Klimakonferenz in Dubai startet: Gut geölte Verhandlungen
Bei der Klimakonferenz stehen die Vereinigten Arabischen Emirate als Gastgeber in der Kritik: Sie wollen den Gipfel offenbar für fossile Deals nutzen.
Langsam, aber sicher nähert sich die Welt der Wurzel des Problems an: den fossilen Energieträgern. „Wir brauchen einen bindenden Beschluss, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis 2030 weltweit massiv hoch- sowie gleichzeitig Kohle, Öl und Gas massiv herunterzufahren“, sagt Christoph Bals von der Organisation Germanwatch.
Ein Ende der fossilen Gewinnung von Energie folgt zwar logisch aus den Klimazielen der Welt, ist aber auf internationaler Ebene noch nicht explizit vereinbart. Seit zwei Jahren diskutiert die Weltklimakonferenz immerhin ausdrücklich über Varianten der Abkehr von klimaschädlicher Energie.
Im schottischen Glasgow wäre beinahe der Kohleausstieg vereinbart worden. Minuten vor der finalen Abstimmung blockierten China und Indien plötzlich – also zwei Länder, die noch stark auf Kohle setzen. Schließlich war im Beschluss des Gipfels nur noch von einer Verringerung der Kohlenutzung die Rede, nicht mehr von einem Ausstieg.
Al Jaber setzt auf Öl und Gas
Vergangenes Jahr in Ägypten versuchte Indien dann, die Regelung auf fossile Energie im Allgemeinen auszudehnen. Der Vorstoß fand breite Unterstützung. Öl- und Gasländer wehrten sich aber erfolgreich dagegen. Gastgeber Ägypten nahm den Vorstoß nicht einmal in einen offiziellen Entwurf auf. Gelingt eine Einigung in diesem Jahr?
Der Gastgeber des Klimagipfels steht jedenfalls schon in der Kritik, bevor das Treffen überhaupt begonnen hat: die Vereinigten Arabischen Emirate. Zum Präsidenten der Konferenz hat das Land Sultan Ahmed Al Jaber ernannt, Industrieminister und Manager des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. Er sprach schon im Mai zu Besuch in Berlin davon, aus den „fossilen Emissionen“ aussteigen zu wollen, nicht aber aus den fossilen Energien. Das heißt: Er will weiter Öl und Gas nutzen, aber auf die CCS-Technologie setzen, mit der CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert wird.
Das gilt als teuer, riskant und ist kaum verfügbar. Laut einem Bericht der britischen BBC über interne Dokumente wollen die Emirate Gespräche im Rahmen der Klimakonferenz zudem für Öl- und Gas-Deals nutzen. Vom „Volkswagen-2015-Moment für die COP-28-Präsidentschaft“ sprach daraufhin Christiana Figueres, ehemalige UN-Klimachefin, auf der Online-Plattform X.
Der deutsche Autokonzern war vor acht Jahren mit einem systematischen Betrug bei Abgaswerten seiner Diesel-Pkw aufgeflogen. Aktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future stellte al-Jabers Position infrage. „Wenn COP-Präsident Sultan al-Jaber nicht anerkennt, dass eine Klimakonferenz kein Marktplatz für neue Ölfelder sein darf, sollte er zurücktreten“, sagte sie.
Die andere Seite der Energiewende
In Dubai soll es neben dem Ausstieg aus den klimaschädlichen Energieformen auch um die andere Seite der Energiewende gehen: den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz. Denkbar ist, dass die Staaten sich auf globale Ziele zu beidem einigen, etwa auf eine Verdreifachung der erneuerbaren Kapazitäten bis 2030.
Zu guter Letzt geht es bei Klimakonferenzen auch immer um Geld – so auch in Dubai. Zum Beispiel muss geklärt werden, wie es mit der sogenannten Klimafinanzierung ab 2025 weitergeht. Das sind die Hilfsgelder, die Industrieländern dem globalen Süden für Klimaschutz und Klimaanpassung versprochen haben. Für den Zeitraum von 2020 bis 2024 war eine jährliche Summe von 100 Milliarden US-Dollar vereinbart, die allerdings laut dem Industrieländerclub OECD erst 2022 geliefert wurde.
Außerdem muss der im vergangenen Jahr beschlossene Fonds für klimawandelbedingte Schäden und Verluste gefüllt werden. Der soll armen Ländern helfen, wenn sie durch den Klimawandel von einer Naturkatastrophe getroffen werden. Umstritten ist, ob neben den Industrieländern etwa auch die Golfstaaten oder China einzahlen müssen – mittlerweile ebenfalls große Volkswirtschaften mit hohen Emissionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland