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Kolumne HabibitusTrans, homo und gleichzeitig Fascho?

Wer lesbisch, schwul oder bi ist, wird nicht automatisch links oder LSBTIQ-Aktivist_in. Manche haben auch „was gegen Ausländer“.

Der Homo-Persilschein für die AfD: Bundestagsabgeordnete Alice Weidel Foto: reuters

E inen Homo-Persilschein sicherte sich die AfD bereits letztes Jahr, als sie Alice Weidel neben Alexander Gauland zur Spitzenkandidatin ernannte. Eine lesbische Co-Parteichefin in einer rechten Partei, die nicht zuletzt für Antifeminismus und eine traditionelle Mutter-Vater-Kinder-Familienkon­stellation steht – geht das? So widersprüchlich es erscheinen mag: Es geht sehr gut. Wer lesbisch, schwul oder bisexuell ist, wird nicht automatisch links oder LSBTIQ-Aktivist_in. So wie nicht jede Frau Feministin ist.

Nun outete sich Nico Wittmann, Mitglied der AfD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg in Berlin, als trans – mit Sicherheit nicht die einzige trans Person in der AfD. Er grenzt sich klar vom „Gender-Sternchen“ und so auch von queeren, feministischen Politiken ab.

Obwohl es von AfD-Mitgliedern regelmäßig Diskreditierungen und Anfeindungen gegen all jene gibt, die von der sexuellen und geschlechtlichen Norm abweichen, versichern sie Kolleg_innen wie Weidel oder Wittmann ihre Toleranz – denn sexuelle oder geschlechtliche Identitäten sollen deren Privatsache bleiben.

Dabei muss sich die AfD gar nicht so charity-mäßig inszenieren und ihre barmherzigen Duldungen aussprechen. Eine Diversifizierung ihrer Mitglieder ist eine Win-win-Situation für die Partei: Sie kann Menschlichkeit und Unterstützung vorheucheln und sie gleichzeitig als Schutzschild gegen Diskriminierungsvorwürfe einsetzen. Sie kann ihr regressives Familien- und Geschlechterbild weiterpropagieren, LSBTIQ-Personen ihre Menschenrechte absprechen und trotzdem so tun, als ob LSBTIQ-Leute für sie Menschen seien. Genauso, wie die Partei weibliche Mitglieder stark sichtbar macht und ihnen gleichzeitig keinerlei körperliche Selbstbestimmung oder reproduktive Rechte eingestehen will.

Durch gelegentliches Aufzeigen von Diskriminierung (immer, wenn es gut passt) präsentiert die AfD sich als Opfer der Presse und der linksgrünversifften Gesellschaft.

So greift sie sowohl die Stimmen konservativer Wähler_innen ab als auch die jener, die eigentlich bei ihrer Politik nicht mitgemeint sind. Die AfD verkauft etwa Homofeindlichkeit und Sexismus als islamische Exportprodukte – und macht sich so anschlussfähig für jene LSBTIQ-Personen und Frauen, die auch „irgendwie ein Problem mit Ausländern“ haben.

Durch gelegentliches Aufzeigen von Diskriminierung (immer, wenn es gut passt) präsentiert die AfD sich als Opfer der Presse und der „linksgrünversifften“ Gesellschaft. So auch, als neulich in der heute-show ein geschmackloser Witz über den AfD-Politiker Dieter Amann ausgestrahlt wurde: Moderator Oliver Welke verspottete dessen Stottern während einer rassistischen Rede. Die AfD reagierte mit der Aneignung antifaschistischer Rhetorik, ließ ihr Selbstbild als „die neuen Juden“ anklingen und verzichtete auch nicht darauf, ein „Wehret den Anfängen“ zu droppen.

Liebe AfD-Ottos, „die neuen Juden“ sind immer noch Jüdinnen_Juden, und über die Anfänge sind wir leider schon längst hinaus. Einen großen Teil davon macht ihr aus.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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18 Kommentare

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  • Wenn Diskriminierung die Menschen gut und edel machen würde, liefen überall auf der Welt jede Menge moralische Einsteins herum.

  • Es geht da doch "nur" darum, homophobe und sonstige Stimmungen in der Bevölkerung zum Aufmerksamkeitsgewinn auszunutzen. Wenn es irgendwie opportun ist, werden dann auch immer gerne Ausnahmen gemacht.

     

    Wenn es reichen würde, rechten Ideologien ihre Widersprüche aufzuzeigen, hätten sie sich schon längst in Luft aufgelöst. Es geht da immer nur darum, alle niederen Instinkte anzufeuern, um für die eigene Machtausübung Dampf auf den Kessel zu bekommen.

     

    Das funktioniert immer wieder sehr gut, genauso wie es einfacher ist, ein Haus abzubrennen als eines zu bauen. Gut, anschließend hat man kein Haus mehr, aber bis dahin ist es kurz sehr warm und sehr hell und man hat echt was verändert und fühlt sich ganz toll.

  • Der LSBTIQ-AfD fehlt jetzt nur noch ein A für die Asexuellen und ein O für die Objektsexuellen. Dann sind sie fast schon eine vollwertige Partei. Höchstwahrscheinlich sind die meisten vermeintlich heterosexuellen AfDler nur transsexuelle Lesben, die im Körper eines weissen Mannes gefangen sind. Deshalb wollen sie sich auch nicht ständig von Schwulen belästig fühlen.

    Und warum sollte eine Lesbe keinen Schwulenhass empfinden können?

     

    P.S.: Wer im meinem o.g. Geschwurbel keine Kohärenz erkennen mag, dem sei gesagt, dass es sich nur um einen Bewerbungstext als taz©-Qualitätskolumnist*in handelt.

