älteren Relotius, seinen Erfindungsreichtum dort hinzuführen, wo er hingehört, Der Spiegel aber spätestens seit der Spiegel Affäre “bedingt abwehrbereit/Nato Manöver Fallex 1962 als bedeutungsschwanger staatstragendes Medien Organ nicht mehr sein will, bei seinen subversiv satirischen Wurzeln, ohne Satire Magazin gerufen sein zu wollen.

  • Relotius hat bei Themen gelogen um die Gesellschaft Spalten, und immer nur in eine politische Richtung. 60 erfundene Berichte welche nur Hetze verbreiten, dürften auch für linke Propaganda viel zu viel sein. Da könne manche noch soviel Ausreden erfunden werden. Das Wort Lügenpresse war bisher für mich gelogen, jetzt wird es zur Realität.

  • Das Problem ist nicht nur, dass Relotius Geschichten erfunden hat. Das Problem ist, dass mit emotional erzählten Einzelschicksalen zuviel Meinung in gesellschaftlich relevanten Fragen aufgebaut wurde. Als verbreitetes Stilmittel und nicht nur bei Relotius. Das ist die Fallhöhe. Hätte Relotius dieselbe Art Betrug bei "unkritischen" Themen gemacht (Weinernte in Kalifornien, Architekturpreis in Südafrika ...) wäre nicht 10% des Aufruhrs.

  • Nur die kranken und schwachen Rehe im Walde werden erwischt.

  • Es geht am Ende nicht nur darum, ob eine Nachricht erfunden ist oder nicht, sondern auch darum, ob sie wahr sein könnte und eine positive Wirkung entfaltet.

    Relotius' rührende Geschichte über den syrischen Geflüchteten, der 1.000 Euro gefunden und zurück gegeben hat, hat beispielsweise viele Menschen in der Weihnachtszeit zu Tränen gerührt und viel Positives für das Zusammenleben von deutschen und Flüchtlingen bewirkt.

    Das ist genau das Gleiche, wie mit dem fiktiven Brief eines kleinen Mädchens, das der Briefonkel einer New Yorker Zeitung im Jahr 1903 mit dem rührenden Artikel "Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann" beantwortete.

    Was spielt es da noch für eine Rolle, ob es Virginia oder den syrischen Geflüchteten überhaupt gibt?

  • Schön, also gut lesbar, pointiert und klar, schreiben ist das Gegenteil von Hedwig-Courts-Mahler-Journalismus ala Relotius. Leider sind "schöne Geschichten" oftmals lieber gesehen als guter Journalismus.

  • "Denn in Wahrheit bestätigt die Affäre Relotius nicht jene Leute, die für ihre Ressentiments sowieso keine Argumente brauchen – sie widerlegt sie."

    Ähm, irgendwie nicht oder. Sollte z.B. ein Automodel von 100.000 Aufgrund eines Konstruktionsfehlers abbrennen, würde man auch nicht sagen, daß es keinen Konstruktionsfehler gibt, da nur ein Auto brannte.

    "Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein wäre schön."

    Und wird vom Spiegel auch definitiv gebraucht werden; hat doch mittlerweile die US Botschaft interveniert: www.spiegel.de/media/media-43951.pdf

    • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

      Wenn aber von 100.000 Autos eines abbrennt, auf einen Konstruktionsfehler zu schließen, ist dies eine fehlerhafte Denke. Ich will jetzt weder den Spiegel, noch Relotius in Schutz nehmen, weigere mich aber den Lügenpresseschreiern recht zu geben, nur weil auch Scheiße im Journalismus verzapft wird.



      Der grundlegende Inhalt seiner Artikel war ja erstmal nicht erlogen (rechte Milizen gibt es in den USA z.B. wie Sand am Meer), die Ausschmückung des Ganzen, um reißerisch Auflage und Ruhm zu gerieren war es.



      Wenn die Bild-Zeitung lesende Mehrheit nur immer so kritisch wäre, in welcher in absolut jeder Ausgabe viel ärger gelogen wird, hätte der rechte Populismus in Deutschland ein Standbein weniger.

