Klimaprotest gegen Flüssiggasterminal: Ein Ende auch mit diesem Gelände
2.000 Klimaschützer:innen waren dem Aufruf der Initiative Ende Gelände gefolgt. Sie haben gegen ein geplantes Flüssiggasterminal protestiert.
Das Bündnis Ende Gelände hatte in diesem Jahr statt ins rheinische Kohlerevier an die Nordsee mobilisiert, um gegen ein geplantes Terminal für Liquefied Natural Gas (LNG) zu protestieren. Die Planungen für das Terminal laufen seit Jahren, die CDU-geführte Jamaika-Koalition des Landes hat das Projekt im Koalitionsvertrag verankert. Das Genehmigungsverfahren läuft noch.
Bei der Gewinnung und dem Transport von Gas wird Methan freigesetzt, ein wesentlich stärkeres Treibhausgas als CO2. Ein Großteil des zukünftig importierten Erdgases soll zudem aus Regionen kommen, die auf das in Deutschland verbotene unkonventionelle Fracking setzen, wie die USA und Argentinien. Für die Klimabewegung ist das ein Anlass, den Zusammenhang zwischen Klimakrise und globaler Ungerechtigkeit aufzuzeigen. Neokoloniale Ausbeutung und Rassismus stehen für sie im Zentrum des Protests.
„Wirtschaftswachstum im Globalen Norden bedeutet für den Süden: Raub von Land und Ressourcen, Klimazerstörung und Waffenlieferungen“, sagt die Ende-Gelände-Sprecherin Rokaya Hamid. Der deutsche Reichtum beruhe auf kolonialer Ausbeutung, die Energiepolitik der Bundesregierung schreibe dieses Verhältnis fort. Unter den 2.000 Aktivist*innen, die zum Protest nach Brunsbüttel kamen, waren auch Indigene aus Chile und dem US-Bundesstaat Texas.
Antikolonialer Protest
Das Wochenende steht damit auch für einen Internationalisierungsprozess der Klimabewegung. In den vergangenen Jahren hatten BiPoC wiederholt Kritik an der weiß dominierten Bewegung geäußert. Unter anderem durch das Framing der Klimakrise als Generationenkonflikt bei Fridays for Future sei der Blick auf das Globale zu kurz gekommen: die Entrechtung indigener Kommunen, die Zerstörung von Lebensräumen durch den europäischen Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Fortschreibung von Rassismus.
Ende Gelände rief die Teilnehmer*innen im Vorfeld daher auf, sich mit weißen Privilegien auseinanderzusetzen und Dreadlocks abzuschneiden. Das migrantische Bündnis „Antikoloniale Attacke“ hatte eine eigene Blockadeaktion in Hamburg geplant, sagte sie aber kurzfristig ab. Angesichts der zu erwartenden Repression sei die Sicherheit der Teilnehmer*innen nicht zu gewährleisten gewesen, so die Begründung. Stattdessen zog am Samstag eine Demonstration von einem Bismarckdenkmal zur Mahnwache der Geflüchtetengruppe „Lampedusa in Hamburg“, um die Kontinuität von Kolonialismus und dem migrationsfeindlichen Asylsystem aufzuzeigen. Obwohl die „antikoloniale Attacke“ klein ausfiel, bilanzierte die Sprecherin Elija Nejem: „Die Klimagerechtigkeitsbewegung wächst und ist international stark wie nie!“
Die schleswig-holsteinische Polizei zog am Sonntag indes ein positives Fazit. Größere Auseinandersetzungen seien ausgeblieben. Dabei kam es jedoch durchaus zu Zwischenfällen. Am Samstagabend blockierten 15 Aktivist*innen den Nord-Ostsee-Kanal mit Kajaks und verursachten einen zweistündigen Stau auf der hochfrequentierten Wasserstraße. „Dieser Kanal spielt eine wichtige Rolle für das geplante LNG-Terminal“, sagte der argentinische Aktivist Esteban Servat, „wir kappen hier eine wichtige neokoloniale Handelsroute.“
Die Polizei löste die Blockade auf, indem sie die Kajakfahrer*innen zum Kentern brachte. Als die Wasserschutzpolizei versuchte, die Aktivist*innen aus dem Wasser zu ziehen, kam es zu gefährlichen Situationen, eine Frau geriet unter ein Polizeiboot. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Nötigung gegen die Aktivist*innen. „Schade, dass die Polizei nicht gegen die wirklich schweren Verbrechen vorgeht“, bedauerte die US-Aktivistin Elida Castillo, die sich gegen zwei LNG-Terminals in der südtexanischen Bucht Corpus Cristi engagiert. „Wenn sie sich für die Umweltverbrechen interessieren würde, die unseren Communitys angetan werden, würden sie hier mit uns stehen, statt uns zu kriminalisieren.“
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