Diakonie bestätigt Darstellung des Anwalts: Claas Relotius spendete für Flüchtlinge
Der frühere „Spiegel“-Redakteur hatte Spenden für seine erfundenen Protagonisten erhalten. Diese gab er an eine Hilfsorganisation weiter.
In der Erklärung des Anwaltes Michael Philippi, die „Spiegel Online“ veröffentlichte, heißt es, nach der Veröffentlichung der in wesentlichen Teilen gefälschten Reportage „Königskinder“ über die Not eines vermeintlichen syrisches Geschwisterpaares in der Türkei hätten sich mehrere spendenbereite Leser bei Relotius gemeldet.
Da nach Auskunft eines Vorgesetzten beim „Spiegel“ kein Spendenkonto zur Verfügung gestanden habe, habe Relotius per E-Mail den Lesern angeboten, Geld auf sein Konto zu überweisen und weiterzuleiten. „Hierbei und bei späteren Mitteilungen zu den Spenden hat unser Mandant die Illusion über die reale Existenz des geschilderten Geschwisterpaares aufrechterhalten“, erklärte Philippi.
Nach Auskunft des Anwaltes kamen mehr als 7.000 Euro zusammen, die Relotius mit eigenen Mitteln auf 9.000 Euro aufgestockt und im Oktober 2016 der Diakonie Katastrophenhilfe für ein Projekt zur Unterstützung von Flüchtlingskindern im Irak überwiesen habe. Relotius wolle nun allen Spendern das Geld zurückerstatten.
Hilfe für syrische Kinder
Laut Diakonie Katastrophenhilfe wurde das Geld für ein Gemeindezentrum in Suleymaniah eingesetzt. Dieses Zentrum biete syrischen Kindern und irakischen vertriebenen Kindern psychosoziale Hilfe. Dazu gebe es Malkurse, Sport und Computerkurse für ältere Kinder. Die Spende des Journalisten sei bereits ausgegeben.
Der „Spiegel“ hatte wenige Tage vor Weihnachten offengelegt, dass der bisherige Redakteur Relotius im großen Umfang eigene Geschichten manipuliert hat. Er habe die Fälschungen nach internen Nachforschungen zugegeben und das Haus verlassen. Am Wochenende berichtete „Spiegel Online“ über einen Spendenaufruf von Relotius, um angeblich Waisenkindern in der Türkei zu helfen. Das Geld sollte auf sein Privatkonto überwiesen werden. Alle gesammelten Informationen würden der Staatsanwaltschaft „im Rahmen einer Strafanzeige“ zur Verfügung gestellt, hieß es.
Über seinen Anwalt ließ Relotius erklären, dass er „zutiefst“ bedaure, über mehrere Jahre hinweg vielfach Fakten falsch dargestellt, verfälscht und hinzuerfunden zu haben: „Ihm ist bewusst geworden, dass er hierdurch dem Ansehen des ‚Spiegel‘ und der Presse ingesamt schweren Schaden zugefügt hat.“
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