  • "Eine Ärztin, die einem Patienten aufgrund eines Laborberichts bestimmte Medikamente verschreibt, verlässt sich darauf, dass das Labor tatsächlich Proben untersucht und ihr keine Fantasiedaten übermittelt hat. Soll sie jedes Mal ein zweites Labor zur Kontrolle beauftragen? Im Journalismus sind Abteilungen wie Dokumentation, Archiv oder Korrektur keine internen Ermittlungsbehörden, sondern zunächst einmal dafür da, Texte zu verbessern. Nicht mehr, nicht weniger."

    Ein Arzt oder eine Ärztin, die einen unplausiblen, nicht zum klinischen Befund passenden Laborwert geliefert bekommt, macht genau das: nochmal kontrollieren. Bevor man die Behandlung ändert. Das ist Standard.

    Während meines Medizinstudiums habe ich gelernt, dass einer von 20 Laborwerten aus diversen Gründen nicht stimmt. Das mag besser geworden sein in den Jahrzehnten, aber auf einen von 50 würde ich auch heute noch tippen.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Das Beispiel mit der Ärztin und dem Laborbericht ist schräg; hat eher wenig bis nichts mit dem hier in Rede stehenden Erzählen von schönen Geschichten zu tun.

    "Gegenüber seinen Vorgesetzten soll er gesagt haben, dass er sich selbst für krank hält und Hilfe in Anspruch nehmen will. Ferndiagnosen, noch dazu von Laien, verbieten sich."

    Wenn das mal keine Ferndiagnose ist; dahingehend, den natürlich äußerst tragischen Einzelfall zu erkennen.

    Und btw. "Der Spiegel"

    die erwähnte Hybris des Magazins darf man auch nicht als Einzelfall sehen, oder ...?

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Liggers. Ja - Es stimmt mich schonn nachdenklich. Normal.

      Daß eine so fitte Kappe - sonst Edelfedern wie PU vorbehalten - gell.



      Ausgerechnet bei so einem Thema - wa.



      Stilblütenpreisverdächtig - formuliert.

      Wünsche zum Fescht & fürs neue Jahr.



      Gute Genesung & all that stuff!;))

      (Besser is das.…servíce.;)

      • @Lowandorder:

        Ha no. & Jo. “Einer geht noch…ff &zisch



        Mailtütenfrisch -

        “Leider einige schiefe Bilder.







        "Auf den Abwehrkampf gegen systematischen Betrug können –



        und sollten – sich zivile Unternehmen in ihren Arbeitsabläufen



        nicht einstellen "







        Hmmmh... "Vertrauen ist der Anfang von Allem." -



        oder das Ende



        Als SoftwareentwicklerIn lernt frauman, dass größtmögliche



        Sicherheit gegen zwei Kategorien einzubauen ist:



        Gegen Dummheit - und gegen böswilligen Vorsatz..







        [....]



        "Gegenüber seinen Vorgesetzten soll er gesagt haben,



        dass er sich selbst für krank hält und Hilfe in Anspruch



        nehmen will."







        Jau, ick stell mir meinen "Jagdschein" selber aus...



        de.wikipedia.org/w...hein_(Redewendung)

        Nunja Schein&Sein - der Tusch - wusch

        "Wie wolltest du dich unterwinden, Kurzweg die Menschen zu ergründen. Du kennst sie nur von außenwärts.



        Du siehst die Weste, nicht das Herz."

        Geht wiedermal auf den ollen Busch!;))



        Aus Wiedensahl - nicht nur im Scherz.

        & aach dies - …servíce.;)

  • Danke - geschätzte Frau Bettina Gaus -

    Für die abschließende Sentenz.



    Vorher hab ich aber - mit Verlaub - des öfteren.



    Schallend lachen müssen. Liggers.



    Nischt for unjut. Newahr.



    Normal.

    unterm—-btw & not only —;)



    Heiratsschwindler & Ehe abschaffen*¿*



    “Warum denn nich. Wenn frauman sich‘s leisten kann*¡*“



    (Frei nach Wolfgang Neuss - in&!a - memoriam!;)



    …servíce.;))

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Ich schließe mich an.

      Eine Aufregung, als hätte ein Heiratsschwindler Hitlers Tagebücher geschrieben.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Booey - den kann fraumannoman.



        Nehmen.

        unterm—— alter Beachcomber -;)



        Strandgut - hm!;)) -