  • Und manche Ausländer haben was gegen Schwule, Lesben und Transmenschen. Wallah.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Sublimiert gemäß des Integrationsgrads

  • Häh..?! Was'n das für'n Scheiß?!?! Wo steht denn "Kartoffel"?? Und warum wird hier nicht gegen Deutsche gehetzt?? Ihre Kolumne ist voll schlecht geworden...

  • We*r auf die reinfällt, weil die überall eine*n Quoten-XYZ präsentieren, jo, da sollen die sich weiterhin nicht für Politik interessieren.

  • Die Idee, dass links und LGBT Hand in Hand gehen war halt schon immer Unsinn. Das wurde vielleicht transportiert durch ein paar queere Paradiesvögel, aber viele Schwule, die, die auf "richtige Männer" und nicht auf "weibische Tunten" stehen, waren schon immer auch in rechtskonservativen Männerbünden anzutreffen.

    Warum sollte das bei Frau Weidel so viel anders sein?

    Haider war vermutlich auch schwul, Röhm war schwul und ein Teil seiner SA auch - und die hatten zudem einen linken Flügel.

    Die Ideale von Links und Rechts sind letztendlich austauschbar und sind mindestens so überholt, wie die Idee von nur einem Geschlecht und nur einer Art von Sexualität.

     

    Anderseits, ist doch schön, dass die LGBT Bewegung soweit gekommen ist, dass man sogar als offen bekennender homosexueller Mensch oder Transgender Nazi sein kann.

  • Der Beitrag zeigt doch, daß das Schema "rechts-links", "schwarz-weiß", "Antifa-Pegida" etc. weder in Fragen der Gerechtigkeit, Migration, Antiseminitismus noch Gender etc., erst recht nicht zur Tabuisierung und Damönisierung der AfD (Rassismus, rechts, Nazi) taugt.

  • Ich vermisse die sonst so ulkigen Tier und Gemüsevergleiche.

  • Ist doch nix neues.

     

    Gleichberechtigung für alle sexuellen Vorlieben im gegenseitigen Einvernehmen mag vor 40 Jahren noch eine linke Forderung gewesen sein, heute ist sie das nicht mehr wie eine Forderung, auch mal im Halteverbot kurz stehen zu dürfen.

  • Die Tatsache, dass man aufgrund seines Geschlechts oder seiner sexuellen Ausrichtung nicht automatisch einer bestimmten politischen Ausrichtung folgt, ist doch super. Mehr Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit oder Demokratie geht nicht.

  • Damit haben Sie den AfDlern aber wieder kräftig eine mitgegeben, Frau Hengameh. Die werden aber nun zittern.

  • "Wer lesbisch, schwul oder bisexuell ist, wird nicht automatisch links oder LSBTIQ-Aktivist_in. So wie nicht jede Frau Feministin ist."

     

    Welch göttliche Erkenntnis!

  • Verbale Blendgranaten sind eben eine beliebte Taktik bei Rechtsextremen - im Grunde die Fortsetzung von "wir sind nicht rechts, aaaber..." und "schau, ich habe selbst ausländische Freunde, aaaber...".

     

    Jetzt sind wir eben bei "wir haben lesbische und trans-Mitglieder, aaaaber..."

     

    Das Vorwerfen der Diskriminierung ("die bösen Linken machen uns voll unfair fertig" bzw. "die bösen Linken lassen uns nicht unsere Meinung sagen") ist ebenfalls ein altes Schema, das AFD und co. immer noch mal in die Bresche werfen. Stimmt natürlich nicht - die bösen Linken lassen euch sogar im Bundestag euren Dünnschiß verbreiten, also beschwert euch nicht... aber ja, Lesben und Transsexuelle sind so eine Art Feigenblatt der AFD.

     

    Und queer sein schützt vor Dummheit nicht, das muß uns wohl allen klar sein.

  • In letzter Zeit wird hier wie dort zunehmend schwarz-weiß gedacht und agiert, mit abnehmender Tendenz von Grautönen oder gar Farben.

     

    Wenn des Deutschen Götze, das Auto, Spiegel seiner Seele ist, dann schaue man sich an beliebigem Ort den fließenden Verkehr an: Wieviel grau, wie wenig Farbe.

     

    Die wenigsten Menschen haben "etwas gegen Ausländer" ... es geht da eher um Ausländer, die sich HIER bei MIR aufhalten. Aber auch da gibt es Touristen, wohlfeile und abgelehnte Ausländer.

     

    Das tiefere Problem sind nicht die abgelehnten Ausländer, die HIER verweilen, sondern die Unruhe und die Angst vor Veränderung und Verteilung, die sie möglicherweise mitbringen.

     

    Mich erinnert das an das Bild der Herrschenden, dieses teile und herrsche, bei dem die eigenen Verelendeten auf die anderen Verelendeten gehetzt werden.

     

    Jeder Mensch hat in diesem Land lesen und schreiben gelernt und kann das Internet nutzen, um sich zu bilden.

     

    Man frage sich: Wem nützt es?

     

    Außerdem: ES gibt Arschlöcher in jeder sozialen Gruppe. Jeder kann seine Stimme dagegen erheben anstatt zu schweigen in falsch verstandener Toleranz.

     

    Wieso sind diese x % Arschlöcher in den Medien mit Geifer im Mundwinkel omnipräsent, während die verbleibenden (100-x) % Menschen nicht zu existieren scheinen?

     

    So far my tiny thoughts,

    von einer schwerbehinderten, ausgegrenzten und vielfach diskriminierten Transfrau.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Kein Kommentar ist auch ein Kommentar. Ich gebe Kolumne " Habibitus "noch

    90 Tage , dann ist das LSBTIQ-Thema durch, inklusive der alten ,weißen Männer die

    sich den Hintern immer noch mit Papier abwischen.

     

    Schade Hengameh Yaghoobifarah