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Klimapaket der GroKoReichlich Füllmaterial

Kommentar von Björn Hartmann

Die GroKo überlässt das Problem Erderwärmung der kommenden Koalition und vergeudet wichtige Zeit. Jetzt sollten Maßnahmen vorangetrieben werden.

Schneller für den Klimawandel als die GroKo dagegen: Autos im Stau auf dem Berliner Stadtring Foto: Paul Langrock

W ie schön. In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause hat sich die Regierungskoalition von Union und SPD noch auf ein Energie- und Klimapaket geeinigt. Windräder können einfacher ersetzt werden, es gibt ein paar Erleichterungen für Unternehmen, grüner Wasserstoff wird von der EEG-Umlage befreit. Das ist alles sicher zielführend und hilft ein kleines bisschen. Doch dieses Paket wirkt nur so groß, weil es mit reichlich Füllmaterial und in nettem Seht-her-wir-tun-was-Papier der Koalition verpackt ist.

Denn der Inhalt ist mehr als übersichtlich und reicht allenfalls für einen umfangreichen Brief. Als Blaupause für die große Reform taugt er nicht. So lässt die aktuelle Regierung erneut eine Gelegenheit aus, um konkret und umfassend etwas für den Klimaschutz zu tun und nachhaltig zu punkten. Stattdessen wird alles auf die nächste Bundesregierung geschoben. Das betrifft auch das Klimaschutzgesetz, das noch in dieser Woche verabschiedet werden soll.

Das Ziel wird im Sinne des Verfassungsgerichtsurteils verschärft: Klimaneutralität schon 2045 statt erst 2050 – allein darüber, wie das konkret erreicht werden soll, schweigt sich das Papier weitgehend aus und hinterlässt der nachfolgenden Bundesregierung dieselben Probleme. Allerdings sind bis zur Bildung der kommenden Koalition weitere wichtige Monate ungenutzt vergangen. Dabei ist gerade jetzt Tempo gefragt.

Und es gibt Maßnahmen, die sich bereits umsetzen lassen, die aber nicht so harmlos als schickes Paket zu verkaufen sind: Tempo 130 auf Autobahnen, Verbrennerverbot, höherer CO2-Preis. Corona hat gezeigt, dass die Regierung sehr schnell handeln kann, wenn sie will. Das als Maßstab genommen, scheint Klimaschutz trotz aller Beteuerungen bei den Regierenden von CDU, CSU und SPD doch nicht so wichtig zu sein. Oder fehlt da der Mut?

Fast hat es den Anschein, als hätten die Regierungsparteien Angst, sich beim Klimaschutz klar zu positionieren und womöglich die Wahlchancen zu schmälern. Die Arbeit darf dann die nächste Bundesregierung erledigen. Lässt sich nur hoffen, dass es nicht dieselbe ist.

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2 Kommentare

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  • Straßenverkehr. Leute verschieben ihren eigenen physischen Standort. Eigentlich ein Relikt aus dem alten Jahrtausend, wo es eigentlich Lösungen braucht, dieses abzumildern. Aber Neuland verharrt mal wieder in seinem Lieblingsmodus "Lahmheit extrem" und macht erstmal noch 300 Jahre so weiter wie bisher.

  • "Tempo 130 auf Autobahnen"



    Nur Tempolimit von 130? Da geht noch was. Nachbarländer wie Schweiz, Niederlande und Frankreich machen es vor. Es gibt durchaus schärfere Vorschläge/Initiativen wie die Tempolimitkampagne der Deutschen Umwelthilfe und ihren Bündnispartner*innen, die Tempolimits auf Autobahnen 100 tagsüber 120 nachts, 80 außerorts, 30 innerorts fordert:



    www.duh.de/tempolimit/



    Entsprechend umfangreicher wäre auch die CO2-Einsparung im Verkehrssektor, besser die Lebens-/Luftqualität in Städten und geringer die Zahl der Verkehrstoten.



    "Die Deutsche Umwelthilfe geht - auf Basis von Veröffentlichungen des Umweltbundesamts und der Niederländischen Umweltbehörde sowie Berechnungen der Agora Verkehrswende - davon aus, dass ein Tempolimit Einsparungen in Höhe von bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ermöglicht. Das Umweltbundesamt hat im Februar 2020 neue Untersuchungen veröffentlicht, die bestätigen, dass bereits ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen eine jährliche Reduktion von 6,2 Mio. Tonnen CO2 bedeuten würden. Zu den Einsparungen eines Tempolimits auf Autobahnen kommen die momentan nur grob abschätzbaren CO2-Einsparungen bei Einführung eines Tempolimits von 80 km/h außerorts dazu ... Bei Tempo 80 statt aktuell 100 km/h werden 15 Prozent weniger CO2 emittiert. Die Schweiz hat seit vielen Jahren Tempo 80 festgeschrieben, Frankreich ist im Sommer 2018 gefolgt."