Kolumne Die eine Frage: Bundespräsident Joschka Fischer?
Ein Politiker der Grünen im höchsten Staatsamt der Republik, der über die Grünen hinausragt: Es wäre der ganz große Coup.
D er absolute Individualismus und die radikale Ablehnung von Stars und Helden sind zwei große emotionale Bewegungen, die die Grünen und ihre Milieus in den letzten dreißig Jahren geprägt haben. Das eine folgt aus dem anderen. Selbstverständlich gibt es sehr gute Gründe, Helden und Heldendenken abzulehnen. Speziell für Deutsche nach 1945. Doch in den Grünen Milieus wurden die Helden nicht nur abgeschafft, um den Nazischoß unfruchtbar zu machen, sondern auch, weil jeder sein eigener Held sein will.
Im grünen Denken gibt es aber nur den Anti-Helden, logischerweise ein Mann und bevorzugt ein Macho, Chauvinist und Mehrfach-Ehemann, der mit „Machtworten“, Rumschreien, Männerklüngeln und schlechter Laune Politik zu machen pflegte. In völliger Verkennung der Wahlrealität wird als ultimativer Beleg für den erledigten Typus Gerhard Schröder genannt, also der letzte Charismatiker der SPD, dem es gelang, mit SPD, Öko- und Wirtschaftsbürgern eine Mehrheit zu schmieden.
Es hilft alles nichts: Ein linksliberaler Spitzenkandidat und ein Regierender muss mehr sein als seine Partei, wenn im komplexen 21. Jahrhundert noch irgendetwas gehen soll. Und er muss für eine Zukunft stehen, bei der auch Leute ohne Parteibuch dabei sein wollen. Er muss öffnen. So einen Politiker hat die SPD nicht und will sie nach Schröder eben auch nicht mehr haben. Mehr gibt es zur SPD nicht zu sagen. Ach so, das noch: Sie hat auch niemand, der das Amt des Bundespräsidenten mit einer zentralen Zukunftsfrage verknüpfen könnte. Steinmeier? Ist der ultimative Beweis dafür.
Hier könnten die Bundesgrünen richtig zurück kommen, wenn Gauck im Frühjahr 2017 nicht mehr antritt. Schluss mit Fehl- und Karrierebesetzungen wie Carstens, Rau, Köhler, Wulff. Schluss mit dem ewigen Blick nach hinten. Ost-West? Dafür war Gauck da. Der Inhalt kann allerdings auch nicht mehr simpel „eine Frau“ sein. Auch wenn wir das noch nicht hatten.
Sozialökologische Transformation
Flüchtlinge kommen nach Deutschland und sind nicht bei allen willkommen. Doch viele BürgerInnen wollen helfen und wissen nicht, wie. In der taz. am Wochenende vom 15./16. August 2015 haben wir eine vierseitige Handreichung erarbeitet. Weiterhin: Fußball ist in Zeiten von Pep Guardiola und Joachim Löw eine Angelegenheit der Berechnung geworden. Wir führen ein Gespräch mit dem Philosophen Wolfram Eilenberger über die Schönheit des Unerklärlichen. Zudem: Auch in Israel ist es derzeit vor allem heiß. Der Fotograf Daniel Tchetchik hat den Sommer-Alltag festgehalten. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Die Gegenwart wird dominiert von Klimawandel, allen damit verknüpften und sonstigen geopolitischen Krisen. Sie birgt aber auch die Chance der sozialökologischen Transformation und die Chance der Vereinigten Staaten von Europa. In so eine Zeit passt eine charismatische Figur, die in der Lage ist, gesamtgesellschaftliche und europäische Allianzen zu verkörpern. Warum also nicht eine Figur, die innen grün ist und die doch weit über den 8,4 Prozent-Zwerg Bundesgrüne hinausweist.
Es gibt sie. Der Weltpolitiker Joschka Fischer. Der Europäer Daniel Cohn-Bendit. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der eine breite Allianz von Öko- und Wirtschaftsbürgern hinter seine sozialökologische Politik gebracht hat.
So ein Bundespräsident wäre der maximale Coup. Ein klares Zeichen, dass die Bundesgrünen der Lage entsprechend groß denken und nicht das Mittelmaß, den Kleingeist und die Political Correctness verwalten. Und dass ihr Spitzenpersonal gut genug ist, so etwas Großes auch in der Partei und in einem komplexen politischen Kuhhandel-Geschäft in der Bundesversammlung durchzusetzen. Kurzum: Es wird nicht passieren.
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